Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Prozess um Hexenkessel in zweiter Instanz
HEILBRONN (dpa) - Wie geriet eine Frau bei einem Fastnachtsumzug in einen Kessel mit kochend heißem Wasser? Mit den Aussagen junger Zeugen, die sich auf ihr schlechtes Gedächtnis berufen haben, ist in Heilbronn der „Hexenkessel-Prozess“in die zweite Instanz gegangen. Einem heute 34-Jährigen wird vorgeworfen, im Februar 2018 bei dem Umzug in Eppingen nahe Heilbronn eine 18-jährige Frau in einen Kessel mit heißem Wasser getragen zu haben. Sie verbrühte sich schwer an den Beinen und musste sich nach einem Krankenhausaufenthalt mehrere Wochen lang in einer Reha auskurieren. Das Amtsgericht Heilbronn hatte den als Hexe verkleideten Mann aufgrund von Indizien wegen fahrlässiger Körperverletzung zu einer Strafe von rund 6600 Euro verurteilt. Dagegen wehrte er sich. Nun beschäftigt sich das Landgericht mit dem Fall. Der Mann bestreitet die Vorwürfe.
Dem Richter gelang es am Dienstag nicht, der Antwort näherzukommen, wer für die Verbrühungen derFrau verantwortlich ist. Offenbar waren mehrere Menschen als Hexen maskiert gewesen. Laut den Befragungen wollen im entscheidenden Moment alle in eine andere Richtung geschaut haben. Zeugen beriefen sich darauf, dass der Vorfall lange zurückliege und Alkohol im Spiel gewesen sei. Dass Zeugen einen Fall derart unterschiedlich schilderten, habe er in seinem Berufsleben noch nicht erlebt, so der Richter.