Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Wenn das Bier im Fass bleiben muss
Veranstaltungsverbot bringt kleine Brauereien und Getränkemärkte in Tettnang an die Existenzgrenze
TETTNANG - Viele kleine Brauereien in der Region stehen derzeit vor einem großen Fragezeichen, wie es weitergehen soll. Die Corona-Krise hat die Zapfhähne im Land erst einmal zugedreht. Durch das Veranstaltungsverbot der Bundesregierung, das Großveranstaltungen bis Ende August untersagt, fallen wohl sämtliche Volks- und Vereinsfeste flach. Doch gerade dort fließt das Bier normalerweise reichlich. Brauereien und Getränkehändlern fehlt eine wichtige Umsatzquelle.
Bei der Tettnanger Kronenbrauerei macht der sogenannte FassbierAnteil, also das, was an die Gastronomie und auf Festen verkauft wird, etwa 40 bis 50 Prozent des Umsatzes aus, sagt Kronen-Chef Fritz Tauscher.
All das falle nun weg. Restaurants sind momentan geschlossen. Wann die Gastronomie wieder öffnen darf, weiß derzeit niemand. „Ab etwa Ende Februar und im März geben wir normalerweise Vollgas im Sudhaus“, erklärt Tauscher.
Denn für die Belieferung der Frühlingsfeste und der Gasthäuser für die Biergartensaison, die normalerweise um diese Zeit starten, braucht es eine gewisse Vorlaufzeit. Das Bier, das Tauscher in der Krone nach traditioneller Herstellungsweise braut, ist erst etwa sechs bis acht Wochen später fertiggestellt. Die derzeitige ungewisse Situation mache eine Vorausplanung für ihn deshalb umso schwieriger.
Es wäre gut, wenn er jetzt schon wüsste, ob die Gasthäuser im Juni wieder geöffnet sein werden oder nicht. „Man muss ein bisschen jonglieren aktuell“, sagt Tauscher. Sein Hauptgeschäft seien derzeit die Getränkemärkte und der regionale Einzelhandel. Außerdem bietet die Krone
einen Lieferdienst an und betreibt seit Mittwoch einen Online-Shop. In der Kernstadt wird täglich ausgeliefert, in den umliegenden Ortschaften einmal pro Woche.
Dass sämtliche Vereinsfeste ausfallen, dass große Hochzeitsfeiern abgesagt wurden und größere private Gartenpartys derzeit nicht stattfinden, spürt auch Simone Heine beim Blick auf die Umsatzzahlen ihres Getränkestadels in Vorderreute. Rund 50 bis 70 Prozent ihres Umsatzes fällt weg. „Um diese Jahreszeit sind unsere Kühlwagen normalerweise jedes Wochenende zweimal draußen“, sagt sie. Doch nicht nur der Getränkeverkauf für Veranstaltungen, auch die Vermietung von Inventar fehle momentan.
Simone Heine, Getränkestadel in Vorderreute
„Wir wollten eigentlich dieses Jahr noch in neues Inventar investieren, aber das haben wir jetzt alles abbestellt“, meint Simone Heine. Positiv sei, dass die Leute privat nach wie vor ganz normal Getränke einkaufen, sowohl vor Ort, wie auch über den Lieferservice.
Guido Eberle, Filialleiter des Weinkauff-Getränkemarkts in Tettnang, berichtet, dass es noch vor ein paar Wochen regelrechte Hamsterkäufe von Wasser gegeben habe. Das habe sich inzwischen etwas beruhigt. „Beim Bier gab es einen leichten Anstieg nach Ostern“, so seine Beobachtung.
Der Abholmarkt ist sein Hauptgeschäft. Dennoch macht das Veranstaltungsverbot auch ihm zu schaffen. In diesem Jahr hätten viele 50. Geburtstagsfeiern des Jahrgangs 1970 stattgefunden, die nun abgesagt wurden und auch das Inventar, das er sonst vermietet, steht aktuell im Lager. „Sonst hatten wir immer einen vollen Terminkalender, und inzwischen ist er leer“, meint Eberle.
„Um diese Jahreszeit sind unsere Kühlwagen normalerweise jedes Wochenende zweimal draußen.“