Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
15-Jährige wegen Mordes an kleinem Bruder angeklagt
DETMOLD (dpa) - Die Fakten in der Anklage sind wohl eindeutig. Dennoch ist eine Hauptfrage im Mordprozess um den Tod eines Dreijährigen in Detmold (Nordrhein-Westfalen) noch offen: Warum stach eine 15Jährige im November vorigen Jahres 28 mal mit einem Messer auf ihren schlafenden Halbbruder ein?
„Das will meine Mandantin auch wissen und hat deshalb mit dem psychiatrischen Gutachter kooperiert“, sagte Rechtsanwalt Helmut Wöhler am Montag zum Prozessauftakt am Landgericht – knapp ein halbes Jahr nach der tödlichen Messerattacke auf das Kleinkind. Die 15-Jährige soll in der elterlichen Wohnung getötet haben, wie aus der Anklageverlesung hervorgeht. Wegen ihres Alters findet der Prozess unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Das Mädchen hatte sich nach seiner Festnahme als Täterin bezeichnet, aber auf Erinnerungslücken verwiesen. Unter den etwa 20 Zeugen, die das Gericht hören will, ist ein psychiatrischer Gutachter. Er muss sich zum Entwicklungsstand der Jugendlichen und zur Schuldfähigkeit äußern. Das Jugendstrafrecht sieht eine Höchststrafe von zehn Jahren vor, sollte die 15-Jährige wegen Mordes verurteilt werden. Seine Mandantin sei nach wie vor eher in sich gekehrt. „Sie hat sich gut an den Ablauf im Gefängnis gewöhnt, geht dort jetzt zur Schule und zeigt gute Leistungen“, sagte Wöhler. Der Fall hatte im November bundesweit Entsetzen ausgelöst. Angehörige hatten am Abend die Leiche des Jungen gefunden. Die Eltern waren zum Tatzeitpunkt nicht in der Wohnung. Die Jugendliche wurde am Folgetag im etwa neun Kilometer entfernten Lemgo festgenommen.