Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
„Brocken-Benno“feiert 88. Geburtstag standesgemäß
Der Rekordwanderer Benno Schmidt verbringt seinen Ehrentag auf seinem Lieblingsberg
SCHIERKE AM BROCKEN (dpa) - Der 1141 Meter hohe Brocken zieht ihn an wie ein Magnet. Der deutschlandweit bekannte Wanderführer „Brocken-Benno“aus dem Harz hat es mit seinen Tausenden von Auf- und Abstiegen mehrfach ins GuinnessBuch der Rekorde geschafft.
Bei Wind und Wetter ist er seit 30 Jahren fast täglich zum Brocken gelaufen, Zehntausende Kilometer über Stock und Stein. Hunderte Höhenmeter hat er dabei jeweils überwunden, mit eiserner Disziplin und Faszination für das Schauspiel der Natur.
Der Harzer Rekordwanderer Benno Schmidt alias „Brocken-Benno“hat auch an seinem 88. Geburtstag den Blick vom 1141 Meter hohen Brocken genossen. „Gut 150 Menschen haben ihm applaudiert und ein Ständchen gesungen“, sagte Friedhart Knolle, Sprecher der Harzer Nationalparkverwaltung.
Dort habe er die Urkunde für den 8888. Aufstieg vom 11. Januar in Empfang genommen. An seinem Ehrentag erklomm „Brocken-Benno“, der an Krebs erkrankt ist, den Harzgipfel ausnahmsweise im Auto.
„Ich bin zu geschwächt von drei Operationen und der Chemotherapie“, begründete er die Entscheidung. Und äußerte einen Wunsch: Auch seinen 90. Geburtstag möchte der umtriebige Senior auf seinem Lieblingsberg feiern.
Sonst wandert „Brocken-Benno“fast täglich bei Wind und Wetter auf den Brocken. Rasten komme für ihn nicht infrage, sagt der abgehärtete Mann, den selbst strömender Regen beim 7000. Aufstieg nicht aufhielt. Statt wie sonst fast täglich am Brocken
zwölf Kilometer Wanderstrecke zu absolvieren, dreht er derzeit in der Umgebung von Wernigerode (Landkreis Harz) seine Runden. Mit Ehefrau Helga, die ihn auf seinen Gipfelwanderungen strammen Schrittes bisher 1250-mal begleitet habe, treibt er zu Hause Sport – mit Blick auf den Brocken, so Benno Schmidt.
Der Berg war bis zum Fall der Mauer militärisches Sperrgebiet. Heute gilt der Brocken als Symbol der Einheit. Wanderfreunde aus der ganzen Welt zieht es hinauf – vom Tal in Sachsen-Anhalt oder Niedersachsen aus. Für sein Engagement für die Natur wurde „Brocken-Benno“– den Spitznamen haben ihm Wanderfreunde verliehen – mehrfach geehrt, bekam Anerkennung von Prominenten wie etwa dem weltberühmten Bergsteiger Reinhold Messner.
Den 3. Dezember 1989 werde er nie vergessen, erzählt Schmidt. „Das war ein Glücksgefühl ohnegleichen, dass wir wieder auf den Brocken hoch durften“, sagt er. Seit 1961 war der Berg für Wanderer gesperrt. „Ich konnte ihn sehen, ich durfte 28 Jahre lang nicht hoch, das war schlimm“, sagt der frühere Verwaltungsangestellte, der in Bochum geboren wurde.
„Ich habe viel erlebt“, sagt er. In Büchern, Vorträgen und auf unzähligen Führungen durch die Natur hat „Brocken-Benno“seine Erfahrungen weitergegeben, wurde deutschlandweit auch über Fernsehsendungen bekannt.
Sachsen-Anhalts Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) verlieh ihm 2018 den Verdienstorden des Landes für sein großes ehrenamtliches Engagement um den Brocken und die gesamte Harzregion. Seiner Initiative sei die Ausweisung zweier neuer Wanderwege zu verdanken, der „Harzer Grenzweg“und der „Teufelsstieg“. Darüber hinaus habe Schmidt die Harzer Wandernadel ins Leben gerufen.
„Man muss immer ein Ziel haben“, sagt „Brocken-Benno“. Für ihn sei das, wieder richtig auf die Beine zu kommen. In zwei Jahren, zum 90. Geburtstag, will er zum 9000. Mal auf den Brocken.
„Das ist locker zu schaffen“, sagt er mit fester Stimme. Etliche Schuhe („gut gedämmt müssen sie sein und passen“) habe er abgelaufen, stets seinen Rucksack mit etwas Proviant – Apfelstückchen, Müsliriegel, Nüsse – und eine Thermoskanne mit Tee und Wechselsachen dabei.
„Langweilig wird es nie“, sagt Schmidt. Fotos in seinem privaten Brocken-Museum beweisen, wie glücklich er ist, wenn er es bis ins hohe Alter zu Fuß auf den Gipfel geschafft hat.