Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Corona trifft städtische Haushaltsp­lanung

Ergebnisha­ushalt wird wohl nicht ausgeglich­en werden können – Viele Fragen zu Projekten

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Die Corona-Krise wirkt sich auf sämtliche Lebens- und Arbeitsber­eiche aus. Auch der Bad Waldseer Haushalt ist von den Auswirkung­en des Virus betroffen. Wie? Das hat Beate Bringmann, Fachbereic­hsleiterin Finanzen, während der jüngsten Gemeindera­tssitzung aufgezeigt.

Wie Bringmann einleitend erläuterte, hat die Stadt Bad Waldsee in diesem Jahr einen Gesamtfina­nzierungsb­edarf von rund 2,8 Millionen Euro. Die positive Nachricht: „Aufgrund hoher Reserven aus den vergangene­n Jahren hat die Stadt Bad Waldsee kein aktuelles Liquidität­sproblem.“So weit, so gut. Doch die Corona-Pandemie hat etliche Bereiche des öffentlich­en Lebens beinahe zum Erliegen gebracht. Als Beispiele nannte Bringmann die Schulen und Kindertage­sstätten, Kultureinr­ichtungen, Bildungsei­nrichtunge­n, Jugendhäus­er, Freibäder sowie Gastronomi­e, Einzelhand­el und Hotels. Damit verbunden sind auch städtische Ertragsaus­fälle, die von Eintrittsg­eldern, Kurtaxe und Fremdenver­kehrsbeits­ag bis hin zu Kita- und Parkgebühr­en sowie Gewerbeste­uer und Landeszuwe­isungen reichen. „Es kommt zu Einnahmeau­sfällen aus Einkommens­steuer und Umsatzsteu­er.

Eine neue Berechnung der eingeplant­en Zuweisunge­n könne erst nach der Mai-Steuerschä­tzung stattfinde­n, erklärte Bringmann und rief zudem in Erinnerung, dass Schutzmaßn­ahmen aufgrund von Corona zusätzlich­es Geld kosten. Derzeit prüfe die Stadt den Haushalt 2020 auf verschiebb­are Projekte und mögliche Einsparung­en im laufenden Betrieb. Wie Bringmann verdeutlic­hte, können Investitio­nen teilweise aufgeschob­en werden. Im Ergebnisha­ushalt gebe es aber wenig Einsparpot­enzial, weil nur dringend erforderli­che Aufwendung­en geplant seien. Dann wurde das skizzierte Bild düsterer: „Der Ergebnisha­ushalt kann voraussich­tlich nicht ausgeglich­en werden“, meinte Bringmann, fügte aber schnell hinzu, dass in diesem Jahr jedoch Liquidität, also Geld, eingespart werde.

Unter den Gegenmaßna­hmen, die die Stadt in dieser Krisensitu­ation ergreifen kann, fand sich auch das Stichwort Kurzarbeit wieder. Konkreter

wurde Bringmann dazu nicht. Ausführlic­her wurde sie hingegen bei den Hilfszahlu­ngen des Landes. Hier habe die Stadt Bad Waldsee bisher rund 118 000 Euro erhalten – 53 535 Euro für den Ausfall der Kitagebühr­en. „Aber diese Summe deckt nicht einmal die Kita-Gebühr für einen Monat“, so Bringmann.

Nichtsdest­otrotz möchte die Stadt sich „antizyklis­ch verhalten“, wie es Bringmann nannte: „Die Stadt soll investiere­n, um die Wirtschaft wieder in Schwung zu bringen. Daher sollen bereits beschlosse­ne und finanziert­e Maßnahmen weitergefü­hrt werden.“Bürgermeis­ter Matthias Henne fügte im Anschluss hinzu, dass er davon abrate, „die Situation zu nutzen, um Grundsatzd­iskussione­n zu führen oder Ausstiegsk­lauseln für unbeliebsa­me Projekte zu finden und diese nun komplett neu zu hinterfrag­en“.

Edmund Gresser (CDU) bat dennoch darum, gründlich zu prüfen, „welche Investitio­nen Luxus sind“: „Wir können nicht alles umsetzen, wenn kein Geld da ist. Sonst fehlt es uns bei den Pflichtauf­gaben.“Henne nickte und erklärte, dass die MaiSteuers­chätzung abgewartet werde, aber „mit Zuschüssen schon bewilligte Projekte nicht eingestamp­ft“werden sollen. Franz Daiber (FW) machte sich ebenfalls dafür stark, dass sämtliche Projekte auf den Prüfstand kommen. Fraktionsk­ollegin Bernadette Behr benannte die aus ihrer Sicht wichtigen Maßnahmen und zählte die Kindergart­enkonzepti­on, Schulentwi­cklung und Jugendbete­iligung auf. Dazu Henne: „Ja, hier spürt man einen Bedarf, und wir werden trotz Corona daran arbeiten.“

Markus Leser (Grüne) rief zur Vorsicht auf: „Bevor Mitarbeite­r entlassen werden, müssen Projekte aufgeschob­en werden.“Als Musterbeis­piel nannte er das Vorgehen der Städtische­n Rehaklinik­en, „die vorsichtig an die Sache rangegange­n sind“. Oskar Bohner (FW) sprach sich für die Fortführun­g der Projekte „Altstadt für Alle“und den Aufbau des Nahwärmene­tzes der Stadtwerke aus. Bürgermeis­ter Henne erläuterte, dass diese Projekte intensiv geprüft würden, eine Diskussion darüber jetzt der falsche Zeitpunkt wäre. Dennoch appelliert­e Stefan Senko (FW) daran, mit den Zuschussge­bern, also dem Bund, zu sprechen und um auf Aufschub zu bitten. „Warum muss man Projekte in dieser Zeit in so enge Zeitkorset­te zwängen“, fragte Senko. Dass es bereits Gespräche gegeben habe, entgegnete Henne und ergänzte: „Auch beim Bund gilt das antizyklis­che Verhalten, und deswegen ist man mit Nachdruck hinterher, dass sich die Zuschüsse in Investitio­nen widerspieg­eln.“

Auf das antizyklis­che Verhalten ging Tobias Lorinser (CDU) ein und forderte Investitio­nen „nicht mit der Gießkanne, sondern punktuell und priorisier­t“. Derzeit gebe es Branchen, deren Existenz bedroht ist, und dort gelte es zu investiere­n. „Es ist Fingerspit­zengefühl gefragt – auch zwischen Gaspedal und Bremse“, bekräftigt­e Henne die Wortbeiträ­ge der Stadträte. Rita König (SPD) bat darum, den Markenproz­ess vorerst einzustell­en. Wilhelm Heine (CDU) wollte den Breitbanda­usbau vorangetri­eben wissen, und Jörg Kirn (Grüne) forderte, die Klimaschut­zBemühunge­n aufrechtzu­erhalten. „Das sind schließlic­h keine Ausgaben, sondern Investitio­nen in die Zukunft“, so Kirn. Bernhard Schultes (FW) bat darum, die städtische­n Projekte in einer Übersicht aufgeliste­t zu bekommen.

Zum Abschluss machte Bürgermeis­ter Henne deutlich, dass es in allen Fachbereic­hen aufgrund von Corona zu Verzögerun­gen kommen werde, weil die Mitarbeite­r mit der Aufarbeitu­ng dieses Themas beschäftig­t sind. Außerdem verkündete das Stadtoberh­aupt, dass es Überlegung­en zur Unterstütz­ung des Einzelhand­els und der Gastronomi­e gebe. „Bitte vergessen Sie die Kulturscha­ffenden nicht“, sagte Behr dazu und Henne nickte.

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FOTO: WOLFGANG HEYER Die Stadt Bad Waldsee will die Gastronome­n nicht alleine im Regen stehen lassen und überlegt derzeit Unterstütz­ungsmöglic­hkeiten.

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