Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Betreuungs­arbeit geht weiter

Nur Fortbildun­g und Gesprächsk­reise kann der Betreuungs­verein St. Martin nicht anbieten

- Von Günter Peitz

BAD WALDSEE - Auch der kreisweit aktive Betreuungs­verein St. Martin, einer der größten im Land mit drei hauptamtli­chen und 277 ehrenamtli­chen rechtliche­n Betreuerin­nen und Betreuern, die hilfsbedür­ftigen Mitmensche­n beistehen, musste seine für den April vorgesehen­e Mitglieder­versammlun­g wegen der CoronaEpid­emie absagen. Das bedeutet nun aber keineswegs, dass der Verein mit seiner Geschäftss­telle in der Kuppelnaus­traße 8 in Ravensburg (Telefon: 0751/9771978-0) seine Arbeit eingestell­t hat, im Gegenteil. Zwar kann er derzeit keine Vorträge, Fortbildun­gen und Gesprächsk­reise anbieten, aber seine vielen Schutzbefo­hlenen können sich auf Unterstütz­ung nach wie vor verlassen.

In einem Rückblick auf 2019 bewertet der Vorsitzend­e Hans Georg Kraus, früher erster Bürgermeis­ter der Stadt Ravensburg, das vergangene Jahr als „eine echte Herausford­erung.“Schon 2018 hatte er in der Mitglieder­versammlun­g festgestel­lt, dass sich der Verein immer größeren Aufgaben gegenübers­ehe, weil sich der Altersdurc­hschnitt der Bevölkerun­g weiter erhöht habe und die Zahl der Personen, für die im Landkreis Ravensburg eine rechtliche Betreuung angeordnet werden musste, entspreche­nd gewachsen sei. „Diese Entwicklun­g hat sich auch 2019 fortgesetz­t“, heißt es nun in seinem neuesten Bericht zur Lage.

So habe die Geschäftsf­ührerin des Vereins, Sozialarbe­iterin Monika Bettinger, im vergangene­n Jahr 49 ehrenamtli­che Betreuer und Betreuerin­nen neu vermittelt – mehr als je zuvor. Das waren zum Beispiel rechtliche Helferinne­n und Helfer für Personen, die im Körperbehi­ndertenzen­trum Oberschwab­en (KBZO), in den Oberschwäb­ischen Werkstätte­n für Behinderte (OWB), im Dornahof Altshausen, in Einrichtun­gen der Stiftung Liebenau und in Pflegeheim­en leben, berichtet Bettinger.

Derzeit sind beim Verein 277 Ehrenamtli­che tätig, etwa zur Hälfte Frauen und Männer. Sie führen insgesamt 376 rechtliche Betreuunge­n, etliche von ihnen also mehrere. Die drei hauptamtli­chen Mitarbeite­rinnen des Vereins, neben Bettinger auch Sozialarbe­iterin Gerda Fein und Sozialpäda­gogin Doris Scholz, haben weitere 65, besonders schwierige Betreuunge­n übernommen.

Schwierige­r ist auch die rechtliche Betreuung insgesamt geworden, aufgrund neuer rechtliche­r Regelungen, gibt Vorsitzend­er Kraus zu bedenken. Dadurch komme es immer wieder zu einem Wechsel der Betreuer. Glückliche­rweise gelinge es dem Verein aber immer wieder, engagierte Mitbürgeri­nnen und Mitbürger dafür zu gewinnen, eine rechtliche Betreuung – nicht zu verwechsel­n mit sonstigen Betreuungs­aufgaben – zu übernehmen.

Im vergangene­n Jahr waren die Fortbildun­gsveransta­ltungen und Gesprächsk­reise des Vereins, die jetzt leider ausfallen müssen, wegen der komplizier­teren Materie gefragter denn je. „Es ist schön zu erleben, wie viel ehrenamtli­ches Engagement in unserem Landkreis für soziale Aufgaben besteht“, berichtet Geschäftsf­ührerin Bettinger aus der Praxis. Gleichwohl suche der Verein aber ständig zusätzlich­e Betreuerin­nen und Betreuer, die sich auf diese Aufgabe einlassen wollen. „Sie bekommen viel Dankbarkei­t von ihren Klienten zurück und erweitern ihren persönlich­en Erfahrungs­horizont.“

Übrigens ist auch die Mitglieder­zahl des Vereins im vergangene­n Jahr gestiegen. 418 Personen und Organisati­onen

(Kirchengem­einden beider großer Konfession­en und soziale Institutio­nen) unterstütz­en den Verein, einmal mit ihren Mitgliedsb­eiträgen, aber auch ideell.

Zur finanziell­en Situation des Vereins berichtet der zweite Vorsitzend­e, Rechtsanwa­lt Thomas Rezbach, es sei gelungen, den Haushalt für 2019 auszugleic­hen. Das Gesamtvolu­men belief sich auf 246 000 Euro. Ein geringer Überschuss von 600 Euro wurde erwirtscha­ftet. „Die Bußgeldzuw­eisungen der Justiz, großzügige Spenden und Mitgliedsb­eiträge trugen dazu bei, dass der Verein einen Verlust vermeiden konnte.“Das Land Baden-Württember­g und der Landkreis Ravensburg unterstütz­en die Vereinsarb­eit. Mit großer Erleichter­ung haben die Verantwort­lichen aber auch zur Kenntnis genommen, dass der Bund endlich nach 14 Jahren entschiede­n hat, die Vergütung für die schwierige­n Betreuunge­n der hauptamtli­chen Mitarbeite­rinnen anzuheben. „Nur dadurch war der Haushaltsa­usgleich möglich.“Für das Jahr 2020 plant der Verein mit Ausgaben von 247 000 Euro. Die Verantwort­lichen sind entschloss­en, erneut alles daran zu setzen, um Verluste zu vermeiden.

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