Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Maibaum darf stehen bleiben
Nach Nacht-und-Nebel-Aktion: So geht es mit dem „illegalen“Maibaum weiter
AULENDORF - Eigentlich hätte es ihn gar nicht geben sollen. Doch der in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufgestellte Maibaum auf dem Aulendorfer Schlossplatz erfreut viele Menschen. Wegen des Versammlungsverbots war ein offizielles Maibaumstellen nicht möglich. So geht es mit dem „illegalen“Baum weiter.
„Natürlich nicht“, sagt Bürgermeister Matthias Burth, wenn man ihn fragt, ob er wisse, welche Freunde der Maibaum-Tradition da am Werk waren. Und das Aulendorfer Stadtoberhaupt stellt klar: „Es gilt das Versammlungsverbot, es ist nicht verboten, einen Maibaum aufzustellen.“Dass den schätzungsweise zehn bis 15 Meter hohen Baum allerdings tatsächlich nur zwei Personen oder Personen aus ein und demselben Hausstand mit gebotenem Mindestabstand in die Höhe gewuchtet haben, ist auch für Burth schwer vorstellbar: „Wenn das zwei gemacht haben: Respekt!“
Überrascht hat den Bürgermeister der Maibaum indes nicht: „Es war zu erwarten.“Dem Geschehen nachgehen und einen Verstoß gegen die Corona-Verordnung melden, will er nicht, das sei nicht „zielführend“, die Chance, die Maibaum-Aufsteller zu finden, gering. Und der Baum selbst? „Die, die das gemacht haben, haben gewusst, wie man einen Baum stellt. Er ist ordnungsgemäß befestigt und verkehrssicher, daher kann der Baum stehen bleiben“, befindet der Bürgermeister. Schön wäre es allerdings, ergänzt er zum Abschluss, „wenn die, die ihn aufgebaut haben, ihn nach dem Mai auch wieder abbauen“.
Normalerweise organisiert der Fanfarenzug Aulendorf mit Helfern das Maibaumstellen auf dem Schlossplatz. Auf der Internetplattform Facebook mutmaßte ein Nutzer bereits recht schnell, dass der Verein wohl auch für den diesjährigen verantwortlich sein könnte. „Ich weiß davon gar nichts“, sagt indes Jonas Beutinger, Manager beim Fanfarenzug, „wir sind selber am Rätseln, wer das war.“Er findet anerkennende Worte für die Überraschung: „Ich finde es schon klasse, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, weil wir durften es ja in diesem Jahr nicht, da gab es eine klare Anweisung von der Stadt. Wir waren erst etwas enttäuscht, haben es dann aber hingenommen, die Gesundheit geht vor.“
Dass es schon einmal keinen Maibaum gegeben hat, daran kann sich Beutinger nicht erinnern. „Das hat eine lange Tradition.“Unter der Verantwortung des erfahrenen Zimmerermeisters Anton Rist, und in althergebrachter Art von Hand mit sogenannten Schwalben stellte der Fanfarenzug im Vorjahr zum 37. Mal einen reich geschmückten, mit Girlanden umwundenen und mit Kränzen behängten Baum auf, der auch die Zunftzeichen der Handwerker, das Stadtwappen und das Vereinsemblem des Fanfarenzugs trug.
Der nun unbekannter Weise aufgestellte Maibaum ist zwar etwas kleiner und nicht ganz so reich geschmückt, trotzdem brachten auf schwäbische.de und auf der Internetplattform Facebook zahlreiche Menschen in Kommentaren ihre Freude, aber auch ihren Dank für den Baum zum Ausdruck. Und auch Beutinger ist froh, dass es nun doch einen Maibaum gibt. „Das hat eine lange Tradition. Und der Spruch, der darauf steht, passt doch sehr gut zur jetzigen Zeit“, findet er. Unterhalb des grünen Kranzes mit seinen bunten Flatterbändern und unter das Stadtwappen haben die unbekannten Maibaum-Steller 2020 ein Holzschild angebracht. Darauf steht: „Tradition & Brauchtum sind nicht nur unsere Wurzeln, sondern stehen auf für Gemeinschaft und Zusammenhalt“.