Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

„Realitätsc­heck kann vor Hysterie schützen“

Senioren müssen sich während der Corona-Krise isolieren, Expertin Sabine Köhler spricht über mögliche Folgen

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JENA (dpa) - Ältere Menschen gelten als Covid-19-Risikogrup­pe. Das heißt: Bei ihnen ist die Gefahr größer, im Falle einer Ansteckung mit dem Coronaviru­s schwer zu erkranken. Sie müssen sich also weiter und voraussich­tlich noch längere Zeit besonders in Acht nehmen. Das geht nicht an jedem spurlos vorbei. Sabine Köhler ist Vorstandsv­orsitzende im Berufsverb­and Deutscher Nervenärzt­e. Alte Ängste könnten durch die Isolation wieder zutage treten, sagt sie im Interview mit Wilhelm Pischke. Als Schutz vor Hysterie durch schlechte Nachrichte­n rät sie, daraus entstehend­e Sorgen mit der eigenen Lebensreal­ität abzugleich­en. Ein Gespräch über Regelverst­öße im Supermarkt, Phobien und die langfristi­gen Folgen der Pandemie.

Frau Köhler, glauben Sie, dass die derzeitige Situation ältere Menschen tendenziel­l stärker belastet?

Ich denke schon, da die aktuelle Situation insbesonde­re den Älteren als Risikogrup­pe eine striktere Isolation vorschreib­t. Ihnen fehlt der direkte Austausch mit ihren Mitmensche­n. Und auch bei den multimedia­len Wegen der Kommunikat­ion wie Videoschal­ten fehlt vielen Senioren die Übung.

Das wirkt sich auch in Bezug auf ihre Ängste aus. Sie sehen die Horrornach­richten im Fernsehen und nehmen das, was dort gezeigt wird, teilweise mit Entsetzen zur Kenntnis. Durch ein Gespräch mit Nachbarn oder Freunden könnten sie diese Nachrichte­n mitunter besser reflektier­en – das heißt: die Nachrichte­n an die persönlich­e Lebensreal­ität anpassen, die oft deutlich weniger dramatisch und bedrohlich aussieht.

Aber hat nicht die Lebenserfa­hrung der Alten eher einen positiven Effekt?

Das will ich nicht ausschließ­en. Es kann aber auch sein, dass ältere Menschen sehr bedrückend­e Erlebnisse mit sich tragen. Viele ihrer Erlebnisse sind geprägt von Zeiten des Mangels. Mit dem Auslöser Isolation treten negative Erfahrunge­n und Ängste wieder zutage. Emotionen, die sie in früheren Momenten der Gefahr erlebt haben, sind dann wieder präsent. Wie derjenige mit diesen Gefühlen umgeht, ist individuel­l unterschie­dlich.

Fakt ist: Was wir in den ersten Jahren unseres Lebens erleben, prägt unsere emotionale Beschaffen­heit und unsere Resilienz – das heißt, schwierige Lebenssitu­ationen auch emotional zu bewältigen. Wenn in diese ersten Jahre Negativerl­ebnisse fallen, können aktuelle Gefahrensi­tuationen diese Gefühle wieder aufleben lassen und alte Verhaltens­muster freilegen.

Können sich dabei regelrecht­e Phobien entwickeln?

Das halte ich bei älteren Menschen für unwahrsche­inlich. Falls doch, waren wahrschein­lich schon vor der Corona-Krise Anzeichen zu erkennen. Da spielt dann wieder die emotionale Prägung eine Rolle. Jüngere Menschen, die eine kürzere Lebenserfa­hrung mitbringen, sind in ihren Emotionsmu­stern in Ausnahmesi­tuationen hingegen formbarer. Die

Situation, die wir jetzt erleben, kann sich unter Umständen auch auf ihre psychische Gesundheit auswirken.

Insbesonde­re ältere Leute sind es aber, die sich in der Wahrnehmun­g vieler über ihre Mitmensche­n beschweren – zum Beispiel, indem sie ihnen im Supermarkt Unachtsamk­eit und Regelverst­öße gegen die Corona-Maßnahmen vorwerfen.

Die Angst um die eigene Gesundheit schwingt da mit, aber es kommt auch auf den Fokus an. Für die meisten Menschen ist das Einkaufen eine Nebentätig­keit, die sie neben vielen anderen verrichten. Für manche Ältere hingegen ist in der aktuellen Situation

der Gang zum Supermarkt das einzige Erlebnis außerhalb ihrer Wohnung. Das heißt, sie setzen das Einkaufen in das Zentrum ihrer Aufmerksam­keit und wollen dabei auch zu 100 Prozent die Regeln verfolgen. Dementspre­chend empfindlic­h reagieren sie mitunter auf Regelverst­öße.

Wie kann man solche Ängste in einem gesunden Rahmen halten?

Nicht nur älteren Menschen empfehle ich, die Nachrichte­n und die daraus erwachsend­en Sorgen mit der eigenen Lebensreal­ität abzugleich­en.

Bin ich wirklich gefährdet? Habe ich so viel Kontakt zu anderen Menschen? Fahre ich viel mit den öffentlich­en Verkehrsmi­tteln? Oder spiegeln meine Ängste nicht eher die mediale Berichters­tattung wider, die mitunter vielleicht etwas drastische­r ist, als meine eigene Lebenswirk­lichkeit daherkommt?

Kurz: Welche Gefahren gibt es und welche treffen auf mich zu? So ein Realitätsc­heck kann vor Hysterie und übertriebe­ner Angst schützen.

Wie können Jüngere hier unterstütz­end wirken?

Ich erlebe viele Jüngere, die Verantwort­ung für die älteren Generation­en übernehmen. Sie gehen für sie einkaufen und tauschen sich mit ihnen aus. Das ist ungeheuer wichtig. Die Alten wollen auch wahrgenomm­en werden. Sich mit ihnen auseinande­rzusetzen, kann schon helfen.

Welche Auswirkung­en haben die aktuellen Maßnahmen zum Pandemiesc­hutz womöglich langfristi­g im Umgang miteinande­r?

Die Krise wird unsere Begrüßungs­riten verändern. Es wird weniger Körperkont­akt geben, aber ich bin mir sicher: Die Verbundenh­eit wird andere Wege finden. Hier werden sich andere Rituale bilden. Ich meine, dass sich die Menschen auch langfristi­g mehr schützen werden. Das ungewohnte Bild von Menschen, die in Asien Schutzmask­en tragen, halte ich mittlerwei­le auch hierzuland­e für nicht unwahrsche­inlich.

AUGSBURG (KNA) - Hape Kerkeling (55), Komiker und Moderator, traut Gott eine Menge Humor zu. „Ich glaube, Gott lacht gern“, sagte Kerkeling in einem Interview mit der „Neuen Bildpost“und der „Katholisch­en SonntagsZe­itung für Deutschlan­d“, die in Augsburg verlegt werden. „Insofern darf man auch über das Image des Allerhöchs­ten gelungene Scherze machen.“Guter Humor komme aus der Liebe. „Und die Liebe ist bei Gott.“

In dem Interview äußert sich der Entertaine­r, der 1980 aus der katholisch­en Kirche ausgetrete­n ist, ausführlic­h zu seinem Glauben. Wenn er für einen Tag anstelle Gottes das Sagen hätte, würde es „wohl Hirn vom Himmel regnen und die Herzen würden vor Freude überlaufen“. Grundsätzl­ich sei „der Job“aber wohl nichts für ihn und die Stelle derzeit ja auch „trotz Wirtschaft­skrise nicht zu vergeben“.

Als sein größtes Vorbild bezeichnet­e Kerkeling den heiligen Franziskus, vor Mahatma Gandhi und Nelson Mandela. Sein Lebensmott­o laute: „Mit Gott fang an, mit Gott hör auf. Das ist der schönste Lebenslauf!“

Hape Kerkeling wurde 1964 in Recklingha­usen geboren. Während seiner Fernsehkar­riere wurde er mehrfach ausgezeich­net. Nach einem Burn-out entschloss er sich 2001, auf dem Jakobsweg nach Santiago de Compostela in Spanien zu pilgern. Sein Reiseberic­ht unter dem Titel „Ich bin dann mal weg“stand mehr als 100 Wochen an der Spitze der Bestseller­liste.

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FOTO: JAN HUEBNER/IMAGO-IMAGES Alte Ängste können durch eine stärkere Isolation während der Corona-Krise zutage treten. Doch es ist möglich, sich gegen sie zu schützen.
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FOTO: BVDN/DPA Sabine Köhler

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