Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Eishockeys­pieler fühlen sich von der Liga erpresst

Gehaltsver­zicht als Voraussetz­ung für eine Lizenz in der DEL sorgt für immer größeren Widerstand der Profis

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KÖLN (SID) - Hinter vorgehalte­ner Hand fallen die Worte „Erpressung“und „Nötigung“. Die Forderung der Deutschen Eishockey Liga (DEL) nach einem 25-prozentige­n Gehaltsver­zicht wegen der Corona-Krise bringt die Profis auf die Barrikaden. Vor allem der enorme Zeitdruck und die mangelnde Informatio­n stoßen auf Kritik.

„Wir wollen den Vereinen gerne helfen und sie nicht im Stich lassen, aber wir wollen Offenheit“, sagte Nationalsp­ieler Moritz Müller von den Kölner Haien. „Wir wollen, dass die Clubs den Spielern zeigen, wo ihre Probleme liegen.“Er tausche sich mit seinem Arbeitgebe­r regelmäßig aus, bei anderen Clubs gibt es dagegen nach SID-Informatio­nen wenig bis gar keinen Dialog. Dass die DEL von allen Clubs das Einfrieren eines Viertels des Jahresgeha­lts ihrer Spieler fordert und davon die Lizenz für die nächste Saison abhängig macht, kann der Silbermeda­illengewin­ner von Pyeongchan­g nicht nachvollzi­ehen. „Eine pauschale Lösung ist aus meiner Sicht nicht möglich, dafür sind die Probleme zu unterschie­dlich“, meinte der 33-jährige Müller. „Uns ist aber wichtig, dass wir nicht unter Zeitdruck zu etwas gedrängt werden, ohne einen Gegenvorsc­hlag einbringen zu können.“

Die DEL hatte vor einer Woche erklärt, dass aufgrund sinkender Einnahmen vor allem im Bereich Zuschauer und Sponsoren selbst bei einem regulären Saisonbegi­nn im September ohne CoronaEins­chränkunge­n ein pauschaler Gehaltsver­zicht „die fairste Lösung“sei. Eine entspreche­nde Einigung der 14 Clubs mit ihren Spielern soll bis Sonntag erzielt sein, dann müssen die Lizenzunte­rlagen eingereich­t sein. Der eine oder andere fühlt sich deshalb erpresst und genötigt. Mit Unverständ­nis und Verärgerun­g wurde auch registrier­t, dass Trainer und Manager nicht auf ein Viertel ihres Gehalts verzichten sollen. Nach dem DEL-Plan sollen den Spielern nur dann mehr als 75 Prozent ausgezahlt werden, wenn ihr Team mehr als drei Viertel der Einnahmen der Vor-Corona-Saison erreicht. Das ist angesichts der wirtschaft­lichen Pandemie-Folgen äußerst unwahrsche­inlich.

Für Müller und DEL-Rekordtorj­äger Patrick Reimer war der DEL-Vorstoß Anlass, die Gründung einer Spielergew­erkschaft zu forcieren. „Wenn nicht jetzt, dann nie, haben wir uns gedacht und sind zusammenge­rückt“, sagte Ex-Nationalsp­ieler Reimer von den Nürnberg Ice Tigers. Der angekündig­te Dialog mit der DEL, heißt es aus Reihen der Spieler, werde verweigert. Mittlerwei­le ist ein Rechtsanwa­lt eingeschal­tet worden. Wird gar nicht gespielt, sind die Einbußen der Spieler noch größer. Nach SID-Informatio­nen ist das monatliche Nettogehal­t bei Kurzarbeit derzeit ligaweit auf 2900 Euro gedeckelt – auch wenn für die neue Saison trainiert und somit zumindest teilweise gearbeitet wird.

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FOTO: DPA Moritz Müller von den Kölner Haien ist einer der Kritiker der DEL-Pläne zum Gehaltsver­zicht.

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