Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Nichts als Ärger für die Queen

Königin Elizabeth II. wird 94 – Corona, abtrünnige Enkel und mutmaßlich­er Sexskandal überschatt­en Geburtstag

- Von Silvia Kusidlo

LONDON (dpa) - Farblich auffallend­e Kostüme, ein stets souveränes Auftreten und hin und wieder ein Ritt auf einem Pferd: Königin Elizabeth II. sieht man weder ihr Alter noch ihren Gemütszust­and an. Dabei musste sie sich vor ihrem 94. Geburtstag an diesem Dienstag mit großen Sorgen plagen. Bislang galt in ihrer 68-jährigen Regentscha­ft 1992 als das Annus horribilis (Schreckens­jahr), wie sie es nannte. Damals gingen die Ehen von drei ihrer vier Kinder in die Brüche und ihr geliebtes Schloss Windsor brannte. Was sich aber in jüngster Zeit im Umfeld der Queen abspielte, dürfte das noch toppen.

Wegen der Corona-Pandemie musste sie sich mit Ehemann Prinz Philip (98) auf Schloss Windsor zurückzieh­en. Die Queen verzichtet auf die traditione­llen Salutschüs­se zum Geburtstag. Das sei in diesem Jahr nicht angemessen, ließ sie ausrichten. Auch die Militärpar­ade „Trooping the Colour“wurde abgesagt. Das Spektakel zum Geburtstag der Monarchin findet normalerwe­ise im Juni statt, da im April oft das Wetter schlecht ist. Wie ernst die Queen die Bedrohung ihres Volkes durch das Virus nimmt, zeigte eine ihrer seltenen Reden an die Nation. Sie forderte darin die Briten zum Kampf gegen den Erreger auf: „Es werden wieder bessere Tage kommen … Wir werden mit unseren Familien vereint sein. Wir werden uns wiedersehe­n.“

Großbritan­nien könnte mit Blick auf die Todesrate zu dem am schlimmste­n betroffene­n Land in Europa

werden, fürchten Experten. Zu den bereits Infizierte­n gehörte auch ihr ältester Sohn Prinz Charles (71). Der ewige Thronfolge­r und Biobauer zeigte nur milde Symptome und kurierte sich auf seinem Landsitz aus.

Um Prinz Philip dürfte sich die Monarchin nicht nur wegen der Pandemie sorgen. Schon kurz vor Weihnachte­n musste der 98-Jährige ins Krankenhau­s gebracht werden. Nach vier Nächten im Londoner King Edward VII's Hospital machte er sich pünktlich zu Heiligaben­d direkt auf den Weg zum Landsitz Sandringha­m. Dort feiert die Queen traditione­ll mit ihrer Familie Weihnachte­n. Warum der Senior im Krankenhau­s war, ist nicht bekannt. Britische Medien spekuliert­en, der Prinz habe lange an einem grippalen Infekt gelitten oder sei gestürzt. „Seine Königliche Hoheit möchte allen danken, die ihm gute Genesung gewünscht haben“, teilte der Palast wortkarg mit. Auch die jüngeren Royals bescherten der Queen wahrschein­lich schlaflose Nächte. Denn Enkel Prinz

Harry (35) vollzog mit der Ex-Schauspiel­erin Meghan (38) zum 1. April den „Megxit“. Bereits im Januar hatte das Paar angekündig­t, sich von seinen royalen Aufgaben teils zurückzuzi­ehen und „finanziell unabhängig“werden zu wollen. Später einigten sich die beiden mit dem Königshaus dann aber auf einen klaren Bruch. Sie unterstütz­e den Wunsch von Harry und Meghan, „ein neues Leben als junge Familie zu schaffen“, teilte die Queen mit. Einen Stich dürfte ihr die Loslösung dennoch versetzt haben, zumal sie ihren bald einjährige­n Urenkel Archie seit Monaten nicht gesehen haben soll. Das neue Zuhause der Familie ist Los Angeles, wo Meghan aufwuchs.

Die Queen hat noch ein Sorgenkind in ihrer Familie – vielleicht sogar ihr größtes. Ihr zweitältes­ter Sohn Prinz Andrew (60) soll in den Missbrauch­sskandal um den verstorben­en US-Multimilli­onär Jeffrey Epstein verwickelt sein und Sex mit einer Minderjähr­igen gehabt haben. Mit einem Interview hatte der Prinz die Vorwürfe entkräften wollen. Stattdesse­n redete er sich um Kopf und Kragen. US-Ermittler werfen ihm vor, nicht zu kooperiere­n. Anfangs schien Elizabeth II. noch zu ihrem Sohn zu halten; beide strahlten sich etwa bei der gemeinsame­n Fahrt zur Kirche an. Doch dann tauchte der Prinz quasi ab – bis kurz vor Ostern ein Bild veröffentl­icht wurde, das ihn beim Einpacken von Geschenktü­ten für ein Hospiz zeigt.

Und dann wäre da noch der Streit um den Brexit. Die Queen hält sich eigentlich mit politische­n Äußerungen zurück. Doch angesichts der eskalieren­den Streiterei­en sprach sie dann doch ein Machtwort – auf ihre Weise. Sie rief in einer Rede zu mehr Respekt auf: „Wenn wir in der heutigen Zeit nach neuen Antworten suchen, bevorzuge ich die bewährten Rezepte wie: gut übereinand­er sprechen, verschiede­ne Sichtweise­n respektier­en, zusammenko­mmen, um Gemeinsamk­eiten zu erkunden und niemals das große Ganze aus den Augen verlieren.“Für britische Medien war klar: Das ist eine Anspielung auf das Hauen und Stechen im Parlament.

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FOTO: KIRSTY O'CONNOR/PA WIRE/DPA Zu ihrem 94. Geburtstag wird es auf Wunsch der Queen keine Salutschüs­se geben. Königin Elizabeth II. halte das angesichts der Corona-Pandemie für nicht angemessen.

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