Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
19 Begriffe, drei Abende, eine Kurzgeschichte
Der Aulendorfer Niklas Genter vertreibt sich die Zeit mit einer alten Spiel-Idee
AULENDORF - 19 Begriffe, ein bisschen Inspiration und etwas mehr Freizeit als sonst: der Aulendorfer Niklas Gentner hat in Corona-Zeiten auf ein altes Spiel zurückgegriffen, und sich – und mit dem Ergebnis auch seinem Umfeld – die Zeit vertrieben. Der langjährige Ministrant hat eine neunseitige Kurzgeschichte geschrieben. Geplant war das nicht.
„Die Idee kam mir ganz spontan auf dem Heimweg von der Arbeit im Zug, ich dachte, das könnte lustig sein“, erinnert sich der 19-Jährige an den Tag im April, als er in seiner WhatsApp-Familiengruppe Eltern und Geschwister bat, ihm ein paar Worte zu nennen, mit denen er eine Geschichte erfinden wollte. „Innerhalb von fünf Minuten kamen die ersten, am Abend hatte ich 19 Wörter von sechs Leuten.“
Dass das drei Tage später eine amüsante Kurzgeschichte über den alles andere als entspannten ersten Rententag einer Elektro-Smart fahrenden und Leberkäswecken verspeisenden Frau namens Gertrud sein würde, war an diesem Abend noch völlig offen. Es hätte auch eine Weltraum-Story werden können.
Aber: „Es war schwer, bei den Astronauten alles unterzubringen“, schildert Gentner und erinnert an ihm vorgegebene Begriffe wie Wikingerschach, Frostschutzmittel, Baum oder Sonnenbrand. Spätestens beim Fensterputzer geriet er dann auf Abwege und landete schließlich bei seiner Hauptfigur Gertrud. Ihr darf der Leser nun bei ihrem Renteneintritt folgen, der anders läuft als geplant und der ihr – sketch-artig und mit Details ausgeschmückt geschildert – allerhand überraschende Alltagsabenteuer
bereithält. Dass es mit 19 Begriffen wohl keine ganz kurze Geschichte werden würde, war abzusehen. Dass am Ende, nach jeweils ein paar Schreibstunden täglich, eine neunseitige Kurzgeschichte entstehen würde, aber nicht. Gentner schüttelt den Kopf, als er im Videointerview vom Entstehungsprozess erzählt: „Überhaupt nicht, ich dachte, eine halbe, dreiviertel Seite, aber mir sind immer neue Ideen gekommen beim Schreiben.“
Dabei sei Geschichten zu schreiben gar kein Hobby von ihm. Er schreibe im Rahmen seines Freiwilligendienstes zwar ab und an Artikel für ein Stadtmagazin – der 19-Jährige absolviert nach dem Abitur im vergangenen Jahr derzeit ein Freiwilliges ökologisches Jahr beim Umweltamt in Bad Saulgau – aber: „Geschichten in dieser Art habe ich bisher noch überhaupt nicht geschrieben.“Lesen allerdings gehöre – mit zeitweiser Unterbrechung in jugendlichen Jahren – schon lange zu seinen Hobbys.
Genauso wie das ehrenamtliche Engagement bei den Aulendorfer Ministranten. Seit rund vier Jahren mischt er auch beim Pfarrgemeindeball mit und denkt sich mit seinen Mitstreitern lustige Rollen aus. Als mittlerweile Oberministrant im Leitungsteam organisiert er schon lange die Mini-Hütte für die jüngeren Kinder mit und kümmert sich mit um die wöchentlichen Gruppenstunden. Da sei auch Kreativität gefragt und von dort kommt auch die Begriffe-GeschichtenIdee: „Ich habe mal bei einem Jugendaufenthalt auf einer Hütte den teilnehmenden Kindern Gute-Nacht-Geschichten erzählt. Da habe ich die Kinder, wie jetzt bei dieser Geschichte auch, dazu aufgefordert mir ein paar
Begriffe zu nennen und mir dann innerhalb kürzester Zeit eine Stroy ausgedacht“, erinnert er sich. Nachdem „Der Renteneintritt“im Familienkreis gerne gelesen wurde, überlegte Gentner, dass Geschichte und Idee vielleicht auch zur Erheiterung anderer beitragen könnten und wandte sich an die „Schwäbische Zeitung“. Das Geschichtenschreiben zum Beruf zu machen, schwebt dem jungen Mann indes nicht vor. „Es war jetzt erst mal was Einmaliges, Hobbymäßiges“, sagt er. Seine Zukunftspläne sehen anders aus. Nach seinem Freiwilligen Jahr will er eine Ausbildung zum Garten- und Landschaftsbauer antreten.
Diese Begriffe hat Niklas Gentner für seine Geschichte genannt bekommen: Elektroauto, Fensterputzer, Wikingerschach, Hysterie, Gummibaum, Eiswasser, adäquat, hoffnungsvoll, Frostschutzmittel, Sonnenbrand, Gravitation, Leberkäswecken, Kommunismus, Kaktus, Perspektive, Baum, Jugend, Familie und aktiv. Die daraus entstandene Kurzgeschichte „Der Renteneintritt“gibt es zum Nachlesen auf www.schwaebische.de/ niklaskurzgeschichte