Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kontaktfreier Einkauf am Lebensmittelautomaten ist beliebt
Darum nutzen viele Verbraucher in der Krise verstärkt Erzeugnisse aus der Direktvermarktung
BAD WALDSEE - Um Menschenansammlungen in Supermärkten aus dem Wege zu gehen, versorgen sich immer mehr Verbraucher in der Corona-Krise an Lebensmittelautomaten. Auch in Bad Waldsee gibt es an mehreren Standorten solche Möglichkeiten zum kontaktfreien Einkauf von Eiern, Milch, Fleisch, Wurst, Nudeln und anderen Nahrungsmitteln – und zwar rund um die Uhr.
Als die Landwirtsfamilie DornBohner in Hittisweiler 2014 ihre „Milchtankstelle“in Betrieb nahm, war das im Raum Bad Waldsee eine Premiere in Sachen automatisierte Direktvermarktung ab Hof. Inzwischen gibt es landauf, landab solche Lebensmittelautomaten, mit deren Hilfe regionale Erzeuger ohne Personalaufwand ihre Produkte direkt an den Verbraucher weiterreichen können. Und davon machen die Haushalte seit Ausbrauch der CoronaPandemie verstärkt Gebrauch. „Also wir verkaufen seit Mitte März sicher an die 15 Prozent mehr Milch an unserer Hoftankstelle und aus Gesprächen mit der Kundschaft hören wir heraus, dass der kontaktlose Einkauf derzeit aus bekannten Gründen bevorzugt wird“, berichtet Christine Dorn-Bohner auf SZ-Anfrage.
In Vor-Corona-Zeiten habe man hier täglich rund 30 Liter gentechnikfrei produzierte Hofmilch abgegeben – inzwischen seien es gut 50 Liter zum Preis von jeweils einem Euro. „Unsere Milch kommt direkt von der Kuh und deshalb ist diese frische Milch auch ein besonderes Geschmackserlebnis, das viele Menschen heute gar nicht mehr kennen.“Kunden können das flüssige Nahrungsmittel in eigene Flaschen abfüllen oder neue direkt am Automaten käuflich erwerben. Auch die Nachfrage nach Produkten anderer regionaler Direktvermarkter in ihren Hofautomaten wie Mehl, Eier, Wurst, Käse, Butter und geräucherte Forellen sei in den letzten Wochen gestiegen, berichtet die Landwirtsfamilie. Nach Anfragen von Kunden sollen demnächst auch Nudeln in den Verkauf kommen.
„Viele Leute machen halt auf ihren Radtouren und kaufen hier ein, andere kommen gezielt – auch spätabends oder sogar nachts. Neulich waren Kunden aus Aulendorf da und haben gleich für alle Nachbarn im Mietshaus unsere Milch mitgenommen“, erzählt Dorn-Bohner. Sie freut sich, dass Verbraucher die landwirtschaftliche Direktvermarktung gerade in der Krise neu schätzen lernen und damit den Erzeugern eine Einnahmequelle sichern.
Natürlich sei die Anschaffung von Hofautomaten für Lebensmittel nicht preisgünstig und Wartungen blieben nicht aus. „Aber wir Landwirte können dadurch direkt auf dem Hof zeigen, was wir auf nachhaltige Art und Weise produzieren, und das schafft Vertrauen“, ist Dorn-Bohner überzeugt. Und sie hofft, dass die Kunden auch nach der Krise treu bleiben.
Eine zweite Milchtankstelle auf Waldseer Gemarkung findet sich im Eingangsbereich von Edeka Haidorf in der Bahnhofstraße. An diesem Automaten kann der Kunde frische Hofmilch zapfen, die auf dem Allgäuhof Müller bei Bad Wurzach hergestellt wird.
Auch auf dem Klostergelände in Reute gibt es einen Automatenstandort, den die Klostermetzgerei mit Wurst- und Fleischwaren zum Grillen, Braten oder Vespern befüllt. „Wir bemerken hier seit der Corona-Krise eine verstärkte Nachfrage nach unseren Produkten, und vor allem an den Wochenenden muss nachgefüllt werden, weil die Leute spontan grillen und dann auf den Automaten zurückgreifen, wenn die Geschäfte sonntags geschlossen sind“, meint Constantin Wegmann von der gleichnamigen Metzgerei in Bad Wurzach, die seit Juli 2018 die Klostermetzgerei Reute gepachtet hat. Neben der Spontanität des Verbrauchers führt der Geschäftsführer auch den „kontaktlosen Einkauf alleine am Lebensmittelautomaten“als Grund dafür ins Feld, dass der Umsatz hier seit Mitte März gestiegen ist.
Beim Hotel-Landgasthof „Kreuz“in Mattenhaus ist im „LandEinkauf “der Landwirtsfamilie Fluhr aus Eichenstegen ebenfalls kontaktloser Einkauf rund um die Uhr möglich. In einem selbst konstruierten, mobilen „Wägele“, das „mit viel Liebe und Schweiß über den Winter zusammengebaut wurde“(Franz Fluhr), stehen zwei Verkaufsautomaten. Sie sind gefüllt mit eigenen Produkten wie den „Bad Waldseer Weideeiern“und Nudeln, die Fluhrs daraus herstellen lassen. Im Angebot sind zudem Eichensteger Apfelsaft, „Bixawurscht“, Kartoffeln sowie von Erzeuger-Kollegen Honig, Aroniasaft und geräucherte Forellen.
Das Ernährungszentrum in Bad Waldsee hält online ein Infoblatt mit allen Standorten von Lebensmittelautomaten im Landkreis Ravensburg bereit unter www.ernaehrung-oberschwaben.de