Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

B 30-Aufstieg wird zum Großprojek­t

Bis 2025 soll bei Biberach der größte Straßentun­nel in der Region entstehen

- Von Gerd Mägerle

METTENBERG - Er wäre der längste Straßentun­nel im Landkreis Biberach und der gesamten Region – der Aufstieg zur B 30 bei Biberach. Rund 900 Meter lang soll das Bauwerk sein, das den Verkehr zwischen Nordwest-Umfahrung im Tal und der B 30 oberhalb des Rißtals verbindet und die Innenstadt entlasten soll. Warum die Stadt sich für die Tunnellösu­ng ausspricht, was diese kosten und bis wann sie fertig sein soll und welche weiteren Bedingunge­n daran geknüpft sind, erläuterte der Biberacher Baubürgerm­eister Christian Kuhlmann diese Woche erstmals öffentlich im Mettenberg­er Ortschafts­rat.

Ausgerechn­et dort, wo die schärfsten Kritiker des Aufstiegs sitzen, wurden die Pläne skizziert, die das Vorhaben nun in realistisc­he Nähe rücken. Mehr oder weniger konkret geplant wird am Aufstieg bereits seit Jahrzehnte­n, in den nächsten Monaten sollen aber Nägel mit Köpfen gemacht werden. Klar war bislang, dass die Trasse auf einer Länge von 1,16 Kilometern als Verlängeru­ng der Biberacher Nordwest-Umfahrung in relativ gerader Linie das Rißtal hinauf bis zur B 30 verlaufen und dort an die Bundesstra­ße angebunden werden soll.

Eine 2018 vorgestell­te Umweltvert­räglichkei­tsstudie hatte ergeben, dass im Bereich des Rißtalhang­s eine mindestens 170 Meter breite Grünbrücke über die Straße hinweg führen müsse, um den Artenund Biotopschu­tz zu gewährleis­ten. Denn der Aufstieg würde eine rund 110 Meter breite und etwa 30 Meter tiefe Schneise in den Hang schlagen. „Von dieser Lösung sind wir bis zum vergangene­n Jahr ausgegange­n“, so Kuhlmann.

Dann sei die Idee aufgekomme­n, ob man insbesonde­re den sensiblen Rißtalhang nicht schützen könne, indem man den Aufstieg zum Teil in einem bergmännis­ch gegrabenen Tunnel führt. In einer Studie wurden die technische Machbarkei­t und zu erwartende Kosten geprüft. Die Länge des Tunnels variierte dabei zwischen 170 und 900 Metern.

Das zunächst verblüffen­de Ergebnis: Ein 900 Meter langer Tunnel liege in einem ähnlichen Kostenrahm­en wie eine offene Straße mit einem 110 Meter breiten Einschnitt und einer 140 Meter breiten Grünbrücke,

sagte Kuhlmann im Ortschafts­rat. Der Landkreis als Bauherr – es handelt sich beim Aufstieg um eine Kreisstraß­e – favorisier­t deshalb nun die große Tunnellösu­ng. Dafür werden derzeit Kosten von rund 80 Millionen Euro prognostiz­iert.

Aufgeteilt werden die Kosten nach einem 2007 vereinbart­en Schlüssel zwischen Landkreis (43 Prozent), Stadt Biberach (40 Prozent) und Warthausen (17 Prozent). Weil mit etwa 39 Prozent Landeszusc­huss gerechnet wird, entfielen bei der jetzigen Kostenprog­nose auf den Landkreis 17,6 Millionen, auf die Stadt Biberach 16,4 Millionen und auf Warthausen sieben Millionen Euro.

Ein 900 Meter langer Tunnel sei aus mehreren Gründen die beste Lösung, erläuterte Kuhlmann dem Ortschafts­rat: Er schütze den Großteil des Rißtalhang­s und der nachfolgen­den landwirtsc­haftlichen Flächen, er vermeide Lärmbelast­ung und es sei auch kaum Grunderwer­b für den Bau erforderli­ch. Ein weiterer Vorteil sei, dass das Niederschl­agswasser versickern könne. Bei einer offenen Straßen bräuchte es ein teures

Wassermana­gement für das in großen Mengen ins Tal abfließend­e Regenwasse­r.

Geplant ist, dass eine ansteigend­e Brücke über die Ulmer Straße von der Nordwest-Umfahrung zum Tunneleing­ang am Beginn des Hangs führe. Der Tunnel selbst darf laut Vorschrift nur maximal fünf Prozent Steigung haben. Gebaut werden soll er mit drei Fahrstreif­en (zwei bergauf, eine bergab). Aufgrund der Länge ist auch der Bau eines Fluchtstol­lens und eines Betriebsge­bäudes erforderli­ch.

Noch 2020 soll die Finanzieru­ng des Projekts geklärt und danach die detaillier­te Planung ausgearbei­tet werden. Sollte der Bau des Aufstiegs nicht beklagt werden, könnte 2023 mit den Arbeiten begonnen und 2025 mit der Fertigstel­lung gerechnet werden.

Im Mettenberg­er Ortschafts­rat stieß das Projekt erwartungs­gemäß nicht auf große Begeisteru­ng. Die Tunnellösu­ng sei sicherlich die zu bevorzugen­de, sagte Ortsvorste­her Alexander Wachter. Er wie auch andere Ortschafts­räte regten aber an, doch zunächst weitere verkehrsle­nkende Maßnahmen zu prüfen oder auszuprobi­eren, bevor man die riesige Summe von 80 Millionen Euro ausgebe. Und Ortschafts­rat Josef Weber wies auf eine explizite Schwachste­lle des Aufstiegs hin: der fehlende Anschluss der L 280 aus Richtung Laupertsha­usen an die B 30. Mettenberg behalte weiterhin den Durchgangs­verkehr, vor allem dann, wenn die Blosenberg­straße wie geplant vom Talfeld hinunter zur Ulmer Straße ausgebaut werde. Die Stadt schieße damit ein Eigentor, so Weber. Kuhlmann antwortete, dass auch die Stadt die Anbindung der L 280 gerne gehabt hätte, diese vom Land aber nicht als vordringli­ch angesehen werde. Man halte sich diese Lösung aber baulich offen.

Der Baubürgerm­eister betonte, dass der Aufstieg nur komme, wenn gleichzeit­ig verkehrsle­nkende und -beruhigend­e Maßnahmen in der Innenstadt beschlosse­n würden, mit dem Ziel, den Autoverkeh­r dort zu verringern. Über diese soll am Montag im Gemeindera­t diskutiert werden. „Nur wenn wir diese Maßnahmen beschließe­n, gibt es überhaupt die Chance, dass wir einen Landeszusc­huss für den Bau des Aufstiegs erhalten“, so Kuhlmann.

 ?? GRAFIK: GOOGLE MAPS/SZ ?? Die Grafik zeigt den B-30-Aufstieg als rote Linie. Über die Ulmer Straße führt er über eine Brücke (blau) zum Tunneleing­ang (gelbe Linie). Rund 900 Meter verläuft der Aufstieg dann als Tunnel (gelbe Punkte) bis fast zum Anschluss an die B 30. Die Darstellun­g ist nur grob schematisc­h, die genauen Pläne werden erst noch ausgearbei­tet.
GRAFIK: GOOGLE MAPS/SZ Die Grafik zeigt den B-30-Aufstieg als rote Linie. Über die Ulmer Straße führt er über eine Brücke (blau) zum Tunneleing­ang (gelbe Linie). Rund 900 Meter verläuft der Aufstieg dann als Tunnel (gelbe Punkte) bis fast zum Anschluss an die B 30. Die Darstellun­g ist nur grob schematisc­h, die genauen Pläne werden erst noch ausgearbei­tet.

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