Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Sonderprämie für Pflegekräfte soll wackeln
BERLIN (kna) - Die geplante CoronaSonderprämie von 1500 Euro für Altenpflegekräfte droht an einer ungeklärten Finanzierung zu scheitern. Gegen die bisher erwartete Finanzierung durch die beitragsfinanzierte Pflegeversicherung hat sich in den Krankenkassen massiver Widerstand formiert. „Es kann nicht sein, dass allein die Beitragszahler hierfür aufkommen müssen“, sagte die Vorstandsvorsitzende des ErsatzkassenVerbands VDEK, Ulrike Elsner, der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“.
Auch der Vorstandsvorsitzende des AOK-Bundesverbands, Martin Litsch, sieht Politik und Steuerzahler anstelle der Sozialversicherung in der Pflicht. „Die symbolische Anerkennung für systemrelevante Berufsgruppen, die jetzt in der Corona-Krise verstärkt gefordert sind, muss deshalb vom Bund oder von den Ländern kommen, etwa über zweckgebundene Zuschüsse für die Soziale Pflegeversicherung“, sagte Litsch der FAZ.
Vertreter von Pflegeeinrichtungen hatten bisher erwartet, dass die Heimbetreiber die Auszahlung von Prämien an ihre Pflegekräfte sofort mit den Pflegekassen abrechnen könnten. In ersten Äußerungen von Anfang April hatte der zuständige GKV-Spitzenverband, die Dachorganisation der Gesetzlichen Krankenversicherung, diesen Eindruck erweckt und war dafür unter anderem vom Paritätischen Wohlfahrtsverband öffentlich gelobt worden. Die Gesamtkosten einer Prämie von 1500 Euro je Altenpflegekraft werden von den Krankenkassen auf rund eine Milliarde Euro geschätzt.
Umfassendere Meldepflichten: Labore und Ärzte sollen den Gesundheitsämtern künftig nicht mehr nur Verdachtsfälle einer Infektion, bestätigte Fälle und Todesfälle im Zusammenhang mit Covid-19 melden müssen – sondern auch negative Testergebnisse und wieder genesene Fälle. „Durch diese Meldung kann der öffentliche Gesundheitsdienst künftig in die Lage versetzt werden, den Verlauf der Covid-19Pandemie in der Bundesrepublik besser einzuschätzen“, heißt es in dem Entwurf dazu.
Tests I: Labore quer durch die Republik werten seit Wochen schon Hunderttausende Corona-Tests aus – mögliche Kapazität sind laut Robert-Koch-Institut rund 730 000 pro Woche. Das Gesetz soll nun eine Grundlage für deutlich mehr Tests schaffen – unabhängig von einem konkreten Corona-Verdacht. So sollen die gesetzlichen Krankenkassen auch symptomunabhängige Tests bezahlen, die Teil von Strategien zur stufenweisen Rückkehr in ein normales Wirtschaftsleben sein könnten. Im Entwurf wird eine mögliche Zahl von 4,5 Millionen Tests pro Woche zusätzlich genannt. Das Gesundheitsministerium erläuterte, dies sei nicht nötig und nicht realistisch. Deutlich mehr zu testen, sei aber sinnvoll, um einen besseren Überblick über die Epidemie zu bekommen. werden, diese Tests umfangreicher zu übernehmen.
Tierärzte sollen mithelfen: Um die Testmöglichkeiten hochzufahren, wird vorübergehend auch auf die Mithilfe von Tierärzten gesetzt. Deren Labore können einen wichtigen Beitrag zur Ausweitung der Kapazitäten leisten und die stark belasteten humanmedizinischen Labore entlasten, heißt es im Entwurf. Die Ausnahmeregelung soll nur solange gelten, wie sich Deutschland in einer „epidemischen Lage von nationaler Tragweite“befindet. Tierärzte müssen zudem vorher „durch eine Fachärztin oder einen Facharzt für Laboratoriumsmedizin oder für Mikrobiologie und Infektionsepidemiologie“eingewiesen werden.
und damit möglicherweise höhere Beiträge.
Grippeschutz-Vorsorge: Für die kommende Grippesaison 2020/2021 soll eine größere Reserve an Impfstoff für die übliche Influenza eingeplant werden. „Durch eine ausreichende Versorgung der Risikogruppen mit saisonalen Grippeimpfstoffen kann eine Belastung des Gesundheitssystems mit InfluenzaPatienten verringert werden, sodass die vorhandenen Kapazitäten für die Versorgung der Covid-19-Patienten genutzt werden können“, heißt es zur Begründung.
Krankenhausentlastung: Die Kliniken haben wegen der CoronaPandemie massiv in Intensivkapazitäten investiert und halten freie Plätze vor. Gleichzeitig wurden Operationen und andere Behandlungen verschoben, was Einnahmeausfälle verursacht. Dafür sind bereits Ausgleichszahlungen beschlossen. Dazu sollen weitere Maßnahmen kommen – unter anderem mit Lockerungen bei sonst üblichen Vorgaben bei der Abrechnungsprüfung. mit Pflegegrad 1 sollen den monatlichen Entlastungsbetrag von 125 Euro flexibler einsetzen können. Dafür sollen Beschränkungen bis 30. September nicht gelten, „um coronabedingte Versorgungsengpässe zu vermeiden“. Dies könne von professionellen Angeboten bis zur Inanspruchnahme nachbarschaftlicher Hilfe reichen, heißt es im Entwurf. Die Deutsche Stiftung Patientenschutz begrüßte dies als überfällig. Wichtig sei das Geld beispielsweise auch für Unterstützung bei Einkäufen, beim Wäschewaschen oder beim Fensterputzen.
Corona-Patienten aus dem Ausland: Die Kosten für die Behandlung schwerkranker Corona-Patienten aus anderen EU-Ländern in Deutschland werden vom Bund übernommen. Deutschlands Krankenhäuser versorgen laut Spahn auf den Intensivstationen bereits mehr als 200 Patienten aus anderen Ländern. Die Behandlungskosten werden üblicherweise den Ländern in Rechnung gestellt. Das soll nun wegfallen, und der Bund springt ein. Erwartete Kosten: rund 15 Millionen Euro. „Europa steht auch in Krisenzeiten zusammen“, hatte Spahn dazu am Montag gesagt.