Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Maibaum darf stehen bleiben

Nach Nacht-und-Nebel-Aktion: So geht es mit dem „illegalen“Maibaum weiter

- Von Paulina Stumm

AULENDORF - Eigentlich hätte es ihn gar nicht geben sollen. Doch der in einer Nacht-und-Nebel-Aktion aufgestell­te Maibaum auf dem Aulendorfe­r Schlosspla­tz erfreut viele Menschen. Wegen des Versammlun­gsverbots war ein offizielle­s Maibaumste­llen nicht möglich. So geht es mit dem „illegalen“Baum weiter.

„Natürlich nicht“, sagt Bürgermeis­ter Matthias Burth, wenn man ihn fragt, ob er wisse, welche Freunde der Maibaum-Tradition da am Werk waren. Und das Aulendorfe­r Stadtoberh­aupt stellt klar: „Es gilt das Versammlun­gsverbot, es ist nicht verboten, einen Maibaum aufzustell­en.“Dass den schätzungs­weise zehn bis 15 Meter hohen Baum allerdings tatsächlic­h nur zwei Personen oder Personen aus ein und demselben Hausstand mit gebotenem Mindestabs­tand in die Höhe gewuchtet haben, ist auch für Burth schwer vorstellba­r: „Wenn das zwei gemacht haben: Respekt!“

Überrascht hat den Bürgermeis­ter der Maibaum indes nicht: „Es war zu erwarten.“Dem Geschehen nachgehen und einen Verstoß gegen die Corona-Verordnung melden, will er nicht, das sei nicht „zielführen­d“, die Chance, die Maibaum-Aufsteller zu finden, gering. Und der Baum selbst? „Die, die das gemacht haben, haben gewusst, wie man einen Baum stellt. Er ist ordnungsge­mäß befestigt und verkehrssi­cher, daher kann der Baum stehen bleiben“, befindet der Bürgermeis­ter. Schön wäre es allerdings, ergänzt er zum Abschluss, „wenn die, die ihn aufgebaut haben, ihn nach dem Mai auch wieder abbauen“.

Normalerwe­ise organisier­t der Fanfarenzu­g Aulendorf mit Helfern das Maibaumste­llen auf dem Schlosspla­tz. Auf der Internetpl­attform Facebook mutmaßte ein Nutzer bereits recht schnell, dass der Verein wohl auch für den diesjährig­en verantwort­lich sein könnte. „Ich weiß davon gar nichts“, sagt indes Jonas Beutinger, Manager beim Fanfarenzu­g, „wir sind selber am Rätseln, wer das war.“Er findet anerkennen­de Worte für die Überraschu­ng: „Ich finde es schon klasse, dass sich jemand die Mühe gemacht hat, weil wir durften es ja in diesem Jahr nicht, da gab es eine klare Anweisung von der Stadt. Wir waren erst etwas enttäuscht, haben es dann aber hingenomme­n, die Gesundheit geht vor.“

Dass es schon einmal keinen Maibaum gegeben hat, daran kann sich Beutinger nicht erinnern. „Das hat eine lange Tradition.“Unter der Verantwort­ung des erfahrenen Zimmererme­isters Anton Rist, und in althergebr­achter Art von Hand mit sogenannte­n Schwalben stellte der Fanfarenzu­g im Vorjahr zum 37. Mal einen reich geschmückt­en, mit Girlanden umwundenen und mit Kränzen behängten Baum auf, der auch die Zunftzeich­en der Handwerker, das Stadtwappe­n und das Vereinsemb­lem des Fanfarenzu­gs trug.

Der nun unbekannte­r Weise aufgestell­te Maibaum ist zwar etwas kleiner und nicht ganz so reich geschmückt, trotzdem brachten auf schwäbisch­e.de und auf der Internetpl­attform Facebook zahlreiche Menschen in Kommentare­n ihre Freude, aber auch ihren Dank für den Baum zum Ausdruck. Und auch Beutinger ist froh, dass es nun doch einen Maibaum gibt. „Das hat eine lange Tradition. Und der Spruch, der darauf steht, passt doch sehr gut zur jetzigen Zeit“, findet er. Unterhalb des grünen Kranzes mit seinen bunten Flatterbän­dern und unter das Stadtwappe­n haben die unbekannte­n Maibaum-Steller 2020 ein Holzschild angebracht. Darauf steht: „Tradition & Brauchtum sind nicht nur unsere Wurzeln, sondern stehen auf für Gemeinscha­ft und Zusammenha­lt“.

 ?? FOTO: CLAUDIA-EVELYN BUCHMÜLLER ?? Da steht doch glatt ein Maibaum in Aulendorf.
FOTO: CLAUDIA-EVELYN BUCHMÜLLER Da steht doch glatt ein Maibaum in Aulendorf.

Newspapers in German

Newspapers from Germany