Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Streit um Waffen für Sicherheitspersonal
Grüne und CDU finden keine Lösung für den Dienst von freiwilligen Polizisten
STUTTGART - Dürfen Ordnungshüter der Städte und Gemeinden Schusswaffen tragen? Brauchen sie eine verbindliche Ausbildung? Und: Wie geht es weiter mit dem freiwilligen Polizeidienst – also der ehrenamtlichen Unterstützung für die Polizei im Land? Fragen, die Grüne und CDU längst beantworten wollten. Nun macht die FDP Druck. Doch in einem Punkt ist ein Kompromiss zwischen den Regierungspartnern wohl ausgeschlossen.
Diese wollten die beiden Themen seit Amtsantritt 2016 im Paket abhandeln. Den größten Dissens gibt es beim freiwilligen Polizeidienst. Die Ehrenamtler unterstützen Polizisten, sie tragen Uniform und Waffen. Doch besonders die letzten beiden Punkte lehnen die Grünen vehement ab. In der Regierung mit der SPD beschlossen sie 2011 die Abschaffung. Es werden seither keine Freiwilligen mehr rekrutiert, seit 2013 dürfen sie nicht mehr mit auf Streife. Ihre Zahl sank von etwa 2500 auf aktuell rund 600. Die CDU dagegen will die ehrenamtliche Unterstützung für die Polizei sogar wieder aufstocken.
Thomas Blenke, Innenexperte der CDU: „Das Thema ist wegen der Corona-Pandemie in den vergangenen Wochen schlicht in den Hintergrund gerückt. Aber klar ist: es steht auf der Agenda“. Die CDU-Position ist unverändert. Der Freiwilligendienst soll erhalten werden, mit Uniform und Waffe. Schließlich durchliefen die Ehrenamtler eine entsprechende Ausbildung und seien eine wichtige Stütze der Polizei.
Blenkes Verhandlungspartner ist der Grünen-Innenpolitiker Hans-Ulrich Sckerl. „Der Polizeiberuf ist zu anspruchsvoll und zu gefahrengeneigt geworden, als dass Ehrenamtliche nach einem ‚Crash-Kurs‘ beispielsweise Streifendienste oder Einsätze erledigen können. Ich habe daher große Zweifel, dass es angesichts sehr unterschiedlicher Konzeptionen zu einer Einigung kommen kann.“Aus Fraktionskreisen heißt es, der Konflikt sei vor den Landtagswahlen 2021 nicht mehr zu lösen.
Damit ist fraglich, was aus dem zweiten Teil des Themenpakets wird. Es geht um den kommunalen Ordnungsdienst. Dessen Mitarbeiter kontrollieren im Auftrag von Städten und Gemeinden zum Beispiel Parksünder oder schreiten ein, wenn Jugendliche Partys auf Spielplätzen feiern. Bislang können die Gemeinden selbst entscheiden, ob sie die Ordnungshüter zu Fortbildungen schicken, um sie auf die Aufgaben vorzubereiten. Das ist durchaus sinnvoll, haben diese doch sogar das Recht, jemanden festzunehmen. Gemeinden wie Ulm rüsten ihre Mitarbeiter mit Schlagstöcken oder Pfefferspray aus. In Stuttgart dürfen die Angestellten der sogenanten Ortspolizeibehörde sogar Schusswaffen tragen, sie sind daran ausgebildet.
Gewerkschaftsvertreter fordern seit Langem, Ausbildung und mögliche Ausrüstung einheitlich zu regeln. Verdi bemängelt, viele Kommunen schickten die Mitarbeiter ohne jede Qualifikation auf die Straßen und das bei zunehmenden Herausforderungen. Die Arbeit werde gefährlicher, Kurse zu Deeskalation, Rechtsgrundlagen aber auch zum Umgang mit Waffen seien zwingend notwendig. An Brennpunkte seien
Waffen zum Selbstschutz durchaus sinnvoll, so Verdi. Dafür brauche es aber eine verbindlich vorgeschrieben Ausbildung.
Die FDP wollte nun vom Innenministerium wissen, wie es mit dem kommunalen Sicherheitspersonal weitergeht. In der Antwort heißt es: „Das Ministerium befürwortet landeseinheitliche Standards zur Ausbildung, Ausrüstung und Dienstkleidung der gemeindlichen Vollzugsbediensteten.“Nur: einen genauen Zeitpunkt kann das Haus von Minister Thomas Strobl (CDU) nicht nennen. Dies sei „aufgrund der derzeitigen Situation noch nicht absehbar“.
Das erbost den FDP-Innenexperten Ulrich Goll: „Seit Jahren kommen wir bei der Schaffung von einheitlichen Ausbildungsstandards für gemeindliche Vollzugsbediensteten nicht voran. Dabei wären gewisse Mindeststandards eigentlich eine Selbstverständlichkeit“, sagt FDPInnenexperte
Ulrich Goll. „Das Innenministerium ist dafür zuständig, tritt aber seit Jahren bei der Umsetzung auf der Stelle.“Im Ministerium sieht man die Verantwortung anderswo. Man habe Vorschläge erarbeitet, die Einigung sei nun Sache der Regierungsfraktionen von CDU und Grünen.
Letztere können sich beim kommunalen Ordnungsdienst durchaus einen Kompromiss vorstellen. Auch hier gibt es einen Dissens unter anderem darüber, welche Waffen die Mitarbeiter tragen dürfen. Doch ob die CDU sich darauf einlässt, wenn es im Gegenzug keine Einigung über die ehrenamtlichen Polizisten gibt, ist fraglich.
FDP-Politiker Goll befürchtet: „Wir müssen davon ausgehen, dass bis zur Landtagswahl nichts mehr passieren wird. Wieder mal zeigt sich der fehlende Gestaltungswille dieser Landesregierung.“