Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Man hat uns im Stich gelassen“
Wie das Verbot von Veranstaltungen bis Ende August die Existenz von Lakeside Media zerstört
HOHENTENGEN - Für das Unternehmen Lakeside Media hätte das Jahr nicht besser starten können. Aufträge von Großfestivals wurden angenommen, viel Material gekauft, kurz gesagt: es wurde ausgreifend in die Zukunft investiert. Von dieser ist nun nichts mehr übrig. Die Geschäftsführer geben auf.
Die „Schwäbische Zeitung“hatte sich am Gründonnerstag mit den Geschäftsführern Florian Zimmermann und Robin Gerhardt getroffen, um über die prekäre Lage und die Zukunft von Lakeside Media zu sprechen. Doch noch bevor der entstandene Artikel erschien, kam die vernichtende Nachricht, die ihnen schlagartig auch den letzten Rest an Hoffnung nahm: Keine Großveranstaltung bis Ende August.
„Das war wirtschaftlich schon eine Hiobsbotschaft, eigentlich müssten wir sofort zu machen“, so reagierte Geschäftsführer Florian Zimmermann im ersten Gespräch auf die Frage, was die Corona-Krise für Lakeside Media bedeute. Eine erschütternde Antwort. Innerhalb von 48 Stunden hatte sich beim Betrieb in Hohentengen alles geändert. Alle großen Aufträge haben sich in Luft aufgelöst. Mit der staatlichen Soforthilfe kam die Firma für Veranstaltungstechnik und Mediendienstleistungen nicht sonderlich weit, denn diese habe in keinem Verhältnis zu den anfälligen Kosten gestanden.
Robin Gerhardt, der erst wenige Wochen ebenso Geschäftsführer von Lakeside Media war, schaffte es zum Zeitpunkt des Gesprächs vor allem in seiner Rolle als Rapper Dizzepticon positiv zu bleiben: „Als Künstler ist das gerade eine Goldgrube“. Die freie Zeit bedeutete mehr Raum für Kreativität. Außerdem nutzte Lakeside Media die Zeit, um den Nachwuchs intensiv zu fördern. So zum Beispiel Johann Ungefug alias Megabyte. Den jungen Rapper entdeckten sie beim Gewaltpräventionskurs in Kooperation mit dem Haus Nazareth in Riedlingen. Florian Zimmermann sagte stolz: „Seine Entwicklung ist so schön zu beobachten. Wir sind eine Art Rückzugsort für solche Jugendlichen geworden.“
Zeilen, die vor Ostern niedergeschrieben wurden und die von einem auf den anderen Tag keine Bedeutung mehr hatten. Am 15. April kam die Anordnung vom Bund und den
Ländern, dass bis Ende August alle Großveranstaltungen aufgrund des Coronavirus’ untersagt sind. Genau diese ausstehenden Veranstaltungen waren es, die die Firma noch hätten retten können. Doch so lösten sich auch die letzten Aufträge in Luft auf. Lakeside Media muss schließen. Hart, vor allem für Florian Zimmermann. „Wir haben uns natürlich gefragt, welche Perspektiven es gibt. Haben uns dann aber entschieden: Bevor wir in die Insolvenz schlittern, beenden wir es. Ich bin durch“, so der Geschäftsführer. Er leide sehr darunter. Seit acht Jahren habe er sich die Firma aufgebaut und viel investiert: „Man hat uns die Grundlage genommen, das Lebenswerk, uns im Stich gelassen.“Das Team von Lakeside Media bestehe aus Spezialisten auf dem eigenen Gebiet, die alle top ausgebildet seien, doch leider helfe dies bei einem gesetzlich bedingten Berufsverbot nichts. Aber wie geht es denn nun weiter für die beiden? „Hartz 4 klopft an“, versucht Florian Zimmermann noch halbwegs humorvoll zu klingen. Seine Augen können die Trauer jedoch nicht verbergen. Robin Gerhardt hingegen hat scheinbar noch nicht endgültig abgeschlossen: „Es macht etwas mit mir. Ich bin natürlich durch den Wind, aber ich sehe in uns so viel Potenzial. Irgendwo muss da ein Türchen aufgehen.“Auf die Frage, was das für ihn als Künstler bedeute, entgegnet er schlagartig: „Ich kann nicht auftreten. Aber ich habe mehr Zeit, um kreativ zu sein.“
Doch auch an dem Rapper geht der Verlust nicht spurlos vorbei und eine erste Blockade sei unausweichlich gewesen. Aufgeben sei trotzdem keine Option und Aufnahmen seiner Songs werden bald wieder fortgesetzt. Sein Partner Florian Zimmermann brauche dafür aber noch Zeit: „So lange mein Kopf nicht frei ist, kann ich nicht arbeiten. Aber natürlich bleiben wir weiterhin ein Team. Robin fühlt, wie ich denke – wir sind Seelenverwandte.“
Wie es tatsächlich für die beiden sowie alle, die von der Firma abhängig sind, weitergeht, steht in den Sternen. Abnehmer für den Großteil der technischen Gerätschaften fanden sich Gott sei Dank schnell. Leider zu absoluten Dumpingpreisen. Fakt ist aber, dass spätestens Ende Mai die Geschäftsräume in Hohentengen leer stehen werden. Dann endet das Kapitel Lakeside Media.