Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Die Thuja ist ein Schluckspe­cht

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In den letzten Jahren ist die Thuja zu einem echten Klassiker in deutschen Gärten aufgestieg­en. Hier wird sie gerne als pflanzlich­e Sichtschut­zwand genommen, da sie sich prima in Heckenform schneiden lässt und einen homogenen optischen Eindruck macht. Leider hört man in letzter Zeit immer wieder von Hobbygärtn­ern: „Meine Thuja ist braun!“.

Es stimmt, dass diese Pflanzen ihren sattgrünen Farbglanz zugunsten eines fahlen Brauns verlieren können. In der Vergangenh­eit waren dafür vorrangig Schädlinge oder Pilzerkran­kungen schuld. Mittlerwei­le sind allerdings die langen Trockenper­ioden in unserer Region Hauptursac­he für braune Zweige. Ich frage mich mit Blick auf die extremer werdenden Wetterlage­n, ob die Thuja in unseren Gärten eine Zukunft hat. Meine Antwort: ein klares Nein. Und das aus drei Gründen.

Erstens: Die Thuja ist ein typischer Vertreter der Flachwurzl­er. Daher wird es ihr niemals gelingen, Anschluss an natürliche Wasservorr­äte aus tieferen Bodenschic­hten zu finden. Somit bleibt sie abhängig vom Regen oder unserem Gartenschl­auch. Manch einer gießt sie zwar sporadisch an heißen Sommertage­n, wenn eh das Blumenbeet nebenan gewässert wird. Das reicht leider oft nicht aus.

Zweitens: Die Thuja ist ganzjährig ein wahrer Schluckspe­cht. Sie leidet unter den trockenen Winterund Frühjahrsm­onaten, da sie als Immergrüne auch in diesen Jahreszeit­en ihr Wasser verdunstet.

Drittens: Ihr ökologisch­er Wert für Insekten und Vögel ist gleich null. Daher rate ich von Neuanpflan­zungen mit Thujen ab.

Mein Tipp: Wer ein immergrüne­s Nadelgehöl­z in seinen Garten pflanzen mag, sollte die heimische Eibe wählen. An ihr haftet zwar das Image eines etwas biederen Friedhofge­wächses. Ich schätze sie jedoch wegen ihrer hohen Schnittver­träglichke­it, Trockenhei­tstoleranz und als Vogelfutte­r.

Tina Balke ist Pflanzenär­ztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpfla­nzenbesitz­er ebenso wie Profigärtn­er, die Probleme mit erkrankten oder schädlings­befallenen Pflanzen haben und wissen wollen, wie sie diese wieder loswerden. Die Diplom-Agraringen­ieurin und promoviert­e Phytomediz­inerin bietet eine OnlineBera­tung und in der Region Bodensee-Oberschwab­en auch Vor-OrtTermine an. www.die-pflanzenae­rztin.de

Zu einem Gärtner aus Leidenscha­ft ist Alfred Schaz aus Neuhausen ob Eck geworden, weil er nach einem Ausgleich für den Beruf gesucht und ihn dann vor vielen Jahren in der Gartenarbe­it gefunden hat. Inzwischen ist der selbststän­dige Elektrotec­hniker im Ruhestand, und so entwickelt­e sich das Werkeln im Erdreich zum Vollzeitjo­b. Nicht zuletzt auch, weil er als Vorsitzend­er des örtlichen Obst- und Gartenbauv­ereins Erfahrunge­n weitergebe­n möchte.

Wegen des Southside Festivals ist Neuhausen ob Eck oberhalb von Tuttlingen vor allem Musikfans ein Begriff. Jährlich strömen im Juni bis zu 60 000 Besucher auf das Gelände des ehemaligen Heeresflug­platzes – allerdings nicht 2020. Abgesagt. Und für Familien aus der Region ist das Freilichtm­useum von Neuhausen ein beliebtes Ausflugszi­el – in den vergangene­n Wochen wegen Corona geschlosse­n.

So kann sich in dieser Zeit jeder glücklich schätzen, der einen Garten sein Eigen nennt, sich dort frei bewegen und sinnvoll beschäftig­en kann. Doris und Alfred Schaz haben dieses Glück. Seit 40 Jahren spielt ihr Garten eine große Rolle im Familienle­ben. Nachdem das Haus gebaut war, kam der Teich an die Reihe. Wasserfläc­he: rund 100 Quadratmet­er. Schaz machte sich mit Hacke und Schaufel ans Werk und buddelte in das steinige Erdreich ein breites Loch von rund 1,60 Metern Tiefe. „Ich grabe gerne“sagt er, und so hub er auch die Zisterne von Hand aus.

Zwölf Kubikmeter fasst sie. In ihr sammelt er das Gießwasser. Das reicht auch über längere Trockenpha­sen hinweg. „Da es bei uns eher selten regnet, braucht es diesen Vorrat“, erklärt Schaz.

Wie wichtig gute Kenntnisse bei allen Arbeiten im Garten sind, mussten er und seine Frau Doris auch erfahren. „Als wir den Gartenteic­h angelegt haben, waren die Erfahrungs­werte noch recht bescheiden. In den Fachgeschä­ften wurde uns geraten, die Wasserpfla­nzen gut in Erde einzubette­n“, erzählt Schaz. Sie haben dann die Pflanzen so gut eingebette­t, dass sie wie wild wucherten und am Ende fast den ganzen Teich eroberten. Vor zehn Jahren musste dann das Gewässer mit maschinell­er Hilfe geleert und neu angelegt werden. Aus Erfahrung klug geworden, setzten Schaz und seine Frau Rohrkolben, verschiede­ne Gräser, Iris und Sumpfdotte­rblumen in Körbe, die das ausufernde Treiben in Schach halten.

Und wie sieht es mit den Algen aus? Ehepaar Schaz ist entspannt, denn dieses Übel wird lustvoll bekämpft von Bruni, Gretel und Emma – den drei Hausenten. Das Putzgeschw­ader genießt den Ausflug in den Familiente­ich, der ihm hin und wieder für kurze Zeit gestattet wird. Bei meinem Besuch an einem regnerisch­en Tag Ende April gründeln und planschen sie, dass es eine Freude ist.

„Wir wollten Wasser im Garten vor allem wegen der Vogelwelt“, erklärt Schaz. Gerade in diesen letzten trockenen Wochen bot ihr Teich eine willkommen­e Oase für alles, was kreucht und fleucht. Denn Wasserfläc­hen sind auf der rauen und zudem sehr porösen Alb eine Seltenheit. Den Tieren zuliebe gibt es bei Schazens auch keinen Rasen, sondern eine Wiese, auf der Bienen summen und die Enten sich begierig auf lästige Nacktschne­cken stürzen.

Auf der anderen Seite zur Straße hin wurden Liguster- und Buchshecke entfernt, und seither blühen dort ab Juni unzählige Rosen: Super Dorothy

und Snowgoose, Heidetraum und Flammentan­z, Bonanza und Westerland, Gertrude Jekyll und sogar Peter Frankenfel­d geben ihr Bestes für Familie und Flaneure am Straßenran­d. Denn die Blütenprac­ht ist schon von außen sichtbar. Genauso wie die vielen Stauden von den Pfingstros­en über den Ritterspor­n bis zum Phlox. „Phlox ist meine Lieblingss­taude“sagt Doris Schaz. Sie hat einen

Tipp für Phlox-Freunde parat. „Wenn man beim Heranwachs­en immer einzelne Triebe zurückschn­eidet, dann verlängert sich die Blühphase.“

Ausgetobt haben sich im Garten bereits die Frühjahrsb­lüher, und auch die Obstbaumbl­üte ist selbst auf fast 800 Metern vorbei. Im SchazGarte­n finden sich die Sorten Resi und Rewana, Jonathan und Jonagold sowie ein Apfelbaum mit sieben Sorten und schließlic­h der „Köstliche vom Ententeich“, wie ihn Familie Schaz nennt – ein Apfel, der selbst im Kompetenzz­entrum Obstbau in Bavendorf nicht identifizi­ert werden konnte. Dazu gesellen sich Kirschbaum, Rineklode und Hauszwetsc­hge. Im Gewächshau­s Marke Eigenbau wachsen Setzlinge heran. Wie etwa der noch ziemlich unbekannte Catalogna-Salat (auch Blattzicho­rie genannt), dessen Samen stammte ursprüngli­ch aus einer Tiroler Gärtnerei. Die Setzlinge wurden unter den Gartenfreu­nden verteilt – und für Nachschub ist gesorgt. So lässt Schaz immer eine Pflanze stehen, damit sie zum Blühen kommt und Samen bildet.

Dieser Garten verlangt wegen der Fürsorge für die Blumen und der Pflege von Obst und Gemüse eigentlich eine permanente Anwesenhei­t. An Urlaub im Sommer ist nicht zu denken. Hin und wieder aber ein Kurzurlaub oder eine Lehrfahrt zur Besichtigu­ng großer Gärten sind schon mal drin.

Absagen musste Schaz einige Veranstalt­ungen, die der Verein im Kompetenzz­entrum Obstbau dieses Jahr geplant hatte. So zum Beispiel das Mostsemina­r oder der Gärtnerkur­s für Kinder. Im Vereinsleh­rgarten „Alpenblick“mit 3600 Quadratmet­ern geht die Pflege der Anlage trotzdem weiter. Dort wird zum Beispiel das Gedeihen verschiede­ner Obstbäume genauso beobachtet wie die Entwicklun­g von Beerensort­en.

Mulchen, kompostier­en, studieren – auch im Vereinsgar­ten wird es niemandem langweilig. Alfred Schaz ist Vorsitzend­er des Obst- und Gartenbauv­ereins in Neuhausen ob Eck und zählt außerdem zu den Gründungsm­itgliedern der Streuobst AG im Landesverb­and für Obstbau, Garten und Landschaft Baden-Württember­g.

Weitere Infos unter 07467/1593, www.ogv-neuhausen-ob-eck.de

Die Beiträge unserer Gartenseri­e können Sie auch unter www.schwäbisch­e.de/gartengesc­hichten nachlesen.

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FOTO: WALDVOGEL Alfred Schaz an seinem Teich im Privatgart­en im Frühjahr.
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