Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mehr Mut, mehr Badstuber

Appell von Matarazzo: Nur mit Qualität kommt der VfB Stuttgart nicht zurück in die Spur

- Von Felix Alex

STUTTGART - Es wird von Experten dieser Tage noch mehr als sonst über die Hintergrün­de einer Mannschaft geredet. Ohne die Fans seien die fußballeri­schen Fähigkeite­n noch wichtiger, heißt es da. Während die Profis ansonsten von den Emotionen nach vorn gepeitscht werden, entscheide nun meist die Qualität. Wäre es so, könnte der VfB Stuttgart in der 2. Liga nun gemütlich Spiel für Spiel seinen Stiefel herunter spielen und ungefährde­t aufsteigen. Doch nicht erst der jüngste Auftritt – der erste nach dem Restart – beim SV Wehen Wiesbaden samt der unglücklic­hen Niederlage und dem strittigen Handelfmet­er in der letzten Minute lassen daran Zweifel aufkommen. Vielmehr scheint es ein tieferes, mentales Problem zu sein, das die Jungs vom Wasen schon seit Monaten hemmt.

Trainer Pellegrino Matarazzo jedenfalls wurde vor dem Gastspiel am Sonntag (13.30 Uhr/Sky) bei Holstein Kiel deutlich und setzte damit seine innerhalb der Woche eingeschla­gene Ausrichtun­g fort: „Wir haben ein offenes und kritisches Gespräch mit den Spielern gesucht“, erzählt er: „Wir haben versucht, den Druck zu erhöhen.“Die Folge: „Es war eine gute Bissigkeit, Härte und auch Emotion im Training zu spüren. Nun hoffen wir darauf, dies auch auf das Spiel am Sonntag zu übertragen“, sagte der VfB-Cheftraine­r. Wo der Hebel angesetzt werden muss, ist bekannt, allein die Umsetzung hapert noch. „Es muss uns bewusst sein, dass wir nicht nur durch unsere Qualität Spiele gewinnen“, betonte Matarazzo. Immerhin bleiben dem zuletzt straucheln­den Marktwert-Primus und aktuellem Relegation­splatz-Inhaber nur noch acht Spiele, um die direkte Rückkehr in die Bundesliga zu schaffen. Acht Spiele, in denen der 42-Jährige von seiner Mannschaft ein anderes Gesicht als zuletzt erwartet.

Es seien vor allem „die Emotionen, die einen begleiten, wenn es hart wird, Gegenwind gibt“, erklärte der Trainer die Blockade. Wenn eine

Chance mal nicht verwertet würde, sei der unumstößli­che Glaube, dass es beim nächsten Mal klappe, nicht immer gegeben. Dem VfB falle es deshalb schwer, das erste Tor zu erzielen. Wenn dies passiert sei, dann laufe es. Doch wenn es nicht gelingt, dann wackelt die Brustringt­ruppe.

Der ganze VfB leidet sozusagen am gomezschen Ketchup-FlaschenPr­oblem. Entweder kommt nichts oder alles, wie so oft bei der Stürmerleg­ende: Viele Treffer oder keine. Das führt zu Problemen. Die Ursache sitzt natürlich im Kopf und ist schwer zu überwinden. „Das geht es um Persönlich­keits- und Charaktere­ntwicklung. Das dauert länger als zwei Tage“, verdeutlic­ht der Trainer.

Doch dauert es eben schon viel zu lange, sodass mittlerwei­le das Ziel Aufstieg etwas wackelt. Als Ausrede will es der Trainer ohnehin nicht gelten lassen. „Es hat niemand gesagt, dass wir diese Weiterentw­icklung abschließe­n müssen, um Spiele zu gewinnen. Wir können auch jetzt Spiele gewinnen.“Daher sei – bis es eben Plopp macht – nötig, dass „jeder Spieler ein bisschen mehr investiert. Für das große Ganze muss man alles auf mehrere Schultern verteilen.“

Und dabei könnte ein klassische­r Mentalität­sspieler, der neben unbestritt­ener Qualität auch vorangehen kann, enorm wichtig werden. Denn nicht nur auf den Rängen war es zuletzt auffallend ruhig. Auch auf dem

Platz war kaum etwas zu hören. Die Lösung vieler Probleme könnte daher den Namen Holger Badstuber tragen. Immerhin kündigte Matarazzo gegen Kiel Veränderun­gen in der Startelf an. „Es ist dabei sehr gut möglich, dass Holger in der Startelf steht.“Über allem stehe jedoch eines: „Es ist sehr, sehr wichtig, dass wir ein Erfolgserl­ebnis haben am Sonntag. Wir brauchen drei Punkte, wir brauchen eine gute Leistung.“

Wenn die Spieler ihr vom Trainer vorgegeben­es Ziel umsetzen und „allen Willen und den Fokus voll auf das 1:0 legen“– dann wäre dem Verein und damit auch den Fans jedoch schon sehr viel geholfen – der Stuttgarte­r Ketchup-Flasche sei Dank.

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FOTO: KEPPLER/IMAGO-IMAGES Trainer Pellegrino Matarazzo (re.) will einen Wandel erreichen, Holger Badstuber (Mi.) könnte helfen.

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