Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Acht Drittligisten fordern den Saisonabbruch
BERLIN (SID) - Abbrechen, weiterspielen oder aufstocken? Der Kampf um das Überleben der Fußball-Drittligisten wird zur Glaubensfrage. Während das Coronavirus viele Vereine existenziell bedroht, haben sich die Clubs über die Lösung des Problems zerstritten. Eine Fraktion will mit Geisterspielen Einnahmen erzielen, die anderen befürchten höhere Kosten und fordern den Saisonabbruch. Und dann wäre da noch die Idee der Ligareform.
Der Hallesche FC, der SV Waldhof Mannheim, der 1. FC Magdeburg, Preußen Münster, der Chemnitzer FC, die SG Sonnenhof Großaspach, der FSV Zwickau und Carl Zeiss Jena fordern in der Stellungnahme vom Freitag die vorzeitige Beendigung der wegen der Corona-Krise derzeit ruhenden Spielzeit. Als Lösung der Situation schlägt der Zusammenschluss einen Abbruch bei Wertung des derzeitigen Tabellenstandes für den Aufstieg in die 2. Liga vor. Duisburg und Mannheim belegen aktuell die ersten beiden Ränge, Dritter ist die SpVgg Unterhaching. Zudem empfehlen die acht Clubs, von denen sechs die letzten Plätze in der Tabelle bilden, die Aussetzung des Abstiegs aus der 3. Liga sowie die Aufstockung der Liga für die kommende Saison um „die derzeitigen Tabellenersten der Regionalligen“.
Vor allem die bayerischen Vereine der 3. Liga plädieren dagegen stark für eine Wiederaufnahme des Spielbetriebs ohne Zuschauer, wenn es die Gesamtsituation zulässt. „Es ist klar, dass alle Vereine am liebsten mit Zuschauern spielen würden. Die zweitbeste Lösung wären die sogenannten Geisterspiele“, sagte Michael Henke, Sportchef des FC Ingolstadt. Henke warnt vor einem Abbruch: „Dann wäre die Liga aus meiner Sicht kaputt.“Tatsächlich wären die Einbußen der Vereine bei einer vorzeitigen Beendigung der Saison erheblich. Im Schnitt 1,5 Millionen Euro Verlust gelten pro Verein als realistisch. Rund 600 000 Euro pro Club wären es bei Geisterspielen.
Über einen überraschenden Vorschlag berichtete am Freitag das Fachmagazin „Kicker“. Demnach reichte ein namentlich nicht genannter Regionalligist einen Vorschlag zur Umstrukturierung der Spielklasse beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) ein. Laut dem Vorschlag des Viertligisten würde die dritte Ebene des deutschen Fußballs ab der Saison 2020/21 in eine 3. Liga Nord und eine 3. Liga Süd mit je 20 Teams unterteilt. Durch mehr Mannschaften, Spiele und attraktivere Derbys würden die Clubs – so der Plan – mehr Einnahmen aus TV-Verträgen erzielen.
Die Situation im Handball: Wahrscheinlicher ist aber zumindest in der Handball-Bundesliga (HBL) der Abbruch der Saison. Die Führungsetage der HBL hält sich mit Spekulationen über dieses Szenario zwar zurück. Aber die Entscheidung fällt in einer Abstimmung unter den 36 Clubs der 1. und 2. Liga. Bevor sich die Vereinsbosse sehr wahrscheinlich am Dienstag (11 Uhr) erneut zusammenschalten, deutet sich ein vorzeitiges Ende der aktuell ausgesetzten Spielzeit an. „Ich denke, die Mehrheit ist für einen Abbruch“, sagte Geschäftsführer Viktor Szilagyi von Rekordmeister THW Kiel am Freitag. Eine Dreiviertelmehrheit müsste in der HBL-Umfrage dafür stimmen. „Jeder, der sich intensiv damit beschäftigt, merkt, dass irgendwo auch die Fantasie dafür fehlt, wie die Saison noch fortgesetzt werden soll“, findet Balingens Geschäftsführer Wolfgang Strobel.
Sollte es tatsächlich so kommen, deutet sich eine sogenannte Quotientenregelung als mögliche Wertung der Abschlusstabelle an. In diesem Fall würde bei jedem Club die Anzahl der Punkte durch die Anzahl der absolvierten Spiele geteilt werden und mit 100 multipliziert. Diese Lösung könnte zumindest insofern Sinn ergeben, als dass nicht alle Vereine die gleiche Anzahl an Spielen absolviert haben. Absteiger soll es unabhängig davon nicht geben. Meister könnte im Falle der Anwendung der Quotientenregel der THW Kiel sein. „Die Tabelle ist aussagekräftig, weil schon drei Viertel der Saison gespielt sind“, sagte Szilagyi. „Auf jeden Fall wünschen wir uns eine Wertung und keine Annullierung.“
Auch Strobel würde die von den Clubchefs bereits diskutierte Quotientenregelung nicht ablehnen: „Egal, welche Lösung gewählt wird, es wird immer Gewinner und Verlierer geben. Aber die Quotientenregelung ist von allen unfairen Lösungen wahrscheinlich noch die fairste.“
Bob Hanning kämpft noch gegen den schnellen K.o. Wenn es jedoch für den Abbruch die erforderliche Mehrheit gibt, würde es der umtriebige Chef der Füchse Berlin „voll akzeptieren“. Aber es solle auch über verschiedene Alternativszenarien nachgedacht werden, die auf ihre
Die Situation im Basketball: Einigkeit, ob man weiter um die Saison kämpfen sollte, gibt es auch in der Basketball-Bundesliga (BBL) nicht. Während Brose Bamberg und Medi Bayreuth nicht ohne Fans spielen wollen, betonte Geschäftsführer Marko Pesic vom deutschen Meister Bayern München erneut, dass Geisterspiele „die Überlebenschancen der Vereine erhöhen“würden. In der Ligazentrale in Köln wird wie im Handball das Blockmodell – neben anderen Varianten – durchgespielt.
Jeweils an einem Standort im Norden, Westen und Süden könnten noch Spiele absolviert werden. „Wir können nicht den Spielplan rausholen und so tun, als wäre nichts gewesen“, sagte BBL-Geschäftsführer Stefan Holz. Es wäre eine „sinnvolle Variante“, zentrale Spielorte zu finden, falls das Fenster für eine Beendigung der Spielzeit doch noch aufgeht. Ein Zentrum könnte in Niedersachsen liegen. Er habe zu dem Thema mit Holz „kurz telefoniert“, sagte Geschäftsführer Sebastian Schmidt von den Basketball Löwen Braunschweig den „Braunschweiger Nachrichten“. Das Parkhotel in der Nähe der Halle böte die Möglichkeit, Profis, Trainer und Betreuer in Quarantäne unterzubringen. Bis zu 100 Personen könnten vor Ort sein. Aufwendig, auch finanziell, würden wohl die nötigen Testverfahren werden. Ende April wollen sich die Vertreter der BBL wieder zusammenschalten.