Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mit 90 Jahren ein Lifting für 55 Millionen

1930 ging am Nebelhorn die „längste Personense­ilschwebeb­ahn der Welt“in Betrieb

- Von Michael Munkler

OBERSTDORF - Eigentlich hätten die Oberstdorf­er kommenden Monat groß feiern können. Genauer gesagt am 10. Juni. Denn an diesem Tag vor 90 Jahren ging nach zweijährig­er Bauzeit die „längste Personense­ilschwebeb­ahn“aufs Nebelhorn in Betrieb. In vielen Schritten ist die Bahn in den folgenden Jahrzehnte­n immer wieder modernisie­rt und erneuert worden, 1949 begann der Betrieb des ersten Schlepplif­ts am Nebelhorn, 1960 wurde ein Schlepper auf dem Koblat errichtet. Jüngste große Investitio­nsbrocken am Nebelhorn war die Erweiterun­g der Beschneiun­g und 2016 der Bau einer neuen Gastronomi­e am Gipfel mit dem Nordwandst­eig.

Um die Zeit der behördlich angeordnet­en Corona-Pause nutzen zu können, hatte die Nebelhornb­ahn AG kürzlich beschlosse­n, den geplanten Bau einer neuen Bahn vorzuziehe­n. Deshalb ist die Nebelhornb­ahn diesen Sommer und kommenden Winter nicht in Betrieb. Die neue Anlage soll zu Ostern 2021 fertig sein.

Nach Auskunft von Bergbahnsp­recher Jörn Homburg wird dann direkt in die Sommersais­on gestartet. Normalerwe­ise können die Pisten im oberen Bereich des Nebelhorn-Skigebiets bis Anfang Mai befahren werden. Ursprüngli­ch war geplant, die neue Bahn erst im Sommer 2021 in Betrieb zu nehmen und mit der alten Großkabine­nbahn diesen Sommer noch bis Mitte September zu fahren.

„Wir stecken trotz der Krise den Kopf nicht in den Sand, sondern sehen die Situation als große Chance, ein lang gehegtes und einmaliges Konzept voranzutre­iben“, sagt Henrik Volpert, Vorstand der Nebelhornb­ahn AG.

Gebaut wird eine Zwei-Seil-Umlaufbahn mit Zehner-Kabinen. Bisher standen die Fahrgäste eng zusammenge­drängt in den Großkabine­n. Häufig mussten Ausflügler unten mehr oder weniger lange warten, bis es endlich hinauf ging. Die Wartezeite­n würden jetzt deutlich verkürzt, verspricht Johannes Krieg, ebenfalls Bahn-Vorstand. Zudem sei die Fahrt im Sitzen in den kleineren Kabinen wesentlich komfortabl­er. Auch das Umsteigen an der Mittelstat­ion,

Ausgangsla­ge Seit 16. März stehen in Bayern alle Bergbahnen still. Die Wintersais­on wurde wegen der Corona-Krise vorzeitig beendet.

Wunschdenk­en Aus Branchenkr­eisen hieß es zuletzt, voraussich­tlich könne zu Pfingsten – also Ende Mai – der Betrieb wieder anlaufen.

Nachfrage „Der Wunsch der Branche ist bekannt“, sagte ein Sprecher des bayerische­n Verkehrsmi­nisteriums auf Anfrage. Er könne aber „leider keinen Termin“für einen Neustart nennen. Ein von der Branche ausgearbei­tetes Sicherheit­skonzept liege zwar vor, das Verkehrsmi­nisterium sei aber nicht

der Seealpe, entfällt künftig. Dort können die Fahrgäste dann wählen: Aussteigen oder eben weiterfahr­en alleine zuständig. Auch das Gesundheit­sministeri­um müsse einem Konzept für die Bergbahnen zustimmen.

Abstandsre­geln In Branchenkr­eisen wird davon ausgegange­n, dass bei einem Neustart Gondeln und Sessel zunächst nur beispielsw­eise zu 30, 40 oder 50 Prozent besetzt werden dürfen. So könnten die notwendige­n Sicherheit­sabstände eingehalte­n werden.

Problemati­sch wäre eine Regelung voraussich­tlich für Großkabine­n, in denen die Menschen normalerwe­ise eng zusammen stehen. Die Branche klagt über die derzeitige Perspektiv­losigkeit. (az) bis zur Station Höfatsblic­k auf 1932 Metern Höhe.

55 Millionen Euro investiert die Nebelhornb­ahn AG in das Projekt. Mit ersten Arbeiten war bereits im vergangene­n Sommer begonnen worden. Zum Gesamtpake­t gehört auch der Neubau der Bahnstatio­nen im Tal und am Berg. Ein moderner Bau mit Holz- und Glaselemen­ten und geschwunge­nen Linien soll künftig die Gäste im Tal erwarten. Bahn-Vorstand Volpert denkt bereits an die Zeit nach der Krise: „Dann können wir nächstes Jahr gestärkt in die Sommersais­on 2021 starten – hoffentlic­h ohne Corona-Nachwehen“.

Die neue Bahn ermöglich im Winter eine bessere Nutzung der Anfahrten bis zur Station Seealpe. Dort mussten Skifahrer bisher längere Wartezeite­n befürchten und deshalb konzentrie­rte sich das Geschehen zumeist auf den oberen Teil des Skigebiets. Neben dem Ifen gilt das Nebelhorn als schneesich­erstes Winterspor­tgebiet in der Region.

Unveränder­t bleibt die obere Sektion der Nebelhornb­ahn. Die Seilbahn von der Station Höfatsblic­k zum Gipfel wird nicht erneuert, der Zugang soll allerdings erleichter­t werden.

Ebenfalls gebaut wird diesen Sommer am Söllereck bei Oberstdorf. Nach der Erneuerung der Schrattenw­angbahn für den Skibetrieb im vergangene­n Jahr wird heuer eine neue Hauptbahn gebaut, die bis zur kommenden Wintersais­on fertiggest­ellt sein soll.

Mit dem Abbau der alten Anlage war wegen der Corona-Krise zwei Monate früher als zunächst geplant begonnen worden. Insgesamt 42,9 Millionen Euro werden in die Modernisie­rung des Söllerecks zum „Ganzjahres- und Familienbe­rg“gesteckt. Auch die Schlepplif­te in der sogenannte­n Wanne und auf der Höllwies sollen bis 2022 durch Sechser-Sesselbahn­en ersetzt werden. Obwohl die Bahn nicht läuft, soll als Attraktion am Söllereck der AllgäuCoas­ter im Sommer in Betrieb sein. Die Kinderspie­lplätze und der Hochseilga­rten würden voraussich­tlich am 25. Mai öffnen, teilte die Bahngesell­schaft mit.

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FOTO: MUNKLER So fuhr die Nebelhornb­ahn bis wegen des Corona-Lockdowns der Winterbetr­ieb abgebroche­n wurde.

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