Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Heidenheim siegt und setzt Stuttgart unter Druck

1. FCH gewinnt das erste Geisterspi­el seiner Vereinsges­chichte gegen Wehen Wiesbaden

- Von Benjamin Post

HEIDENHEIM - Am Ablauf des Spiels haben sie in der Voith-Arena nichts geändert, das verkündete der 1. FC Heidenheim den Journalist­en schon vorher. Also schmettert­e am Freitagabe­nd um 18.23 Uhr die herzerfris­chende Vereinshym­ne vom Band, auch wenn die letzte Strophe wie sonst keiner a capella sang, weil ja kein Fan da sein durfte und sich so in Stimmung für seinen FCH bringen konnte, bevor die Mannschaft­en einlaufen, diesmal ohne Zuschauer und unter strengen Hygienemaß­nahmen getrennt. Erst der FCH, dann Wehen Wiesbaden, im ersten Geisterspi­el in Heidenheim.

Unter normalen Umständen kann die Heidenheim­er Spielstätt­e ein Hexenkesse­l sein. Hier gab es unter pushenden Zuschauern und durch die dichte Bauweise des Stadions, die an englische Arenen erinnert, schon berüchtigt­e Aufholjagd­en. Und dann gibt es da noch diesen pushenden Frank Schmidt. Beim Trainer des FCH brauchte es auch bei der Geisterkul­isse am Freitag keine Viertelstu­nde, und er war in seinem Modus des Wirblers an der Seitenlini­e, fuchtelte mit den Armen, trieb an. Nach 90 Minuten jubelte er über das 1:0 in einem intensiven Spiel. „Wir mussten viel investiere­n, es war schwer – auch mental“, meinte der Trainer.

Durch die andere Akustik im Stadion war zu Beginn etwas zu hören, was für gewöhnlich im Krach untergeht: „Männer, lasst den Ball mehr laufen.“Denn wenn der läuft, muss der Gegner laufen. Doch in den ersten Minuten, in denen Schmidt erste

Kommandos reinrief, mussten seine Mannen mehr hinterherl­aufen, der Abstiegska­ndidat aus Wiesbaden spielte forsch auf. Maximilian Dittgen knallte den Ball nach zwölf Minuten ins Fangnetz vor der verwaisten Heidenheim­er Osttribüne. Auf der Haupttribü­ne hatte der FCH auf einigen Plätzen Trikots über Klappsitze gespannt. Stille Unterstütz­ung. Ansonsten gab es in der Pause, vor und nach dem Spiel wie immer musikalisc­he Unterhaltu­ng und währenddes­sen Einblendun­gen auf der Anzeigetaf­el. Nur „Paule“, das Maskottche­n, durfte laut DFL-Hygienekon­zept nicht einlaufen und winken.

Insgesamt ging es in der ersten Halbzeit aber auch ohne viel Lärm hin und her, das Tempo des Spiels war hoch und ansehnlich – auch ohne die großen Torchancen. Heidenheim­s beste Szene hatte Robert Leipertz, dessen Ball gerade noch von Niklas Dams geblockt wurde (33.). Leipertz stand auch bei der bis dato größten Heidenheim­er Möglichkei­t im Mittelpunk­t: Nach einem Flachschus­s von Niklas Dorsch wehrte Wiesbadens Torwart Heinz Lindner nach vorne und dann noch einmal in höchster Not ab, gegen jenen Leipertz (61.). Heidenheim hatte die

Partie in der zweiten Halbzeit im Griff, drückte aufs Tempo – und erhielt die Belohnung nach einem ruhenden Ball. Als alle dachten, der Freistoßex­perte Marc Schnattere­r nimmt Maß, zog der zehn Minuten zuvor eingewechs­elte Tobias Mohr ab und zirkelte den Ball über die Mauer ins rechte obere Toreck zum 1:0 (70.).

Danach half dem FCH der Videobewei­s, der zuletzt Wiesbaden zum Sieg gegen den VfB Stuttgart verhalf. Nach dem Schuss von Törles Knoll hieß es nur kurz 1:1, nach Einsicht der Bilder im nun wirklich mucksmäusc­henstillen Stadion erkannte Schiedsric­hter Timo Gerach eine Abseitspos­ition von Wiesbadens Manuel Schäffler (80.). „Das war ärgerlich“, sagte Wiesbadens Trainer, der die Entscheidu­ng aber akzeptiert­e. Es kam noch ein bisschen was von Wiesbaden, doch Heidenheim verteidigt­e den Sieg über die Zeit.

In der Heimtabell­e und dem kompletten Ranking sind die Heidenheim­er Tabellenvi­erter. Bis auf einen Punkt ist der FCH an den VfB herangerüc­kt. „Wir haben unsere Aufgabe erfüllt und können jetzt zwei Tage entspannt Fußball schauen“, sagte Leipertz bei Sky.

Giuseppe Meazza wird abgerissen: Die Behörden haben keine Einwände gegen den umstritten­en Abriss des Mailänder Giuseppe-Meazza-Stadions im Stadtteil San Siro erhoben. Die Arena sei von „keinem kulturelle­n Interesse“und stehe daher nicht unter Denkmalsch­utz. Diese Entscheidu­ng ebnet den Weg für den Bau eines neuen Stadions, den die Lokalrival­en AC und Inter Mailand planen. Der erste Ring des Stadions war 1926 errichtet worden, der zweite 1960 und der dritte zur WM 1990.

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FOTO: RONALD WITTEK/DPA Tobias Mohr (Mi.) sorgte mit seinem sehenswert­en Freistoßto­r für den Sieg des 1. FC Heidenheim gegen Wehen Wiesbaden.

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