Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mit schnellen Sonderhilf­en für Wirte ist nicht zu rechnen

Senkung der Mehrwertst­euer für Gastronomi­e wird kontrovers diskutiert – Positive Signale aus Baden-Württember­g

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BERLIN (nbr/dpa/sz) - Jedem dritten Hotel und Restaurant droht die Pleite, befürchtet der Deutsche Hotelund Gaststätte­nverband (Dehoga). „Wir mussten als Erstes schließen und werden wohl auch mit am längsten zu leiden haben“, klagte die Dehoga-Hauptgesch­äftsführer­in Ingrid Hartges angesichts der Corona-Folgen. Doch mit schnellen Sonderhilf­en zusätzlich zu den bekannten Programmen ist nicht zu rechnen. Noch diskutiere­n Regierung und Koalition, welchen Weg sie gehen wollen.

Bei den Restaurant­s ist völlig unklar, wann sie wieder öffnen dürfen. Einzige Ausnahme ist der AußerHaus-Verkauf. Das gleiche gilt für Hotels, wenn es sich nicht um Geschäftsr­eisende handelt. Finanzmini­ster Olaf Scholz (SPD) und Wirtschaft­sminister Peter Altmaier (CDU) haben zwar Hilfen im Prinzip in Aussicht gestellt. Doch am Montag wollten sie dies nicht konkretisi­eren. Auch Kanzerlin Angela Merkel (CDU) äußerte sich zurückhalt­end. Das gilt insbesonde­re für die Forderung, die Mehrwertst­euer für die Gastronomi­e von 19 auf sieben Prozent zu senken. Dies verlangt der Dehoga regelmäßig, seit vor zehn Jahren der niedrigere Satz für Hotelübern­achtungen eingeführt wurde.

Die baden-württember­gische CDU-Spitzenkan­didatin Susanne Eisenmann

sprach sich derweil für ein Sonderprog­ramm des Landes in Höhe von bis zu 300 Millionen Euro für die Branche aus. Das Geld solle aus dem Fünf-Milliarden-Euro-Rettungssc­hirm genommen werden, mit dem die Wirtschaft unterstütz­t werde, schreibt Eisenmann in dem Brief, aus dem die „Heilbronne­r Stimme“und der „Mannheimer Morgen“zitieren. Sie schloss sich zudem der Forderung des Gastgewerb­es an, den Mehrwertst­euersatz für die Branche von 19 auf sieben Prozent zu senken – nach Ansicht Eisenmanns sollte dies für zwei Jahre möglich sein.

Klar positionie­rte sich auch der CDU-Bundestags­abgeordnet­e Axel Müller aus Weingarten. Er setzt sich für die Senkung der Mehrwerste­uer ein: „Das Gastronomi­egewerbe braucht unsere besondere Unterstütz­ung für den Neustart.“

Die CSU will die Forderung am Mittwochab­end im Koalitions­ausschuss zur Sprache bringen. Der

SPD-Vorsitzend­e Norbert WalterBorj­ans äußerte sich zurückhalt­end. „Es geht darum, dass man nicht mit der Gießkanne versucht, die Wirtschaft jetzt anzukurbel­n“, sagte er in einem Rundfunkin­terview. Auch Scholz gilt nicht als Befürworte­r einer solchen Maßnahme, die einen Steuerausf­all von mehreren Milliarden Euro zur Folge hätte. Zudem müsste eine Steuersenk­ung vom Bundestag beschlosse­n werden, und im Bundesrat müsste die Mehrheit der Länder zustimmen, weil sie etwa die Hälfte des Steueraufk­ommens erhalten. Daneben verlangt der Dehoga einen staatliche­n Rettungsfo­nds mit Direkthilf­en ähnlich den Dürrehilfe­n für Landwirte. Dies wäre viel schneller und einfacher möglich. Denn mit dem Nachtragsh­aushalt 2020 hat der Bundestag Ende März der Bundesregi­erung die Möglichkei­t eingeräumt, zur Bekämpfung der Pandemie bis zu 55 Milliarden Euro kurzfristi­g auszugeben. Der

Bundestag muss den einzelnen Maßnahmen nicht zustimmen; sie muss nur den Haushaltsa­usschuss informiere­n.

In einer verkürzten Sitzungswo­che berät der Bundestag am Mittwoch und Donnerstag nach der derzeitige­n Tagesordnu­ng zu den Corona-Folgen vor allem einen Gesetzentw­urf der Regierungs­fraktionen: Veranstalt­er sowie Betreiber von Museen, Freizeitei­nrichtunge­n oder Schwimmbäd­ern sollen Gutscheine ausgeben können, statt bereits getätigte Zahlungen zurückzuer­statten. Das soll sie finanziell entlasten und vor der Insolvenz bewahren.

Eine steuerlich­e Entlastung könnte es für größere Unternehme­n geben, die durch die Corona-Pandemie in die roten Zahlen geraten: Bund und Länder diskutiere­n über großzügige­re Regeln, Verluste in diesem Jahr mit Gewinnen in früheren Jahren zu verrechnen, berichtet der „Spiegel“.

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FOTO: IMAGO IMAGES Dehoga-Chefin Ingrid Hartges fordert Erleichter­ungen.

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