Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Sammelklage gegen Ischgl
4500 Tirol-Urlauber sind Aufruf schon gefolgt
ULM (mö) - Der österreichische Verbraucherschutzverein (VSV) plant eine Sammelklage gegen Verantwortliche im österreichischen Skiort Ischgl. Der Vorwurf: Seilbahnen und Bars seien aus Profitgier zu lange betrieben worden, sodass sich Ischgl zum Hotspot für Corona entwickeln konnte. Mehr als 4500 Tirol-Urlauber aus 40 Ländern sind dem Aufruf des VSV bereits gefolgt. Zuerst hatte der Deutschlandfunk berichtet. Peter Kolba, Verbraucheranwalt in Wien und VSV-Vorsitzender sagt, Betroffene hätten eventuell Schadenersatzansprüche und könnten sich einem möglichen Strafverfahren als Privatkläger anschließen. Bereits am 24. März hat er bei der Staatsanwaltschaft Innsbruck eine entsprechende Anzeige eingebracht.
In Ischgl wurde am 7. März ein Barkeeper positiv auf das Coronavirus getestet. Den Touristikern wird vorgeworfen, nicht schnell genug auf die Ausbreitung des Virus reagiert zu haben – etwa mit einem sofortigen Stopp des Skibetriebs nach den ersten bestätigten Fällen. Von dort breitete sich das Virus in viele Länder aus.
Ob sich Betroffene aus dem Ostalbkreis, Trossingen (Landkreis Tuttlingen) und Blumberg-Riedböhringen (Schwarzwald-Baar-Kreis) der Klage anschließen, ist unklar:
Dort waren besonders viele CoronaFälle aufgetreten, nachdem Skisportler sich offensichtlich in Ischgl angesteckt hatten. In Blumberg-Riedböhringen war eine Ausgangssperre verhängt worden.
Kolba argumentiert: „Das Offenhalten von Skigebieten, obwohl man von einer Gefahr der massenhaften Ansteckung weiß oder wissen müsste, ist aber sehr wohl ein Grund, Schadenersatzansprüche zu prüfen.“Wer sich nach dem 5. März in den Skigebieten Ischgl, Paznauntal, St. Anton am Arlberg, Sölden oder Zillertal aufgehalten habe und kurz darauf feststellen musste, mit dem Corona-Virus infiziert worden zu sein, könne Schadenersatzansprüche gegen die Tiroler Behörden und auch gegen die Republik Österreich geltend machen. Voraussetzung: dass sich Nachlässigkeit durch Berichte oder im Strafverfahren beweisen lassen.
Unterdessen hat nach den Debatten über die Skiregionen in Tirol als mögliche Corona-Keimzelle für ganz Europa der Tiroler Landeschef Günther Platter Verständnis für Kritik am Krisenmanagement gezeigt. Die Entscheidungen in Tirol seien aber stets „gemeinsam mit Experten auf Landesund Bundesebene nach bestem Wissen und Gewissen und auf Basis der vorliegenden Erkenntnisse“getroffen worden.