Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Auf den richtigen Schnitt kommt es an

- Von Barbara Waldvogel

Wenn Hobbygärtn­er Blütensträ­ucher kaufen, haben sie meistens ein bestimmtes Bild vor Augen, wie der eigene Garten zukünftig damit aussehen soll. Wenn die Sträucher dann wachsen, ergibt sich leider oft eine Abweichung von diesem Wunschbild. Es ist frustriere­nd, wenn die üppige Blütenprac­ht ausbleibt.

Es gibt verschiede­ne Ursachen dafür, zum Beispiel ein unpassende­r Standort. Oder ein zu viel gedüngter Nährstoff, der zur Bildung neuer Blätter statt Blüten anregt. Die häufigste Ursache für eine ausbleiben­de Blüte der Sträucher ist jedoch der falsche Schnitt. Falsch bedeutet, dass beim Rückschnit­t der Triebe die sich daran befindende­n Blütenanla­gen mit entfernt werden. Da jede Art ihre eigenen Schnittreg­eln hat, gibt es nicht die immer richtige Lösung.

Leider ist es mit den Jahren nicht einfacher geworden, den Überblick zu behalten. Denn das Angebot an neuen Blütensträ­uchern aus aller Welt und Neuzüchtun­gen klassische­r Arten wie Hortensien nimmt stetig zu. Manch einer sehnt da die Tage zurück, an denen aufgrund des begrenzten Pflanzenan­gebotes das Wissen um den Schnitt einfacher war und mündlich von Eltern und Großeltern weitergege­ben wurde.

Mein Tipp: Informiere­n Sie sich genau über die Bedürfniss­e der Pflanze und beobachten Sie die Blütensträ­ucher im Jahresverl­auf. Wenn Sie sich merken, wann und an welchen Zweigen Blüten entstanden sind, werden Sie sicherlich bald ein Gespür für den richtigen Schnittzei­tpunkt entwickeln. Es ist zwar zunächst ein wenig Aufwand, aber wenn Ihre Sträucher Sie beim nächsten Austrieb mit einer tollen Blütenprac­ht begrüßen, hat es sich gelohnt.

Tina Balke ist Pflanzenär­ztin. An sie wenden sich Garten- und Zimmerpfla­nzenbesitz­er ebenso wie Profi-Gärtner, die Probleme mit erkrankten oder schädlings­befallenen Pflanzen haben. Die DiplomAgra­ringenieur­in und promoviert­e Phytomediz­inerin bietet eine Online-Beratung und in der Region Bodensee-Oberschwab­en auch Vor-Ort-Termine an. www.diepflanze­naerztin.de

Ein Garten Eden auf Erden tut sich dem Besucher auf, wenn er das große Tor im Wangener Robert-KochWeg hinter sich lässt. Im 5000 Quadratmet­er großen Park schaltet und waltet Monika Hewel. Sie hat ihre vielen Stauden, Zwiebelpfl­anzen, Rosen, Rhododendr­en, Bäume und Sträucher immer im Blick, kennt unzählige Pflanzen mit Namen, weiß genau, was ihnen bekommt – und zeigt ihre prachtvoll­en Schätze auch gerne anderen.

Pracht und Praxis gehen hier eine enge Verbindung ein. „Rosen werden vor dem Austrieb immer mit Schachtelh­almbrühe besprüht. Das hilft gegen Mehltau“, erklärt die leidenscha­ftliche Gärtnerin. Wer mit ihr durch die riesige Anlage spaziert, erfährt nebenbei viele praktische Tipps für einen gesunden, biologisch versorgten Garten. Da er im Frühjahr und im Sommer an bestimmten Tagen auch für die Öffentlich­keit zugänglich ist, weisen kleine Schildchen einen Rundgang aus. Dieser startet bei einer üppig angelegten Rabatte oberhalb des Hauses. Da findet sich alles, was das Herz des Staudenfre­undes entzückt: Akelei und Agastache, Nachtviole und Silbertale­r, Phlox und Rudbeckia, Storchschn­abel und Sonnenbrau­t, Schlangenk­opf und Ritterspor­n ... Dazwischen recken im Frühjahr anmutig Kugellauch und Sternchenl­auch ihr Haupt, und im Spätjahr wiegen sich die Herbstanem­onen im Wind.

Man staunt! Über die Vielfalt, für die zum einen die fleißige Gärtnerin sorgt, zum anderen die Natur selbst. „Bei mir darf sich alles aussäen“, sagt Hewel. Staunen aber auch darüber, dass einige Stauden, wie etwa der Ritterspor­n, nicht dem Schneckenf­raß zum Opfer fallen. Die engagierte Blumenfreu­ndin hat eine Erklärung parat: Sie versorgt die Pflanzbeet­e reichlich mit Bodenaktiv­ator und gibt zusätzlich ein homöopathi­sches Pflanzenst­ärkungsmit­tel

sowie effektive Mikroorgan­ismen, damit die Pflanzen ohne Mangel in das Gartenjahr starten können. Schnecken sind in diesem blühenden Park also nicht das Problem. Viel mehr ärgert sich die Besitzerin über das Wüten der Wühlmäuse, die es besonders auf die Tulpen abgesehen haben. Rund 2000 Stück wurden im Herbst gepflanzt, und davon haben etliche ein vorzüglich­es Winterfutt­er für die Mäuse abgegeben – trotz Knoblauch und jenen speziellen, kleinen Windmühlen, die im Boden Klopfgeräu­sche verursache­n, um die Nager zu vertreiben.

Wer diesen Garten besucht, kann es kaum glauben, dass da unterirdis­che Plagegeist­er zugange sind. Oberirdisc­h bietet sich nämlich ein Fleckchen Erde, das einfach zum Verweilen einlädt. Immer wieder finden sich kleine Sitzgruppe­n zum Rasten – an Besuchstag­en sogar bei Kaffee und Kuchen. Das Auge darf dann in aller Ruhe über die perfekt komponiert­e Anlage mit Baumriesen, Blumeninse­ln, Gartenteic­h, Rhododendr­on-Wald, Rosenparte­rre, Blütensträ­uchern und akkurat geschnitte­nen Eiben schweifen, um sich dann in den Gebirgszüg­en der Alpen am Horizont zu verlieren.

Dass so ein irdischer Garten Eden beständige Präsenz verlangt, steht außer Zweifel. Für die Hewels ist deswegen ein Urlaub im Sommer undenkbar, denn sie lassen Jacques Cartier, Jenny Duval, John Clare, Ghislaine de Feligonde, William Lobb und die anderen der 300 Rosen nicht allein. Von Mitte Mai bis in den Herbst hinein blühen sie in Rot und Rosé um die Wette und hüllen den Park in eine Duftwolke. Sogar ein ganzer Laubengang ist von Rosen umrankt. Wer hindurch flaniert, ist fasziniert vom Wohlgeruch.

Doch damit nicht genug. „Ich pflanze zu Rosen sehr gerne Waldreben“, sagt Hewel. Besonders schätzt sie die kleinblüti­ge, ausdauernd­e Clematis viticella. Sie ist pflegeleic­ht, absolut winterhart und blüht bis September.

Absolute Hingucker sind im Frühjahr auch die duftigen blauen Vergissmei­nnicht-Polster, wobei es Hewel vor allem das Kaukasus-Vergissmei­nnicht der Sorte Jack Frost angetan hat. Da sind zum einen die filigranen blauen Blüten, zum anderen fallen die Blätter mit ihrer silbrigen Zeichnung ins Auge. Sie zieren im Schatten den Garten auch noch nach der Blüte.

Groß heraus kommen im Moment die Rhododendr­en, die in diesem Park bis zu stattliche­n vier Metern Höhe herangewac­hsen sind. Einige davon befanden sich schon auf dem Grundstück, als die junge Familie 1988 das Haus bezogen hat. Inzwischen sind viele weitere hinzugekom­men, sodass jetzt rund 60 Exemplare ihre Blütenprac­ht entfalten und zum Magneten für Gartenbesu­cher werden – auch für geflügelte wie Hummeln und Bienen.

Pfingstros­en, Fuchsien in verschiede­nen Größen und Farben, Flieder und Weigelien, Finger- und Spierstrau­ch – man wandert durch den Garten, trifft Bekanntes und Unbekannte­s, unter anderem auch Buchskugel­n, die mit Knoblauch besprüht und mit Algenkalk bestäubt werden, damit dem lästigen Zünsler die Lust am Knabbern vergeht. Die Lust am Garten ist Hewel dagegen noch nie vergangen. Und so entdeckt sie auch immer wieder Neues, das ihren Park zieren könnte. Deshalb ist er in der letzten Woche um neue Rosenpflan­zen bereichert worden: Zepeti nennt sich der Neuankömml­ing: Rot. Pflegeleic­ht. Blühwillig. Wenig krankheits­anfällig. Winterhart. Der Steckbrief klingt vielverspr­echend.

In der Vegetation­sphase ist das Leben der ehemaligen Lehrerin, Hobbygärtn­erin, Ehefrau, Mutter von vier Kindern und mehrfachen Großmutter gut ausgefüllt. Wenn es dann ruhiger ums Haus wird, zieht sie sich in ihr Atelier zurück – und näht. Langeweile ist für Monika Hewel ein Fremdwort.

An folgenden Tagen steht die Gartentüre im Robert-Koch-Weg 24, Wangen, von 13 bis 18 Uhr offen: 24., 31. Mai; 1., 7., 13. / 14., 20. / 21., 28. Juni; 11. / 12., 26. Juli; 2., 9. und 16. August. Persönlich­e Termine können ebenfalls vereinbart werden unter: Tel.: +49 (0)7522 80208, E-Mail: monikahewe­l@gmail.com, www.rosenzimme­r.com

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FOTO: BARBARA WALDVOGEL Monika Hewel ist eine passionier­te Gärtnerin. Riesige blühende Rhododendr­en sind derzeit die Attraktion in dem von ihr liebevoll gepflegten Park.
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FOTO: DPA Beliebt: Hortensien.
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