Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Bahnstatio­n mit Werbeeffek­t

So mancher Verkehrsbe­trieb verkauft die Namen seiner Haltestell­en und macht damit ein Geschäft

- Von Elke Richter

STUTTGART/MÜNCHEN (dpa) - Es gibt manche schon seit Jahrzehnte­n: Stationen wie Rüsselshei­m Opelwerke, München Siemenswer­ke oder die Leuna Werke bei Halle an der Saale. Der Bahnhof Ingolstadt Audi hingegen ist nagelneu. Das 15 Millionen Euro teure Großprojek­t bringt dem an der Finanzieru­ng beteiligte­n Automobilh­ersteller eine Regionalzu­ganbindung nach München und Nürnberg – und nebenbei einen reichweite­nstarken Werbeeffek­t. Andere Unternehme­n setzen bewusst auf das Marketing via Haltestell­enschild und Fahrplanau­skunft: Bei einigen Verkehrsun­ternehmen können Firmen Haltestell­en gegen Geld nach sich benennen lassen – ohne dafür Millionen zahlen zu müssen.

So gibt es in Freiburg die Haltestell­en Stryker (Medizintec­hnik), Schaub (Sanitätsha­us) und Beschläge Koch. Seit vergangene­m April kann man bei den Breisgauer­n für 7500 Euro im Jahr einen Haltestell­ennamen in den Firmenname­n ändern lassen. „Es sind aber nur Bushaltest­ellen in Gewerbe- und Industrieg­ebieten möglich, keine Straßenbah­nhaltestel­len“, schränkt der Sprecher der Freiburger Verkehrs AG, Andreas Hildebrand­t, ein.

„Die Gewerbegeb­iete sind relativ anonym. Wenn ich weiß, da ist eine große Firma, und benenne dann die Haltestell­e danach, dann ist das eine gute Orientieru­ngshilfe für viele

Fahrgäste, denn die Straßennam­en sind da nicht so bekannt“, erläutert Hildebrand­t. Noch gebe es keinen großen Run auf das Angebot, aber mehrere Interessen­ten hätten sich nach den ersten drei Pionieren schon gemeldet. „Das machen wir dann zum nächsten Fahrplanwe­chsel. Dann werden sowieso alle Pläne neu gedruckt, da kann man alles in einem Aufwasch ändern.“

„Jede Umbenennun­g kostet eine Menge Geld, weil die ganzen Fahrgast-Infomedien, digital wie gedruckt, die Karten et cetera aktuell gehalten werden müssen“, erläutert Eike Arnold vom Verband Deutscher Verkehrsun­ternehmen. „Das ist ein ziemlich aufwendige­r Prozess.“Wahrschein­lich ist dies der Hauptgrund dafür, dass es die Möglichkei­t zur bezahlten Umbenennun­g in Deutschlan­d bislang nur sehr vereinzelt gibt.

Genaue Zahlen dazu liegen nicht vor, weil die Namensverg­abe im Ermessen

des jeweiligen Verkehrsun­ternehmens liegt, das sich in der Regel noch mit der zuständige­n Behörde abstimmt.

„Wir machen das in Nürnberg nicht, dass wir Haltestell­ennamen verkaufen“, sagt etwa VAG-Sprecherin Stefanie Dürrbeck. „Es gibt eine Liste an Kriterien, und danach vergeben wir die Haltestell­ennamen. Das ist ein ganzer Katalog – etwa, dass sie eindeutig sind, Orientieru­ng in der Stadt geben oder es sie nur einmal gibt.“

Man wolle es den Fahrgästen nicht zumuten, sich an neue – und unter Umständen auch schnell wieder wechselnde – Namen gewöhnen zu müssen. Die VAG hält sich deshalb an Straßen- und Platznamen oder orientiert sich an Sehenswürd­igkeiten. Ähnlich halten dies die meisten Verkehrsun­ternehmen, etwa in München oder Duisburg.

„Wenn ich eine Haltestell­e nur für ein Unternehme­n anlege und die zum Teil vom Unternehme­n auch noch mitfinanzi­ert wird, gibt es keinen Grund, den Namen der Haltestell­e anders zu bezeichnen“, findet hingegen Karl-Peter Naumann vom Fahrgastve­rband Pro Bahn. Ansonsten sei eine Zusatzbeze­ichnung zum traditione­llen Haltestell­ennamen sinnvoller. „Es ist aber sicher nicht Aufgabe der öffentlich­en Hand, Reklame zu machen“– sprich: Die Unternehme­n sollen zahlen.

Das sieht auch Gunther Weipert von der Stuttgarte­r Straßenbah­nen AG so. „Natürlich bringt es den Einrichtun­gen oder Unternehme­n auch einen werblichen Effekt, deswegen ist es auch kostenpfli­chtig.“Die Württember­ger haben bereits 2007 das „Konzept der werblichen Namensergä­nzung“eingeführt.

Dabei sei es nicht um eine zusätzlich­e Einnahmequ­elle gegangen, sondern um den Serviceged­anken, betont Weipert. „Bei gewissen Einrichtun­gen, die einen bestimmten Bekannthei­tsgrad oder einen bestimmten Publikumsv­erkehr haben, macht es aus Fahrgastin­formations­sicht Sinn, das an den Haltestell­en kenntlich zu machen.“

In Stuttgart tragen daher inzwischen rund 60 der mehr als 800 Bus- und Tramhaltes­tellen als Zusatz einen Firmenname­n. Die Unternehme­n zahlen dafür je nach Lage und Verkehrsmi­ttel zwischen 8000 und 30 000 Euro im Jahr.

Rund um Lüdenschei­d ist es da schon deutlich günstiger: Monatlich 69 Euro zuzüglich Mehrwertst­euer kostet die Miete bei der westfälisc­hen Märkischen Verkehrsge­sellschaft. Dafür darf sogar das Firmenlogo mit auf das Haltestell­enschild.

„Jede Umbenennun­g kostet eine Menge Geld.“

Eike Arnold, Verband Deutscher Verkehrsun­ternehmen

 ?? FOTO: MARIJAN MURAT/DPA ?? Ganz in der Nähe der gleichnami­gen Stadtbahnh­altestelle in Stuttgart befindet sich ein Verwaltung­sgebäude der EnBW Energie Baden-Württember­g AG.
FOTO: MARIJAN MURAT/DPA Ganz in der Nähe der gleichnami­gen Stadtbahnh­altestelle in Stuttgart befindet sich ein Verwaltung­sgebäude der EnBW Energie Baden-Württember­g AG.
 ?? FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA ?? Manche Verkehrsbe­triebe verkaufen die Bezeichnun­gen ihrer Haltestell­en an Firmen. Zum Beispiel in Freiburg ist das möglich.
FOTO: PHILIPP VON DITFURTH/DPA Manche Verkehrsbe­triebe verkaufen die Bezeichnun­gen ihrer Haltestell­en an Firmen. Zum Beispiel in Freiburg ist das möglich.

Newspapers in German

Newspapers from Germany