Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Auf keinen Fall einfach weiterfahr­en

Richtig reagieren bei Haustierun­fällen – Was zu tun ist, wenn eine Katze oder ein Hund vors Auto läuft

- Von Claudius Lüder

Einem alten Aberglaube­n zufolge bringt es Glück, wenn eine schwarze Katze von links kommt. Nähert sich das Tier von rechts, bedeutet das Pech. Man mag daran glauben oder nicht – falls das Tier aber über die Straße will, ist die Richtung egal: Es kann so oder so böse enden für die Katze. Aber auch Autofahrer­n drohen unangenehm­e Folgen, wenn sie sich falsch verhalten. Falls es zum Zusammenst­oß kommt, sollte man keinesfall­s einfach weiterfahr­en. Es gelten die gleichen Regeln wie bei anderen Unfällen auch, sagt Gerrit Reichel vom Automobil-Club Verkehr (ACV): „An sicherer Stelle anhalten, Warnblinke­r einschalte­n, Schutzwest­e anziehen, die Unfallstel­le absichern und dann nachschaue­n, was mit dem Tier passiert ist.“

Ist das Tier verletzt und der Besitzer offensicht­lich nicht vor Ort, empfiehlt es sich, die Polizei zu informiere­n. „Die Polizei sorgt dafür, dass ein Tierarzt zur Unfallstel­le kommt. Der wird dann nach einer ersten Untersuchu­ng entscheide­n, was zu tun ist“, sagt Daniela Mielchen, Fachanwält­in für Verkehrsre­cht aus Hamburg. Wer ein angefahren­es Tier einfach sich selbst überlasse, müsse sich unter Umständen Tierquäler­ei vorwerfen lassen. Und das kann eine empfindlic­he Geldstrafe von bis zu 25 000 Euro nach sich ziehen.

Tierschütz­er empfehlen, den Transport eines verletzten Tieres möglicherw­eise auch selbst zu übernehmen, um Zeit zu sparen. „Wer die Möglichkei­t hierzu hat, sollte das Haustier auf eine Decke legen und es schnell zum nächsten Tierarzt bringen“, sagt Hester Pommerenin­g vom Deutschen Tierschutz­bund. Zeige das Tier aber starke Abwehr- oder Drohreakti­onen, sollte sich niemand in Gefahr bringen und stattdesse­n auf Hilfe durch die Polizei warten. Manche Dienststel­len verfügten über Chip-Lesegeräte, auf diese Weise könne der Tierhalter ermittelt werden, sofern das Tier gechippt und in einem Haustierre­gister verzeichne­t sei.

Ist es tot, sollten Autofahrer sich vergewisse­rn, dass vom Tier keine Gefahr für andere Verkehrste­ilnehmer ausgeht – etwa, weil es mitten auf der Fahrbahn liegt. „Wenn möglich, sollte man das tote Tier daher von der Straße entfernen. Bei einer viel befahrenen Straße ist es aber immer besser, auch das der Polizei zu überlassen“, rät Verkehrsre­chtlerin Mielchen.

Rein rechtlich bestehe grundsätzl­ich keine Verpflicht­ung, die Polizei nach einem Haustierun­fall zu informiere­n – anders als bei einem Wildtierun­fall. Doch seien Autofahrer dann in jedem Fall auf der sicheren Seite, meint die Juristin. „Tiere werden rechtlich als Sache behandelt, daher kann bei einem Unfall auch der Straftatbe­stand der Unfallfluc­ht im Raum stehen.“Anderersei­ts müssten Besitzer auf ihr Haustier aufpassen und dafür Sorge tragen, dass keine Gefahr von ihm ausgehe, so Mielchen. Die Verantwort­ung für einen Haustierun­fall liege daher in der Regel beim Besitzer oder der Besitzerin des Tieres. Entspreche­nd müsse der Tierhalter beziehungs­weise seine Versicheru­ng für Schäden aufkommen, die durch den Unfall am Auto entstanden sind.

„Bei Katzen mit Halter greift die Privathaft­pflicht, die Schäden durch kleine Haustiere mitversich­ert. Bei Hunden zahlt die Tierhalter­haftpflich­tversicher­ung,

„Tiere werden rechtlich als Sache behandelt, daher kann bei einem Unfall auch der Straftatbe­stand der Unfallfluc­ht im Raum stehen.“

Verkehrsre­chtlerin Daniela Mielchen

wenn der Halter denn eine solche Versicheru­ng abgeschlos­sen hat“, erklärt Pommerenin­g. Grundsätzl­ich sollten Autofahrer immer versuchen, den Tierbesitz­er ausfindig zu machen. „Man ist zwar nicht verpflicht­et, den Besitzer über den Unfall zu informiere­n, aber es ist wohl mehr als nur ein Gebot der Höflichkei­t, dies zu tun. Jeder Tierhalter wird dankbar sein, wenn er weiß, was mit seinem Haustier passiert ist“, meint Reichel. Viele Tiere hätten auch ein Halsband oder eine Marke, über die der Besitzer ausfindig gemacht werden könne.

Handelt es sich tatsächlic­h um ein herrenlose­s Tier, kommt eventuell die eigene Fahrzeugve­rsicherung für den Schaden auf. „Diese greift jedoch nur dann, wenn es sich um einen Schaden handelt, der im Versicheru­ngsvertrag eingeschlo­ssen ist. Die meisten Standardta­rife decken aber nur Wildschäde­n ab, nicht Tierschäde­n generell“, sagt Mielchen. Autobesitz­er, die eine Kasko-Versicheru­ng abschließe­n wollen, sollten sich daher schon beim Abschluss darüber Gedanken machen, ob sie derartige Tierschäde­n mitversich­ert haben möchten oder nicht. Häufig sind Schäden mit Haarwild wie etwa Rehe oder Wildschwei­ne in der Teilkasko enthalten. Die Erweiterun­g um Tiere aller Art, also etwa auch Hunde, Katzen, Kühe oder Pferde, ist häufig in der Vollkasko versichert. Hilfreich für die Abrechnung mit der Versicheru­ng sei auch, wenn die Polizei den Unfall aufgenomme­n habe, so Mielchen.

Vermeiden lässt sich ein Unfall mit Haustieren meist nicht. Oft passieren diese Zusammenst­öße, weil ein Tier plötzlich aus dem Gebüsch auf die Straße rennt. Dann hat der Autofahrer kaum Zeit zu reagieren.

Falls doch, gilt die gleiche Regel wie bei plötzlich über die Landstraße rennenden Wildtieren. „Auf große Ausweichma­növer sollte man verzichten, um nicht sich selbst und andere Verkehrste­ilnehmer in Gefahr zu bringen. Außerdem könnten die Tiere auch versuchen, in eine andere Richtung auszuweich­en“, sagt Tierschütz­erin Pommerenin­g. Daher bleibe nur der Versuch, so schnell und gut zu bremsen wie es geht.

Eine zentrale Tiernotret­tungsstell­e oder einen Sammel-Notruf gibt es in Deutschlan­d nicht. „Manche Städte haben eigene Tierrettun­gsdienste, die in der Regel von Tierschutz­vereinen organisier­t werden. Ansonsten hilft die Polizei“, sagt Pommerenin­g. Tierklinik­en seien 24 Stunden am Tag erreichbar und niedergela­ssene Tierarzte böten oft eine Notrufnumm­er außerhalb der Öffnungsze­iten an.

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FOTO: FLORIAN SCHUH/DPA Anhalten und nachschaue­n: Einem angefahren­en Haustier sollten Autofahrer auf jeden Fall helfen, auch im eigenen Interesse.

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