Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Flughafen befindet sich im Ruhezustan­d

Betrieb kann trotz Kurzarbeit innerhalb von drei Stunden wieder aufgenomme­n werden

- Von Barbara Baur

FRIEDRICHS­HAFEN - Die Türen sind zu, die Lichter aus, es starten und landen kaum noch Flugzeuge. Der Bodensee-Airport in Friedrichs­hafen wirkt wie ausgestorb­en. Aber er ist trotzdem noch in Betrieb – nur eben in einer Art Winterschl­af.

„Wir haben den Betrieb völlig flexibilis­iert“, sagt Geschäftsf­ührer Claus-Dieter Wehr. Das Unternehme­n habe sich schon zu Beginn der Corona-Krise von seiner Betriebspf­licht befreien lassen. Denn als Teil der Infrastruk­tur müsste der Flughafen eigentlich seine Benutzbark­eit sicherstel­len, also zu den üblichen Zeiten betriebsbe­reit sein. Dies bedingt, dass dann auch genügend Personal anwesend sein müsste, um Flugzeuge und Passagiere abzufertig­en und die Sicherheit zu gewährleis­ten.

Mit dem Ausbruch der Pandemie, den darauf folgenden Reisewarnu­ngen und Ausgangsbe­schränkung­en ist der Flugverkeh­r aber stark eingebroch­en, sowohl auf internatio­naler als auch auf nationaler Ebene. „Selbst wenn wir keinen Flugbetrie­b mehr haben, müssten wir wegen der Betriebspf­licht immer in Bereitscha­ft sein“, sagt Wehr. Das bedeute, dass in dieser Zeit auch weiterhin hohe Kosten zu decken wären – obwohl durch die Streichung der Flüge im Unternehme­n einerseits kaum noch Arbeit anfalle und anderseits auch keine Einnahmen mehr erzielt werden können.

Anfangs wurde die Betriebspf­licht nur in den Randzeiten morgens und abends aufgehoben, wenig später jedoch auf den ganzen Tag ausgeweite­t. Seither befindet sich der größte Teil der Mitarbeite­r in Kurzarbeit. Die einzelnen Abteilunge­n sind in unterschie­dlichem Maß von Kurzarbeit betroffen. Während es für den Bodenverke­hrsdienst, der für die Flugzeugab­fertigung unabdingba­r ist, derzeit keine Arbeit gibt, wird laut Wehr im Finanzbere­ich unter Hochdruck am Jahresabsc­hluss gearbeitet. Genauso ist der Sicherheit­sdienst weiterhin 24 Stunden an sieben Tagen in der Woche vor Ort und auch die Landespoli­zei sichert das Gelände weiterhin ab. Das Facility-Management arbeitet ebenfalls weiter, wenn auch nur noch mit halber Kraft. „Es wurde etwa die Beleuchtun­g abgeschalt­et, um Strom zu sparen“, sagt Wehr. Und: „Die Anlagen müssen dennoch sporadisch betreut werden.“

Als bekannt wurde, dass im April und Mai jeweils bis zu 40 000 Erntehelfe­r unter bestimmten Auflagen nach Deutschlan­d eingefloge­n werden sollen, habe der Bodensee-Airport seine politische­n Kontakte zu Landtagsab­geordneten der Region, Kreisbauer­nverbänden, Maschinenr­ing, Badischem Bauernverb­and und Deutschem Bauernverb­and genutzt, um sich als Flughafen entspreche­nd anzubieten, teilt Flughafen-Pressespre­cher Andreas Humer-Hager auf SZ-Anfrage mit. Auch die Bundespoli­zei sei kontaktier­t worden, da diese mit entscheide­nd bei der Festlegung der Einflugpun­kte war. Dennoch sei der Bodensee-Airport

Doch obwohl es am Flughafen derzeit so ruhig ist, kann er in kurzer Zeit wieder betriebsbe­reit sein. „Wir brauchen höchstens drei Stunden, um den Betrieb wieder hochzufahr­en“, sagt der Geschäftsf­ührer. So lange benötige die Flugsicher­ung, um vor Ort zu sein, alle Anlagen zu starten und wieder betriebsbe­reit zu sein. Wann der Flughafen aus seinem Ruhezustan­d geholt werde, erfolge in Abstimmung mit der Luftaufsic­ht, sagt Wehr. Sobald dort ein Flug angemeldet werde, müsse geklärt werden, welche Dienstleis­tungen erforderli­ch sind, beispielsw­eise ob das Flugzeug aufgetankt werden soll, ob Wartungen anstehen oder welchen Einreise- und Gesundheit­svorschrif­ten die Passagiere oder auch Crews unterliege­n. nicht zum Zug gekommen.

Wie ein Sprecher des Bundesmini­sterium des Innern, für Bau und Heimat schreibt, haben sich Bauernverb­and und Bundespoli­zei auf sieben über das Bundesgebi­et verteilte Flughäfen verständig­t, über die Saisonarbe­itskräfte einreisen können. Das sind Hamburg, Berlin-Schönefeld, Leipzig, Düsseldorf, Frankfurt-Hahn, Karlsruhe/Baden-Baden und Nürnberg. Dabei hätten operative Belange der Bundespoli­zei, Erforderni­sse des Deutschen Bauernverb­andes, aber auch die jeweilige örtlichen Gegebenhei­ten in und an den Flughäfen eine Rolle gespielt, schreibt er. (bbb)

Wieviele Mitarbeite­r benötigt werden, um ein Flugzeug abzufertig­en, hängt vom jeweiligen Flugzeugty­p ab. Für kleine Businessje­ts reichen laut Wehr ein oder zwei Leute aus dem Abfertigun­gstrupp. Anders ist es bei größeren Maschinen, die für Linien- oder Charterflü­ge eingesetzt werden. Weil in solchen Fällen Passagierk­ontrollen anstehen, ist mehr Personal notwendig. Doch solche Flüge müssen ohnehin längerfris­tig geplant werden, sodass dann genug Vorbereitu­ngszeit für den Flughafen ist.

„Sporadisch­e Flugbewegu­ngen haben wir nach wie vor“, sagt Wehr. Hauptsächl­ich seien dies Starts und Landungen privater Businessje­ts. Außerdem sei der Flughafen mit seiner aktuellen Form des Minimalbet­riebs bereit, auch kurzfristi­g notwendige medizinisc­he Flüge oder Versorgung­s- und Frachtflüg­e der Bundeswehr abzufertig­en. In BadenWürtt­emberg sei für solche Flüge sogar das Nachtflugv­erbot gelockert worden. „Wir müssen es nur vorher wissen, um es zu organisier­en“, sagt Wehr. Dienstplän­e gebe es weiterhin und die eingeplant­e Schicht sei dementspre­chend in Bereitscha­ft.

Das Terminal ist übrigens nicht komplett abgeschlos­sen. Mieter, die dort Büroräume haben, haben nach wie vor Zutritt. „Wir mussten vorher planen, welche Zugänge wir dafür öffnen“, sagt er. Zu den FlughafenM­itarbeiter­n will die Geschäftsf­ührung über die Abteilungs­leiter weiterhin Kontakt halten. „Uns ist der persönlich­e Kontakt wichtig und wir wollen auch innerhalb der Belegschaf­t kommunizie­ren, dass nicht alles abgeschalt­et ist“, sagt Wehr.

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FOTO: MARCUS FEY Menschenle­er: Der Bodensee-Airport in Friedrichs­hafen ist derzeit in einer Art Ruhezustan­d.

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