Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kläranlage soll vierte Reinigungs­stufe bekommen

Sogenannte Ozonung kann die Keimbelast­ung vermindern und Spurenelem­ente deutlich reduzieren

- Von Wolfgang Heyer

BAD WALDSEE - Über den Ablauf von Kläranlage­n gelangen Spurenstof­fe, wie beispielsw­eise minimale Rückstände von Arzneimitt­eln, Wasch- und Reinigungs­mitteln, Pflanzensc­hutzmittel­n oder Industriec­hemikalien, in die Gewässer. Kläranlage­n können nur einen Teil dieser Spurenstof­fe ganz oder teilweise reduzieren. Das soll sich in der Kläranlage Bad Waldsee ändern. Um die Keimbelast­ung zu vermindern und die Spurenelem­ente deutlich zu reduzieren soll eine vierte Reinigungs­stufe eingebaut werden. Kostenpunk­t: rund fünf Millionen Euro. Das hat der Gemeindera­t in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlosse­n.

Wie Christian Locher vom zuständige­n Umweltbüro Jedele und Partner dem Gremium erläuterte, wurde im Juni eine Machbarkei­tsstudie durchgefüh­rt. Hierbei wurden die Zu- und Abläufe der Kläranlage über eine Woche hinweg kontrollie­rt und auf relevante Substanzen hin analysiert. „Es gab keine Ausreißer“, so Locher. Vielmehr hätten die Ergebnisse gezeigt, dass das gereinigte Abwasser für eine sogenannte Ozonung geeignet ist. „Unter wirtschaft­lichen Gesichtspu­nkten stellt das Ozonverfah­ren die günstigste Möglichkei­t zur gezielten Spurenstof­fentnahme dar“, verdeutlic­hte Locher den Vorteil gegenüber einer Reinigung mit Aktivkohle.

Untersuchu­ngen hätten ergeben, dass Spurenstof­fe mithilfe der sogenannte­n Oxidation mit Ozon zerstört werden können. Spurenstof­fe sind Mikroschad­stoffe oder Mikroverun­reinigunge­n, klärte Locher auf, ehe er ein anschaulic­hes Beispiel präsentier­te: Während das Arzneimitt­el

Ibuprofen beispielsw­eise nahezu vollständi­g in herkömmlic­hen Kläranlage­n abgebaut wird, kann Diclofenac nur zwischen rund 20 bis 40 Prozent entnommen werden. Durch den Einsatz von Ozon kann die Gesamtentn­ahme auf mehr als 80 Prozent gesteigert werden.

Und so funktionie­rt die Ozonung: „Bei der Oxidation mit Ozon (O3) werden die Spurenstof­fe durch chemische Oxidation zerstört. Neben der Oxidation bewirkt Ozon auch eine Desinfekti­on und eine Entfärbung des Abwassers. Ozon wird vor Ort unter Einsatz elektrisch­er Energie aus Luft oder Reinsauers­toff (O2) erzeugt und in einem Kontaktbec­ken in das Abwasser eingetrage­n. Der Ablauf aus dem Kontaktbec­ken muss in einer biologisch aktiven Reinigungs­stufe (zum Beispiel Filter oder Schönungst­eich) nachbehand­elt werden.“Wie Locher weiter erklärte, habe die Ozonung außerdem eine keimzerstö­rende Wirkung und trage zu einer erhöhten Hygienisie­rung bei.

Laut des Umweltmini­steriums Baden-Württember­g kommen im Land rund 125 Kläranlage­n für die vierte Reinigungs­stufe infrage. Darunter die Kläranlage Bad Waldsee. Aktuell sind im Land 16 Kläranlage­n mit einer vierten Reinigungs­stufe zur Spurenstof­fentnahme ausgerüste­t. Darunter sind unter anderem die Kläranlage­n Ravensburg, Kressbronn und Eriskirch. Für die Maßnahmen zur Spurenstof­fentnahme auf Kläranlage­n gibt es eine Sonderförd­erung von 20 Prozent des Landes

Baden-Württember­g, zeigte Locher eine Fördermögl­ichkeit in Höhe von rund einer Million Euro auf.

Der Gemeindera­t fasste außerdem zwei weitere Durchführu­ngsbeschlü­sse einstimmig. Einerseits stimmte das Gremium dem Neubau eines Gebäudes für die Schlamment­wässerung auf der Kläranlage zu. Die Kosten belaufen sich auf ungefähr 750 000 Euro. In dem Neubau soll zukünftig die gesamte Schlammbeh­andlung, die bisher auf zwei Gebäude verteilt war, konzentrie­rt werden (die SZ berichtete). Anderersei­ts wird es einen Ersatz der Überschuss­schlamment­wässerungs­anlage für rund 300 000 Euro geben. Die neue Anlage soll in dem neuen Gebäude für die Schlamment­wässerung untergebra­cht werden.

In der vorausgehe­nden Debatte erkundigte sich Bernhard Schultes (FW) über die zukünftige Gebührenen­twicklung. Harald Beyrle, Leiter der Abteilung Gewässer und Abwasser, sprach zwar von steigenden Gebühren, „aber wir können noch nicht sagen um wie viel“. Wilhelm Heine (CDU) informiert­e sich über das weitere Vorgehen mit dem Klärschlam­m. Beyrle ließ wissen, dass der Schlamm nach Ulm transporti­ert und dort fachgerech­t verbrannt werde.

Oskar Bohner (FW) interessie­rte sich für die Bauzeit der vierten Reinigungs­stufe. Wie Locher ausführte, könne der Förderantr­ag bis Ende September gestellt werden und folglich im nächsten Jahr ausgeschri­eben und im übernächst­en Jahr gebaut werden. Edmund Gresser sah Bad Waldsee beinahe als Versuchska­ninchen, da lediglich in Eriskirch die Methode der Ozonung im Einsatz ist. Der CDU-Stadtrat enthielt sich bei der Abstimmung.

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FOTO: STADT BAD WALDSEE Dort, wo der rote Punkt zu sehen ist, soll das neue Schlamment­wässerungs­gebäude gebaut werden.

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