Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Gastwirt Florian Angele: „Manche haben sich das Bier in Gießkannen füllen lassen“
AULENDORF - Schwer von der Corona-Krise betroffen ist derzeit die Gastronomie und damit auch der Aulendorfer Bierbrauer und Gastwirt Florian Angele. Da derzeit weder im Wirtshaus Schalander noch in anderen Gastronomiebetrieben Fassbier ausgeschenkt werden kann und folglich aktuell auch keines verkauft wird, hat Angele am Freitag eine Aktion gestartet: Er hat sein Fassbier (das helle Vollbier „Reibolf“sowie Weizenbier) an Selbstabholer verschenkt. Karin Kiesel hat sich mit ihm über die Aktion und die aktuelle Lage unterhalten.
Herr Angele, um wie viel Liter Bier handelt es sich und welche Gedanken stecken hinter der Aktion?
Es sind insgesamt 500 Liter Fassbier. Derzeit ist leider nicht abzusehen, wann Gastronomiebetriebe wieder öffnen dürfen. Deshalb ist klar, dass ich mein Fassbier weiterhin nicht ausschenken und auch nicht verkaufen kann. Mitte
Mai nähert sich das Bier aber dem Ablaufdatum, es wäre schade gewesen, es wegzuschütten. Also habe ich mir überlegt, es an Selbstabholer zu verschenken, über eine kleine Spende freue ich mich natürlich.
Am Freitagvormittag konnten die ersten Selbstabholer kommen, wie viel Bier haben Sie verschenkt?
Alleine am Vormittag waren es bereits 250 Liter. Im Schnitt haben die Leute, es waren rund 80 Leute da, etwa drei Liter mitgenommen.
Zum Abfüllen wurden die lustigsten Dinge gebracht, neben Kanistern und Plastikflaschen haben sich auch welche das Bier in Gießkannen und Milchkännchen füllen lassen. Weil so viel Andrang war, haben wir anstatt bis 12 sogar bis 13 Uhr ausgeschenkt, natürlich unter Einhaltung der Abstandsregelungen. Für den zweiten Ausschank am Nachmittag haben wir extra Abstandsmarkierungen auf den Boden aufgeklebt.
Noch ein Wort zur aktuellen Lage für das Wirtshaus Schalander und die Schlossbrauerei – wie stellt sich die Situation für Sie aktuell dar?
Es ist wie bei allen anderen eine totale Katastrophe, denn es geht derzeit einfach gar nix. Der Hauptabsatz der Schlossbrauerei ist Fassbier und davon verkaufen wir aktuell einfach so gut wie nichts, außer an vereinzelte Privatkunden, aber wer hat schon einen Zapfhahn zu Hause. Im Wirtshaus Schalander haben wir null Einnahmen und dort wird zudem ja auch unser Fassbier verkauft. Ich plane derzeit nur von Woche zu Woche, wie lange es noch geht, weiß ich nicht. Wir leben aktuell nur vom Flaschenverkauf, der ist aber auch nicht so wie sonst. Die Situation ändert sich stetig, es ist sehr schwierig.
Was sagen Sie zur Ankündigung der Landesregierung, dass für Gastronomiebetriebe ab 1. Juli ein ermäßigter Mehrwertsteuersatz von sieben Prozent gelten soll?
Das ist grundsätzlich toll und nett, das fordern wir in der Gastronomie ja eh schon lange. Zumal es nicht nachvollziehbar ist, warum es sowieso so viele unterschiedliche Hebesätze gibt. Jedes Essen und jedes Trinken hat bald einen gesonderten Mehrwertsteuersatz, das ist Unsinn. Was mir große Sorge bereitet: Wenn der ermäßigte Mehrwertsteuersatz erst ab Juli und nicht schon ab Juni gilt, heißt das dann, das wir auch im Juli erst wieder öffnen dürfen? Hier fehlen klare Ansagen.