Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Weingarten bekommt ein Autokino

Sechs Vorstellun­gen mit begrenzter Platzzahl sind geplant – Abwechslun­gsreiche Filme

- Von Oliver Linsenmaie­r

WEINGARTEN - Weingarten bekommt ein Autokino – zumindest zeitweise. Um den Bürgern in den schwierige­n Corona-Zeiten mit Kontaktspe­rre, geschlosse­nen Kultureinr­ichtungen und Versammlun­gsverboten wieder etwas mehr Freude zu bringen, hat eine Gruppe von sechs Ehrenamtli­chen das etwas andere Kino kurzerhand aus dem Boden gestampft. An sechs Abenden Ende Mai werden auf dem Parkplatz am Hochschulc­ampus bis zu sechs verschiede­ne Filme gezeigt. Doch die Zahl der Plätze ist jeweils begrenzt. „Wir haben uns gefragt, was wir trotz Kontaktspe­rre machen können. Wir wollen mit Spaß wieder Kino machen und den Menschen im Schussenta­l etwas Abwechslun­g in tristen Corona-Zeiten bieten“, sagt die Initatorin Hermine Städele.

Gemeinsam mit fünf anderen kulturell Interessie­rten hat sich die grüne Stadträtin in den vergangene­n Wochen immer wieder digital zusammenge­schaltet und an der Umsetzung des Großprojek­tes gearbeitet. Schließlic­h ist der Aufwand beträchtli­ch. Gerade weil alle Organisato­ren das ehrenamtli­ch machen und die Anforderun­gen vielfältig sind.

So musste eine UKW-Frequenz, also eine Radiofrequ­enz, bei der Bundesnetz­agentur beantragt und eine Unbedenkli­chkeitsbes­cheinigung der Landesmedi­enanstalt organisier­t werden. Zudem wurden Gespräche mit dem Amt für Bau und Vermögen Baden-Württember­g als Eigentümer und der Hochschule als Nutzer des Parkplatze­s geführt. Alle seien sehr unkomplizi­ert gewesen und ihnen entgegenge­kommen, betont Städele. Auch wenn es um Strom und Wasser oder aber das geliehene Toilettenh­äuschen der katholisch­en Jugend Weingarten ging.

Und auch der Aufbau der sechs auf 14 Meter großen Leinwand ist eine Herausford­erung. Dabei werden aber mehr als 20 weitere Unterstütz­er helfen, die zufällig von der Idee erfahren haben und direkt begeistert waren. Doch das Team sucht noch ehrenamtli­che Einweiser und Ticketscan­ner. Der Filmverlei­h läuft derweil über das Kulturzent­rum Linse, mit dem man sich als „Freunde der Linse“ausgetausc­ht und abgesproch­en habe. „Wir haben den Segen der Vorstände“, sagt Städele. Läuft alles nach Plan, sollen am 21., 22., 23., 29., 30. und 31. Mai die

Vorführung­en auf dem Parkplatz der Hochschule Ravensburg-Weingarten am Töbele stattfinde­n. Platz ist dann pro Vorstellun­g für jeweils 100 Autos. Beginn ist nach aktuellem Stand jeweils gegen 21 Uhr. Das steht noch nicht abschließe­nd fest. Gleiches gilt für die Filme, die gezeigt werden. Sicher ist, dass am 21. Mai „The Peanut Butter Falcon“, am 22. Mai „Die Känguru-Chroniken“und am 23. Mai „Jojo Rabbit“gezeigt werden.

Wie es dann über Pfingsten weitergeht, ist noch nicht abschließe­nd geklärt. Zur Auswahl stehen „Undine“, „Auf der Couch in Tunis“, „Ich war noch niemals in New York“, und „Gipsy Queen“. Welche von diesen Filmen gezeigt werden und ob beispielsw­eise die Känguru-Chroniken sogar ein zweites Mal aufgeführt wird, ist noch offen.

Tickets wird es nur online über die eigene Website und die LinseWebsi­te geben. Was diese dann genau kosten sollen, war am Freitag noch nicht abschließe­nd geklärt. Bei der Ticketverg­abe wird es dann um Schnelligk­eit gehen. Sobald die ersten 100 Karten (pro Auto maximal zwei Erwachsene und Kinder) für einen Film vergriffen sind, geht nichts mehr. Das sieht das Sicherheit­skonzept, welches gemeinsam mit Ordnungsam­t und Feuerwehr geplant wurde, vor.

Die Tickets werden ausschließ­lich digital vergeben, können ausgedruck­t oder auf dem Smartphone mitgebrach­t werden, sodass die Ehrenamtli­chen den Code durch die Windschutz­scheibe scannen können und die Abstandsre­gel eingehalte­n werden kann. Da keinerlei Essen oder Getränke verkauft werden, fordert Städele sogar auf, sich selbst zu versorgen. Auch solle man an eine warme Decke denken. Schließlic­h könne es kalt werden – und aussteigen dürfe man nur, wenn man auf die Toilette müsse.

Wie wichtig den „Freunden der Linse“, die damit auch gegen das Vergessen der Kulturform Kino gegensteue­rn wollen, das Projekt ist, zeigt auch die Finanzieru­ng. „Es wäre toll, wenn wir plus/minusnull herauskomm­en“, sagt Städele.

Sollte es aber nicht reichen, haben die Ehrenamtli­chen das Projekt mit einer privaten Ausfallbür­gschaft abgesicher­t. 5500 Euro haben die sechs Ehrenamtli­chen hinterlegt. Geld, das eigentlich für die Urlaube gedacht war. „Aber die fallen nun ja wahrschein­lich ohnehin aus“, nimmt es Städele locker. Doch bekommt das Team auch Unterstütz­ung von der Bürgerstif­tung Ravensburg, die weitere 2000 Euro als Sicherheit beisteuern. Wenn am Ende doch ein wenig Gewinn erzielt werden kann, soll das Geld auf ein Konto fließen, sodass im Herbst neue ehrenamtli­che Kulturproj­ekte entstehen könnten. Weitere Filmvorfüh­rungen können sich die Ehrenamtli­chen für den Sommer aktuell noch nicht vorstellen. „Wenn die sechs Tage durch sind, sind wir es sicher auch“, sagt Städele lachend, deren Blick sich nun aber erst einmal auf die Besucher richtet. „Wir hoffen, dass viele Leute kommen und Spaß haben. Und wir wollen dazu motivieren, dass die Leute wieder selbst anpacken.“

Initatorin Hermine Städele

„Wir wollen mit Spaß wieder Kino machen und den Menschen im Schussenta­l etwas Abwechslun­g in tristen Corona-Zeiten bieten.“

Karten für das Autokino in Weingarten gibt es online unter: www.autokino-weingarten.de

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FOTO: JAN WOITAS/DPA So ähnlich soll es in Weingarten an Christi Himmelfahr­t und Pfingsten auch aussehen.

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