Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Schritt hin zur Normalität: Läden öffnen wieder
Von Erfolgen und Problemen für den Aulendorfer Einzelhandel nach der Corona-Zwangspause
AULENDORF - Seit Montag dürfen auch in Aulendorf die Einzelhandelsgeschäfte bis 800 Quadratmeter Ladenfläche wieder geöffnet haben. Dabei gelten die Vorgaben der CoronaRichtlinie für Öffnung im Einzelhandel in Baden-Württemberg. Neben der Berechnung der Verkaufsfläche umfasst diese Richtlinie vor allem Regeln zu Abstand, Hygiene und Desinfektion. Die SZ hat am Telefon mit Geschäftsleuten über ihre Eindrücke am ersten Tag nach der Zwangspause gesprochen.
„Wir konnten den Andrang kaum bewältigen“, sagt Arthur Fischer, Inhaber von Sport Respect, zum Verlauf des ersten Verkaufstages. Der obligatorische Spuckschutz an der Theke sei angebracht worden, zudem habe er bereits vor Wochen Masken und Desinfektionsmittel eingekauft. Die Aulendorfer seien sehr diszipliniert in Sachen Abstand, während er in seinem Zweitgeschäft Türsteher brauche, um die Regelung einzuhalten. Im Ladeninneren sorge ein „Kreisverkehr“dafür, dass kein Gedränge entsteht, da die Türe gleichzeitig als Einund Ausgang dient. Weiterhin bietet der Radexperte zusätzlich zu den regulären Öffnungszeiten auch Einzelberatungstermine nach telefonischer Voranmeldung an.
Gegenüber im Schuhhaus WeberHenkel ist die bestellte Spuckschutzwand für den Kassenbereich nicht rechtzeitig geliefert worden. „Da mussten wir übers Wochenende improvisieren und mit Folien selbst etwas basteln“, sagt Besitzerin Silvia Kellinger und lacht. Es sei aber gelungen, die Richtlinien so gut wie möglich zu erfüllen. So werde etwa mit doppeltem Mundschutz gearbeitet, der aus einem Plastikhelm mit darunter liegendem Community-Mundschutz aus Stoff besteht. „Schönes Arbeiten geht anders, es ist schon seltsam so, und gestern Abend musste ich als erstes raus in den Park zum Durchatmen“, berichtet sie.
Mit Kleinkindern würde Kellinger zuerst „Guggus“spielen, um diese an den Anblick zu gewöhnen, sagt die dreifache Mutter. Nun sei permanentes Durchhalten angesagt, um die Ansteckungsgefahr für alle Beteiligten zu minimieren. Hierzu trage auch der „Open-Air-ShoppingPlatz“unter dem Carport bei, der gerne genutzt werde. Während der zurückliegenden Wochen habe sie unheimlich viel Wertschätzung und Unterstützung seitens der Kundschaft als auch der Stadtverwaltung erfahren, da habe man gemerkt, dass den Aulendorfern viel am Einzelhandel
vor Ort liegt, freut sie sich rückblickend.
„Ich bin so froh, dass ihr wieder aufhabt“, hätten viele Kunden am gut besuchten ersten Öffnungstag geäußert, erzählt Rosi Müller, Filialleiterin von Eisel Moden. Durch die Kurzfristigkeit der Regierungsentscheidung wäre es nicht möglich gewesen, die geforderten Maßnahmen eins zu eins durchzusetzen. „Aber wir sind dran, es ist alles bestellt, und wir warten täglich auf Ständer für Desinfektionsmittel, Masken für unsere Kunden oder die Trennwand an der Kasse“, so Müller. So lange werde improvisiert. Ihr sei es mehr als recht, dass in Baden-Württemberg bald beim Einkaufen die Maskenpflicht gelte, verrät sie abschließend.
Ursel Popp von der Gärtnerei Blumen Popp will dagegen erst am kommenden Montag öffnen. „Die wenigen Tage nach Bekanntwerden der Lockerung haben einfach nicht ausgereicht, um alles zu organisieren“, erklärt sie dazu. Zusätzlich zu den Maßnahmen zur Erfüllung der gesetzlichen Richtlinien müsse sie neben Schnittblumen auch ein Sortiment an Topfpflanzen für Beet, Friedhof und Balkon beschaffen. Vor der kurzfristigen Zwangsschließung seien ihre Gewächshäuser voll gewesen. „Da musste ich dann vieles günstig hergeben oder verschenken, und manches ist sogar verdorben“, erklärt sie mit Bedauern. Diese Erfahrung beeinträchtige die momentane Warenbestellung. „Wer sagt mir denn, dass nach 14 Tagen nicht wieder alles geschlossen wird?“Dankbar erinnere sie sich an die Woche vor Ostern, als viele Aulendorfer den telefonischen Bestellservice nutzten, den sie auch momentan anbietet. „Das war spürbarer Zusammenhalt und hat mich total berührt.“
HGV-Vorsitzender Edgar Raisch weiß, dass jeder sich freut, der wieder für die Kunden da sein darf. Er selbst sei froh, dass die jeweiligen Berufsvertretungen ihre Mitgliedsbetriebe mit Informationen versorgen, „denn ohne weitere Beratung, also allein durch die Vorgaben der Politik, wäre es sehr schwer, die geforderten Vorgaben umzusetzen“.