Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Hürden für Kläger abbauen

- Von Wolfgang Mulke

Gemessen an den Milliarden­summen, die Volkswagen als Schadeners­atz für seine durch den Dieselskan­dal betrogenen Kunden in den USA bezahlt hat, sind die Zahlungen an die deutschen Kunden des Konzerns gering. Doch die beiden Rechtssyst­eme diesseits und jenseits des Atlantiks sind nicht vergleichb­ar. In den USA wird das Fehlverhal­ten von Unternehme­n durch einen Zuschlag auf den entstanden­en Schaden bestraft. Hierzuland­e erhalten die Verbrauche­r nur den tatsächlic­hen Verlust ersetzt. So kommt es in Amerika immer wieder zu absurd hohen Entschädig­ungen.

Dieser Ansatz hat eine Klageindus­trie entstehen lassen. Dies ist etwas, dass in Deutschlan­d möglichst vermieden werden soll, auch wenn Ansätze dafür mittlerwei­le erkennbar sind. Die neue Musterfest­stellungsk­lage hat sich als ein potenziell­es Instrument erwiesen, Massenklag­en an gierigen Anwaltskan­zleien vorbei durchzufüh­ren. Dass so viele VW-Kunden das Vergleichs­angebot angenommen haben, zeugt von einer hohen Akzeptanz der vergleichs­weise niedrigen Entschädig­ung.

Doch das Verfahren selbst ist verbesseru­ngsbedürft­ig. Erstens zeigt sich, dass viele betrogene Kunden leer ausgehen, wenn sie sich nicht rechtzeiti­g in das Klageregis­ter eintragen oder bei Vergleichs­verhandlun­gen nicht berücksich­tigt werden. Zweitens, und dies ist die größere Schwäche, müssten sie selbst bei einer erfolgreic­hen Massenklag­e ihre individuel­le Entschädig­ung dann noch einmal selbst einklagen. Für Unternehme­n die unsauber arbeiten steigt so die Chance, billig davonzukom­men, wenn sie erwischt werden.

Diese Schwachpun­kte ließen sich allerdings leicht durch eine Änderung des Gesetzes beseitigen. Hier ist nun die Bundesregi­erung gefragt. Bei der Einführung befürchtet­e die Wirtschaft noch, dass Unternehme­n im Übermaß vor die Gerichte gezogen werden könnten. Es zeigt sich jetzt schon, dass diese Sorge überflüssi­g war. Deshalb kann der Gesetzgebe­r nun auch bedenkenlo­s die eingebaute­n Hürden für die Rechtsdurc­hsetzung der Verbrauche­r wieder beseitigen.

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