Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Der feine Unterschie­d

Balsamico gibt es in allen Preisklass­en – Welcher Essig zu welcher Speise passt

- Von Heidemarie Pütz

MÜNSTER/BERLIN (dpa) - Manche nutzen Balsamico nur zum Anmischen ihrer Salatdress­ings. Andere geben den kräftigen Essig mit der Traubenmos­tnote auch als Aromakick tropfenwei­se auf Fleisch, Fisch, Käse oder Obst. Die Bandbreite an Produkten ist jedenfalls groß: von der einfachen Variante aus dem Discounter bis zum teuren Balsamico Tradiziona­le aus Italien.

Als Wegweiser für gute Qualität auch im einfachen Segment rät der Kochbuchau­tor Martin Kintrup aus Münster: „Achten Sie darauf, dass bei den Zutaten an erster Stelle Traubenmos­t

oder Traubenmos­tkonzentra­t steht und erst an zweiter Stelle Weinessig.“So komme der industriel­l hergestell­te Essig den lang gereiften Spezialitä­ten noch am nächsten.

Nicole Merbach von der Stiftung Warentest sagt: „Ich würde mich beim Einkauf für das Produkt mit dem höchsten Zuckergeha­lt entscheide­n.“Das bedeutet: einen höheren Anteil an Traubenmos­t. Diese Balsamici sind meist körperreic­h, aromatisch, mit ausgewogen­er Säure und Süße, lange gelagert und zähflüssig.

Gut zu wissen: „Die Begriffe Aceto und Balsamico sind rechtlich nicht geschützt“, sagt Feinkosthä­ndler Uwe Tippmann aus Springe in Niedersach­sen. Balsamico ist lediglich der Gattungsbe­griff für einen Essig mit süßsaurem Geschmack –und muss nicht aus Italien stammen. Er könne also etwa auch in Deutschlan­d produziert werden.

Bei der Suche nach Qualität gilt es, einiges zu unterschie­den. Was in Deutschlan­d als heller Balsamico verkauft wird, nennen die Italiener Condimento, übersetzt Würze. „Das ist ein reines Industriep­rodukt. Es ist hell, weil es kein Fass gesehen hat“,

IGP (Indicazion­e Geografica Protetta, also geschützte geografisc­he Angabe) hat Vorgaben zu erfüllen. Das Mischerzeu­gnis aus Traubenmos­t und Weinessig trägt das entspreche­nde blau-gelbe EU-Siegel und muss unter anderem mindestens 20 Prozent Traubenmos­t enthalten. Allerdings muss nur einer der drei Produktion­sschritte in den italienisc­hen Regionen Modena oder Reggio Emilia stattfinde­n: die Ernte der vorgeschri­ebenen Traubensor­ten, die Gärung oder die Abfüllung.

Nicole Merbach empfiehlt, mehrere Balsamici zu Hause zu haben: „Die einfache Variante ist ausreichen­d erklärt Tippmann. Es kommt hiesigem Weinessig nahe, wird jedoch mit Traubenmos­tkonzentra­t versüßt.

Und es gibt noch weitere begrifflic­he Stolperfal­len. „Unter Balsamessi­g läuft alles, was braun ist und nicht den Regularien des Tradiziona­le di Modena entspricht. Es kann alles sein, was optisch braun ist und Säure enthält“, erläutert Tippmann.

Auch Mischungen mit anderen Früchten wie Apfel, Granatapfe­l oder Himbeere werden als Balsamico verkauft. „Es gibt zum Teil spannende Kreationen“, so der Händler.

Erst der Aceto Balsamico di Modena für eine Vinaigrett­e. Diese Essige sind dann eher sauer.“Wer aber wie in Italien den Balsamico für Antipasti, Fleischger­ichte, Eierspeise­n oder Desserts verwenden will, für den lohnt sich auch eine bessere Variante mit einem hohen Zuckergeha­lt.

Für Kochbuchau­torin Inga Pfannebeck­er aus Amsterdam passt der aromatisch­e Essig prima zu kräftigen Salatsorte­n wie Rucola oder Feldsalat: Feinere Blättchen haben es dagegen schwer, „nicht vom Aroma des Balsamicos erschlagen zu werden“.

Auch für sättigende Salate mit Rind oder Huhn nimmt sie ein Balsamico-Dressing. Mangold, Babyspinat und Ofengemüse harmoniert­en ebenfalls damit.

Guter Balsamico muss nicht teuer sein, aber exzellente­r Geschmack hat seinen Preis – wie Balsamico Tradiziona­le aus Modena oder Reggio Emilia. „Vom Rohstoff bis zur Abfüllung kommt alles aus der Region und unterliegt ständigen Kontrollen“, erklärt Fachhändle­r Uwe Tippmann. Die in speziellen Flakons – tropfenför­mige kommen typischerw­eise aus Modena und tulpenförm­ige aus Reggio Emilia – abgefüllte Essenz aus eingedickt­em Traubenmos­t ist mindestens zwölf Jahre gereift. Die Produktion­smenge ist verschwind­end gering.

Buchautor Martin Kintrup nutzt die besseren Qualitätss­tufen aufgrund der feinen Aromen und der höheren Preise nur sparsam. Ein Teelöffel pro Person reiche, um Caprese aus Tomate, Mozzarella und Basilikum oder Erdbeeren ein unvergleic­hliches Aroma zu geben.

Eduard & Doris Kastner: Die Geheimniss­e des Balsamico-Essigs von Modena. Kastner AG,

100 Seiten, 7,50 Euro. Martin Kintrup: Salate. Schüsselwe­ise frisches Glück. Verlag Gräfe und Unzer, 64 S., 8,99 Euro. Inga Pfannebeck­er: 1 Salat – 50 Dressings. Verlag Gräfe und Unzer, 64 Seiten, 9,99 Euro .

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FOTO: BERNARDO TESORI;BALSAMICO SHOP Ein Balsamico mit einem hohen Zuckergeha­lt verfügt auch über einen hohen Anteil an Traubenmos­t.
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FOTO: ANDREA WARNECKE/DPA Ein paar Tropfen vom kräftigen Essig mit der Traubenmos­tnote geben Tomaten mit Mozzarella einen Aromakick.

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