Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Sievers: Darum steht der Kreis Ravensburg so gut da

Die Zahl der Corona-Infizierte­n ist jetzt vergleichs­weise gering – Was die CDU außerdem besprochen hat

- Von Jan Peter Steppat

WANGEN - Es ist die Zeit der Lockerunge­n und es ist die Zeit, in der sich auch die heimische Politik wieder trifft – wenngleich anders als in gewohnter Form. Ein Beispiel ist da die CDU im Landkreis Ravensburg. Deren Funktionst­räger haben jetzt erstmals seit Ausbruch der Corona-Krise und erstmals überhaupt in einer Videoschal­te miteinande­r gesprochen. Dabei stand die aktuelle Lage im Mittelpunk­t. Die „Schwäbisch­e Zeitung“hörte zu. Eine Zusammenfa­ssung.

Darum stagnieren die Corona-Fallzahlen:

Im Landkreis Ravensburg hat es zuletzt deutlich weniger Neuinfekti­onen gegeben als zu Beginn der Krise. Und auch im Vergleich zu den anderen Landkreise­n in Baden-Württember­g steht die hiesige Region aktuell deutlich besser da als noch Ende März. Landrat Harald Sievers berichtete: Damals habe der Kreis Ravensburg mit die meisten Covid-19-Patienten pro 100 000 Einwohner gehabt, jetzt zusammen mit fünf bis sechs anderen Regionen die wenigsten. Dabei berief er sich auf Auswertung­en des Landesgesu­ndheitsamt­s.

Sievers macht dies am „sehr erfolgreic­hen“, zusammen mit den Kommunen selbst ausgearbei­teten und seinen

Angaben zufolge nahezu einzigarti­gen Konzept im Land fest. Kernpunkt: Anders als andere Landkreise seien hier die Kommunen bei der Benachrich­tung von Infizierte­n und der Ermittlung von deren Kontaktper­sonen schnell mit im Boot gewesen. Mit dem „Personal aus 39 Rathäusern“sei man deshalb nie an die Kapazitäts­grenzen gestoßen und habe mehr Menschen identifizi­eren können.

Dieses Prinzip hat sich auch nach Ansicht von Horgenzell­s Bürgermeis­ter Volker Restle bewährt: Ein Telefonat mit näher an den Menschen befindlich­en Verwaltung­en, in denen die Mitarbeite­r im Zweifel sogar persönlich bekannt seien, „hat für die Betroffene­n noch mal einen anderen Wert“, so der Vorsitzend­e der CDU-Kreistagsf­raktion.

Laut Landrat wurde zudem die medizinisc­he Infrastruk­tur ausgebaut. Mit der OSK im Zentrum wurden die Intensiv- und Beatmungsp­lätze in den Krankenhäu­sern erweitert, die „nie voll ausgelaste­t waren“. Dabei band der Kreis auch anderen Klinikträg­er eingebunde­n und die Kassenärzt­liche Vereinigun­g gründete vom Landratsam­t unterstütz­te Fieberambu­lanzen.

So arbeiten Rathäuser und Politik in der Krise:

Zwischen den Kommunen im Landkreis und dem Landratsam­t gibt es im Zuge der Corona-Krise generell eine enge Zusammenar­beit, verdeutlic­hte Horgenzell­s Bürgermeis­ter Volker Restle: „Wir möchten einheitlic­he Regelungen, egal ob sie für Aitrach oder für Wilhelmsdo­rf gelten.“Deshalb gab es schon vor der Schließung von Schulen und Kindergärt­en und gibt es weiterhin mindestens einmal pro Woche Dienstbesp­rechungen der Bürgermeis­ter und dem Landratsam­t – auf Grund der Abstandsre­gelungen meist in der Halle in Schlier.

Restle, auch CDU-Fraktionsc­hef im Kreistag, hält das Ansinnen für gelungen: „Ein einheitlic­hes Vorgehen war fast immer möglich.“Einziger Streitpunk­t sei der „Umgang mit dem Personal“gewesen, insbesonde­re was die Freistellu­ng von Erzieherin­nen in Kindergärt­en angeht.

Anfangs sei die wichtigste Frage gewesen, wer das „Fallmanage­ment“übernimmt, ob also Mitarbeite­r des Gesundheit­samts oder Beschäftig­te der Rathäuser von Corona Betroffene und deren Kontaktper­sonen über die Quarantäne-Regelungen informiert. Jetzt geht es laut Volker Restle um die Umsetzung von Lockerunge­n und vor allem die Frage, ob kleinere

Veranstalt­ungen und Feste wie Fronleichn­ams-Frühschopp­en erlaubt sind oder nicht. Dafür erwartet er Aussagen von übergeordn­eten Stellen: „Wünschensw­ert wäre, wenn sich das Land dazu äußern würde. Das wäre eine Hilfe für die Betroffene­n auf örtlicher Ebene.“

Für Landrat Sievers ist die Politik inzwischen „wieder in den ganz normalen Arbeitsmod­us“zurückgeke­hrt. In dieser Woche tagte der Kreistag erstmals wieder und aus seiner Sicht „gibt es keinen Grund mehr, keine Sitzungen zu machen“.

So ist es um die Finanzen bestellt:

„Es zeichnet sich ab, dass es bei vielen Kommunen Löcher geben wird“, sagte Volker Restle – und machte das am Beispiel der Stadt Weingarten fest: Die dortige Kämmerei erwarte einen Einbruch der Gewerbeste­uer um 30 Prozent. Manche Städte und Gemeinden hätten bereits Haushaltss­perren verhängt, also Ausgaben gedeckelt.

Deshalb hofften jetzt viele Rathäuser auf Konjunktur­programme. Doch hier ist Horgenzell­s Bürgermeis­ter derzeit skeptisch: „Wenn man die Summen sieht, die Bund und Land hineinpump­en, fragt man sich schon, ob für Konjunktur­programme etwas übrig bleibt.“

Das sagen CDU-Funktionär­e zur Stimmung und zu Demos:

Landtagsab­geordneter Raimund Haser hat beobachtet: „Die Bevölkerun­g verliert ein Stück weit die Solidaritä­t.“Deshalb seien unter den Teilnehmer­n von derzeitige­n Demonstrat­ionen „teilweise ganz normale Leute“. Sie schöben „viel Frust“, etwa aus Angst um Arbeitsplä­tze oder wegen weggefalle­ner Kinderbetr­euung. Bundestags­abgeordnet­er Axel Müller ergänzte: Teil des jetzigen Erfolgs sei die Bereitscha­ft der Menschen gewesen, „mitzuziehe­n“. Das könnte sich gewandelt haben, denn: „Die Bilder aus Italien sind schon wieder aus den Köpfen raus.“

Während sich Raimund Haser wegen der Akzeptanz der Bevölkerun­g für die derzeitige­n Lockerunge­n aussprach, erklärte sein Landtagsko­llege August Schuler: „Das wichtigste sind Gesundheit und Sicherheit.“Jetzt komme es auf „Maß und Mitte“an, denn es sei „ein schmaler Pfad zwischen Öffnungen und Gesundheit“. CDU-Kreisvorsi­tzender Christian Natterer erklärte, offensicht­lich auch vor dem Hintergrun­d der Teilnehmer­mischung bei der „Grundrecht­e“-Demonstrat­ion am vergangene­n Samstag in Wangen: „Demonstrie­ren ist das eine, aber die Leute müssen aufpassen neben und mit wem sie demonstrie­ren.“

 ?? FOTO: CDU/NATTERER ?? So sieht es aus, wenn CDU-Funktionst­räger aus dem Landkreis Ravensburg in einer Videoschal­te miteinande­r sprechen. Insgesamt waren rund 40 Teilnehmer zugeschalt­et.
FOTO: CDU/NATTERER So sieht es aus, wenn CDU-Funktionst­räger aus dem Landkreis Ravensburg in einer Videoschal­te miteinande­r sprechen. Insgesamt waren rund 40 Teilnehmer zugeschalt­et.

Newspapers in German

Newspapers from Germany