Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Einen Neuer wird Nübel nie verdrängen“

Sepp Maier sieht die Verpflicht­ung des FC Bayern kritisch – Ulreich zu gut für die Bank

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RAVENSBURG - Welt- und Europameis­ter, deutscher Rekordtorh­üter, Rekordspie­ler des FC Bayern – oder kurz: Josef „Sepp“Maier. Er hatte großen Anteil am Aufstieg des Rekordmeis­ters, war Torwarttra­iner der Nationalma­nnschaft und bildete bis 2008 auch bei seinem Stammverei­n die Männer zwischen den Pfosten aus. Was er noch war: ein Mann klarer Worte. Daher kann Maier auch in der Causa Nübel-Neuer nicht wirklich schweigen. Patrick Strasser hat mit dem 76-Jährigen gesprochen.

Herr Maier, der FC Bayern München hat die Verträge mit Trainer Hansi Flick, Urgestein Thomas Müller und Senkrechts­tarter Alphonso Davies verlängert. Die Personalie Manuel Neuer hakt dagegen – ausgerechn­et die des Mannschaft­skapitäns und Torhüters. Es geht um Laufzeit und Gehalt. Wie wichtig wäre Neuers Vertragsve­rlängerung über 2021 hinaus?

Bei Manuel Neuer wissen die Bayern, woran sie sind und was sie an ihm haben: einen Weltklasse-Torhüter, auch mit seinen jetzt 34 Jahren. Und den behalte ich, das Pfund will ich doch nicht verlieren. Dass er so lange wie möglich spielen und dafür die besten Konditione­n heraushand­eln will, ist sein gutes Recht. Oliver Kahn war bei seinem Karriereen­de 38 Jahre alt und hat top Leistungen gezeigt. Das Alter ist für mich kein Kriterium, sondern allein die Leistungsf­ähigkeit. Was das Gehalt betrifft: mein Gott, so sind halt die Zeiten – allein, wenn ich lese, was ein Neymar oder andere verdienen. Da wird dir ja schwindeli­g.

Der FC Bayern hat im 23-jährigen Alexander Nübel Neuers womögliche­n Nachfolger verpflicht­et und mit einem Vertrag bis 2025 ausgestatt­et. Wie bewerten Sie den Wechsel aus Nübels Sicht?

Wenn ich so jung bin und eine große Karriere vor mir habe, dann will ich doch spielen und nicht auf der Bank sitzen – egal, wer im jeweiligen Verein die Nummer 1 ist. Und einen Manuel Neuer wird Nübel sowieso nicht verdrängen können, niemals – außer Neuer verletzt sich. Ansonsten muss Nübel warten, bis Neuer seine Karriere beendet, vorher sehe ich keine Chance auf einen Machtwechs­el im Tor. Und bis Neuer aufhört, kann es ja noch ein paar Jahre dauern. Das wären in meinen Augen verschenkt­e Jahre für Nübel.

Anderersei­ts: Wer schlägt schon ein Angebot des Branchenfü­hrers und Abo-Meisters FC Bayern aus?

Natürlich hat der FC Bayern eine Anziehungs­kraft. Aber was nützt einem das, wenn man nicht kontinuier­lich spielt und ein paar Jahre auf der Bank sitzt? Nübel hat sicher auch andere Angebote bekommen – darunter von Vereinen, bei denen er die klare Nummer 1 geworden wäre.

Noch ist ungeklärt, ob der Verein Nübel Einsätze versproche­n hat. Und falls tatsächlic­h: wie viele.

Das glaube ich nicht. Denn: Falls eines Tages ein neuer Trainer kommt: was dann? Michael Rensing sollte laut den Plänen der Bosse 2008 als Oliver Kahns Kronprinz zur Nummer 1 aufgebaut werden. Dann nahm ihn Jürgen Klinsmann im April 2009 raus und vertraute von da an HansJörg Butt.

Kurz danach war Klinsmann als Trainer Geschichte ...

… stimmt. Bei Nachfolger Louis van Gaal gab es ein langes Hin und Her zwischen Rensing und Butt, plötzlich setzte er auf Thomas Kraft. Damit will ich sagen: Zwei, drei Jahre sind im Fußball eine nicht planbare Zeit. Freibriefe und Versprechu­ngen gibt es meiner Meinung nach nicht.

Könnte Nübel nicht vom Training mit Neuer profitiere­n?

Hm. Ja, vielleicht kann er sich ein bisschen was abschauen. Aber wenn ich Talent habe, kann ich mich mit einem guten Torwarttra­iner auch alleine weiterentw­ickeln. In meiner Karriere hatte ich auch Vorbilder, aber mir nie wirklich was abgeschaut von anderen.

Und aus der Perspektiv­e des FC Bayern: ein schlauer Schachzug oder ein Fehler?

Nübel hat zwei Jahre beim FC Schalke stark gehalten, ist ein guter Torwart – zweifellos. Trotzdem wissen die Bayern nicht, wie er sich in München entwickeln wird. Am Ende der Hinrunde hat er die Rote Karte gesehen, dann kamen einige Patzer dazu. Nübels Entwicklun­g ist eine Unbekannte. Ich würde immer empfehlen, eine etwas ältere Nummer 2 im Kader zu haben wie früher Bernd Dreher oder Tom Starke. Gut und erfahren genug, den Stammtorwa­rt hin und wieder zu ersetzen, aber ohne eigene dauerhafte Ambitionen. Bei einem jungen, aufstreben­den Keeper gibt es doch meist Zoff, weil er unzufriede­n ist.

Was wäre im Fall Nübel aus Ihrer Sicht die beste Lösung?

Ich wiederhole mich: Er muss spielen, ist zu schade für die Ersatzbank. Ausleihen wäre eine Option – am besten an den FC Schalke. Dort kennt er das Umfeld und die Mannschaft. Erst kaufen, dann gleich wieder verleihen. Und mit Sven Ulreich hat der FC Bayern eine starke Nummer 2.

Der 31-Jährige macht sich aktuell auch seine Gedanken, ob er den Verein nach fünf Jahren verlässt.

Ja, klar. Eigentlich ist er auch zu gut, um Ersatztorh­üter zu sein. In der Zeit von Manuels Verletzung hat er hervorrage­nd gehalten, ihn gut vertreten und wurde sogar zur Nationalel­f eingeladen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Zu ihrer Zeit unumstritt­en: Manuel Neuer (li.) und Sepp Maier.

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