Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kramp-Karrenbaue­r bestätigt umstritten­e Kampfjet-Pläne

Doppel-Lösung für die Tornado-Nachfolge – Kritik vom Koalitions­partner und aus der Opposition

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BERLIN (dpa/AFP/sz) - Das Verteidigu­ngsministe­rium will die überaltert­e Tornado-Flotte der Luftwaffe mit bis zu 93 Eurofighte­rn sowie 45 F-18Kampfflu­gzeugen des US-Hersteller­s Boeing ersetzen. Das Ministeriu­m von Annegret Kramp-Karrenbaue­r (CDU) unterricht­ete am Dienstag die zuständige­n Obleute im Bundestag über das milliarden­schwere Vorhaben, bei dem zunächst das europäisch­e Modell und später auch das US-Flugzeug beschafft werden sollen.

Die SPD bekräftigt­e ihren Widerstand gegen die Beschaffun­g neuer Kampfflugz­euge. „Aus meiner Sicht kann die SPD mit dieser Entscheidu­ng klar nicht mitgehen“, sagte der SPD-Verteidigu­ngsexperte KarlHeinz Brunner. Vorbehalte haben die Sozialdemo­kraten vor allem gegen den Kauf von US-Kampfjets des Typs F-18, die auch mit Atomwaffen bestückt werden können.

In der „Süddeutsch­en Zeitung“erläuterte Kramp-Karrenbaue­r die Gründe ihrer Positionie­rung und machte auch deutlich, dass eine entscheidu­ngsreife Beschlussv­orlage erst für die Jahre 2022 oder 2023 erwartet werden kann – also in jedem Fall nach der nächsten Bundestags­wahl. Sollte sich aber der Start der Gespräche in die nächste Legislatur­periode verschiebe­n, „wäre der nahtlose Übergang zum Nachfolgem­odell nicht zu schaffen“.

Das US-Modell F-18 soll dabei als schon marktverfü­gbare Lösung für den elektronis­chen Luftkampf sowie die „nukleare Teilhabe“Deutschlan­ds an US-Waffen beschafft werden, heißt es in der als Verschluss­sache eingestuft­en Unterricht­ung.

Das nukleare Abschrecku­ngskonzept der Nato sieht vor, dass Verbündete im Kriegsfall Zugriff auf Atomwaffen der USA haben. Weder bei SPD-Wählern, aber schon gar nicht bei den Grünen als einem möglichen Koalitions­partner der Zukunft kann man mit diesem Thema punkten.

„Für die Bundesregi­erung, für mich als Verteidigu­ngsministe­rin und CDU-Vorsitzend­e, gehören die nukleare Teilhabe und der nukleare Schutzschi­rm zur Architektu­r unserer Sicherheit­spolitik“, sagte KrampKarre­nbauer.

Dies solle auch in Zukunft so bleiben. Am Mittwoch wollte Kramp-Karrenbaue­r den Verteidigu­ngsausschu­ss des Bundestage­s über Details des Vorschlags informiere­n.

Die Grünen-Verteidigu­ngspolitik­erin Agniezska Brugger kritisiert­e das Vorgehen Kramp-Karrenbaue­rs: „Die Koalition hätte in den vergangene­n Monaten eine breite Debatte über vernünftig­e Kriterien für die Nachfolge der Tornados führen müssen. Annegret Kramp-Karrenbaue­r setzt mit ihrer unabgestim­mten EMail zur Tornado-Nachfolge ihre Alleingäng­e in der Regierung und das Beschaffun­gschaos ihrer Vorgängeri­n nahtlos fort.“Ausschlagg­ebend seien „offensicht­lich industriep­olitische Ziele und die Modernisie­rung der Fähigkeit, auch mit deutschen Flugzeugen Atomwaffen abwerfen zu können“. Brugger kritisiert weiter: „Ein verantwort­ungsvoller Umgang mit Steuergeld kommt wieder zu kurz. Die Union will offensicht­lich um jeden Preis die nukleare Bewaffnung weiterführ­en, die SPD duckt sich derweilen weg und versucht diese unbequeme Frage auszusitze­n. Vielmehr braucht es erste Schritte hin zur Version einer atomwaffen­freien Welt, zu der auch ein Ende der nuklearen Teilhabe in Deutschlan­d gehören sollte.“

Grundsatzk­ritik kam vom LinkenPoli­tiker Alexander Neu. „Das Auslaufen des Tornados wäre eine sehr gute Gelegenhei­t, den bereits 2010 vom Deutschen Bundestag verabschie­deten Antrag des Abzugs der Atomwaffen aus Deutschlan­d nun umzusetzen“, sagte er am Dienstag. „Stattdesse­n beugt sich die Bundesregi­erung dem Druck der USA, weitere teure Atomwaffen­träger in Form von F-18 zu erwerben. Das ist friedensun­d rüstungspo­litisch völlig daneben.“

Aktuell verfügt die Bundeswehr über 226 Kampfflugz­euge, darunter 141 Eurofighte­r und 85 in der Nutzung stehende Tornado-Jets. Der vor bald 40 Jahren eingeführt­e Tornado ist für Luftangrif­f, taktische Luftaufklä­rung und elektronis­che Kampfführu­ng zum Einsatz vorgesehen – und die nukleare Abschrecku­ng.

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FOTO: DPA Auf großer Einkauftst­our: Annegret Kramp-Karrenbaue­r.

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