Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Kläranlage soll vierte Reinigungsstufe bekommen
Sogenannte Ozonung kann die Keimbelastung vermindern und Spurenelemente deutlich reduzieren
BAD WALDSEE - Über den Ablauf von Kläranlagen gelangen Spurenstoffe, wie beispielsweise minimale Rückstände von Arzneimitteln, Wasch- und Reinigungsmitteln, Pflanzenschutzmitteln oder Industriechemikalien, in die Gewässer. Kläranlagen können nur einen Teil dieser Spurenstoffe ganz oder teilweise reduzieren. Das soll sich in der Kläranlage Bad Waldsee ändern. Um die Keimbelastung zu vermindern und die Spurenelemente deutlich zu reduzieren soll eine vierte Reinigungsstufe eingebaut werden. Kostenpunkt: rund fünf Millionen Euro. Das hat der Gemeinderat in seiner jüngsten Sitzung einstimmig beschlossen.
Wie Christian Locher vom zuständigen Umweltbüro Jedele und Partner dem Gremium erläuterte, wurde im Juni eine Machbarkeitsstudie durchgeführt. Hierbei wurden die Zu- und Abläufe der Kläranlage über eine Woche hinweg kontrolliert und auf relevante Substanzen hin analysiert. „Es gab keine Ausreißer“, so Locher. Vielmehr hätten die Ergebnisse gezeigt, dass das gereinigte Abwasser für eine sogenannte Ozonung geeignet ist. „Unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten stellt das Ozonverfahren die günstigste Möglichkeit zur gezielten Spurenstoffentnahme dar“, verdeutlichte Locher den Vorteil gegenüber einer Reinigung mit Aktivkohle.
Untersuchungen hätten ergeben, dass Spurenstoffe mithilfe der sogenannten Oxidation mit Ozon zerstört werden können. Spurenstoffe sind Mikroschadstoffe oder Mikroverunreinigungen, klärte Locher auf, ehe er ein anschauliches Beispiel präsentierte: Während das Arzneimittel
Ibuprofen beispielsweise nahezu vollständig in herkömmlichen Kläranlagen abgebaut wird, kann Diclofenac nur zwischen rund 20 bis 40 Prozent entnommen werden. Durch den Einsatz von Ozon kann die Gesamtentnahme auf mehr als 80 Prozent gesteigert werden.
Und so funktioniert die Ozonung: „Bei der Oxidation mit Ozon (O3) werden die Spurenstoffe durch chemische Oxidation zerstört. Neben der Oxidation bewirkt Ozon auch eine Desinfektion und eine Entfärbung des Abwassers. Ozon wird vor Ort unter Einsatz elektrischer Energie aus Luft oder Reinsauerstoff (O2) erzeugt und in einem Kontaktbecken in das Abwasser eingetragen. Der Ablauf aus dem Kontaktbecken muss in einer biologisch aktiven Reinigungsstufe (zum Beispiel Filter oder Schönungsteich) nachbehandelt werden.“Wie Locher weiter erklärte, habe die Ozonung außerdem eine keimzerstörende Wirkung und trage zu einer erhöhten Hygienisierung bei.
Laut des Umweltministeriums Baden-Württemberg kommen im Land rund 125 Kläranlagen für die vierte Reinigungsstufe infrage. Darunter die Kläranlage Bad Waldsee. Aktuell sind im Land 16 Kläranlagen mit einer vierten Reinigungsstufe zur Spurenstoffentnahme ausgerüstet. Darunter sind unter anderem die Kläranlagen Ravensburg, Kressbronn und Eriskirch. Für die Maßnahmen zur Spurenstoffentnahme auf Kläranlagen gibt es eine Sonderförderung von 20 Prozent des Landes
Baden-Württemberg, zeigte Locher eine Fördermöglichkeit in Höhe von rund einer Million Euro auf.
Der Gemeinderat fasste außerdem zwei weitere Durchführungsbeschlüsse einstimmig. Einerseits stimmte das Gremium dem Neubau eines Gebäudes für die Schlammentwässerung auf der Kläranlage zu. Die Kosten belaufen sich auf ungefähr 750 000 Euro. In dem Neubau soll zukünftig die gesamte Schlammbehandlung, die bisher auf zwei Gebäude verteilt war, konzentriert werden (die SZ berichtete). Andererseits wird es einen Ersatz der Überschussschlammentwässerungsanlage für rund 300 000 Euro geben. Die neue Anlage soll in dem neuen Gebäude für die Schlammentwässerung untergebracht werden.
In der vorausgehenden Debatte erkundigte sich Bernhard Schultes (FW) über die zukünftige Gebührenentwicklung. Harald Beyrle, Leiter der Abteilung Gewässer und Abwasser, sprach zwar von steigenden Gebühren, „aber wir können noch nicht sagen um wie viel“. Wilhelm Heine (CDU) informierte sich über das weitere Vorgehen mit dem Klärschlamm. Beyrle ließ wissen, dass der Schlamm nach Ulm transportiert und dort fachgerecht verbrannt werde.
Oskar Bohner (FW) interessierte sich für die Bauzeit der vierten Reinigungsstufe. Wie Locher ausführte, könne der Förderantrag bis Ende September gestellt werden und folglich im nächsten Jahr ausgeschrieben und im übernächsten Jahr gebaut werden. Edmund Gresser sah Bad Waldsee beinahe als Versuchskaninchen, da lediglich in Eriskirch die Methode der Ozonung im Einsatz ist. Der CDU-Stadtrat enthielt sich bei der Abstimmung.