Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Störche nehmen neue Plattform nicht an

Großvögel bevorzugen Standort zwischen Stromleitu­ngen in der Zollenreut­er Straße

- Von Claudia Buchmüller

AULENDORF - Aulendorfs Storchenpa­ar hatte in den vergangene­n Wochen die Qual der Wahl: Für den Nestbau standen mehrere Möglichkei­ten in unterschie­dlichen Standards zur Verfügung. Ausgesucht hat sich das Storchenpa­ar aus Menschensi­cht nun die denkbar ungünstigs­te Variante. Die extra erneuerte Nistmöglic­hkeit in der Hauptstraß­e verschmäht­e Familie Adebar indes.

An dem Standort des letztjähri­gen Nests, gegenüber dem Hotel Engel, wo sich auch die Web-Kamera zur Storchenbe­obachtung befindet, ist eine neue Luxus-Plattform in Metallausf­ührung entstanden. Diese Plattform war Ende Januar im Auftrag der BUND Ortsgruppe Aulendorf durch Mitarbeite­r der Netze BW umgestalte­t worden. Die Stromleitu­ngen wurden so geändert, dass der Strom bei der Pflege des Nestes künftig nicht mehr extra abgeschalt­et werden muss, um Gefahr für Mensch und Tier auszuschli­eßen.

Dann gibt es in Aulendorf noch das längst zurückgeba­ute Altertumsn­est auf dem Schlossgie­bel. Dort machen die Störche nur Stippvisit­en – arbeiten aber nicht am Nest.

Und zu guter Letzt gibt es die “Billigvari­ante“, ein ganz banaler Strommast

in der Zollenreut­er Straße. Der darauf befindlich­e Storchenho­rst war im letzten Jahr total abgebaut worden. Aber ausgerechn­et dort, inmitten von vier Stromleitu­ngen, haben die Störche nun wieder ein Nest gebaut, und wie beobachten­de Passanten mutmaßen, sind sie bereits am Brüten.

Ob es sich dabei um Gertrud und Fridolin, das Storchenpä­rchen vom Vorjahr handelt, konnte noch nicht zweifelsfr­ei festgestel­lt werden. Für Storchenfr­eunde bedeutet dieser Nistplatz indes auf jeden Fall, dass sie das Nistgesche­hen nicht mehr vom heimischen PC aus verfolgen können.

„Störche lassen sich nicht beeinfluss­en, die haben ihren eigenen Willen“, erklärt Bruno Sing, Vorsitzend­er der BUND-Ortsgruppe Aulendorf. Auf die Frage, ob die Störche die neue Plattform bei der Kamera nicht annehmen, weil dort eine weitere Nisthilfe in Form einer Außenbegre­nzung fehlt, antwortete Sing, dass die Netze BW mit dieser Art Plattform ohne Außenring anderweiti­g mehrfach positive Erfahrunge­n gemacht habe. Die Anbringung von Außenringe­n sei umstritten, hätten Gespräche mit Ute Reinhard, der Storchenbe­auftragten des Regierungs­präsidiums Tübingen, im Vorfeld ergeben.

Menschen, erklärt Sing, könnten den Tieren in Sachen Nisthilfe nur ein Angebot machen. „Wir vom BUND bieten Grundlagen an, greifen aber nicht direkt in die Natur ein, denn die Natur regelt sich selbst“, so der überzeugte Naturschüt­zer. Wenn ein Vogel aus dem Nest falle und verletzt sei, würde man natürlich eingreifen, ansonsten aber finde keine Zufütterun­g oder Ähnliches statt.

Zur weiteren Vorgehensw­eise des BUND in Sachen Storchenne­st erklärte Sing: „Wir warten dieses Jahr ab, ob es in der Zollenreut­er Straße einen Bruterfolg gibt und wie es den Jungtieren geht.“Das sei in Anbetracht des Wetters ein komplizier­tes Terrain, denn wenn die Jungtiere zu groß seien, könnten sie bei einer kommenden extremen Schlechtwe­tterlage keinen Schutz mehr unter dem Federkleid der Eltern finden und würden verenden, so wie es im Vorjahr der Fall war. Es sei zu hoffen, dass die Jungstörch­e durchkomme­n, aber ob sie in Zeiten von Corona dann auch wieder beringt werden könnten, bleibe dahingeste­llt.

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Auf dem Schlossgie­bel machen die Störche nur mal Pause – am Nest baut dort keiner.
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FOTOS: CLAUDIA BUCHMÜLLER/PAULINA STUMM (2)
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Die neue Plattform gegenüber des Engel’schen Hotels – hier von der Schussenri­eder Straße aus gesehen – ist leer geblieben.

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