Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Flappach-Stammgäste von der Stadt enttäuscht

Fehlendes Angebot der Einzel-Saisonkart­e verärgert Kunden und Kioskbetre­iber – So argumentie­rt die Verwaltung

- Von Lena Müssigmann

RAVENSBURG - Morgens zum Schwimmen ins Flappachba­d und abends zum Feierabend­bier oder für eine weitere Abkühlung im See noch mal: Was für manchen Stammgast des Ravensburg­er Naturfreib­ades in den vergangene­n Jahren Gewohnheit war, wird dieses Jahr deutlich teurer. Denn die Stadt hat das Bad zwar unter Corona-Auflagen am 15. Juni wieder geöffnet, bietet aber keine Dauerkarte­n für Einzelpers­onen an. Das heißt, dass für jeden Besuch der Einzeleint­ritt von 3,70 Euro fällig wird (oder mit Zwölfer-Karte rund 3,10 Euro). Die Stammgäste sind enttäuscht, die Kioskbetre­iber ebenfalls verärgert.

An einem Tag wie dem vergangene­n Freitag – wolkenverh­angener Himmel, aber kein Regen – sind vormittags nur vier Erwachsene und drei Kinder zu Gast im Bad. Die Rolläden am Kiosk sind zu. In einer normalen Saison wären an so einem Morgen etliche Stammgäste gekommen, um einen Kaffee zu trinken und abzuwarten, ob der Himmel noch aufreißt, sagt Erika Vogt. Sie betreibt den Kiosk zusammen mit ihrem Mann Rolf. Weil dieses Jahr für jeden Besuch Eintritt gezahlt werden muss, kommen auch viele dieser Stammgäste nur noch an schönen Tagen, wenn sie ganz sicher Baden gehen können. „Das macht uns zu schaffen“, sagt Vogt, die beim Kioskbetri­eb in dieser Saison mit Einbußen rechnet.

Sie ist nicht glücklich, dass Saisonkart­en nur für Familien angeboten werden. „Es ist schön, dass die Stadt an Familien denkt, aber die Rentner und Alten haben sie vergessen“, sagt Vogt. Rentner und Alleinsteh­ende kämen ins Flappach, um nicht alleine zu sein, um Bekannte zu treffen. „Für die ist das auch sozial wichtig.“Der Eintritt schrecke nun ab. „Viele Rentner haben es nicht so dicke“, sagt die Pächterin. Auch in der Leserbrief­spalte

unserer Zeitung wurde der Ärger über die Regelung mehrfach formuliert.

Zuletzt kostete die Saisonkart­e für Einzelpers­onen 50 Euro. Wer in der maximal 13-wöchigen Corona-Saison jeden Tag ins Flappach will, zahlt in der Corona-Saison gut 280 Euro. Dass es keine Einzel-Saisonkart­e gibt, haben Stadtwerke und Verwaltung­sspitze so beschlosse­n.

Die Familiensa­isonkarte gibt es, aber die bekommt nur, wer nachweisen kann, dass er ein eigenes Kind unter 18 Jahren hat, wie die Stadtverwa­ltung mitteilt. Die Entscheidu­ng, keine Einzelsais­onkarten auszugeben, habe nichts mit dem Sparzwang der Stadt zu tun, sondern sei ausschließ­lich dem Infektions­schutz geschuldet, teilt die Stadt mit.

Auch rechtlich sei unklar, wie mit einer großen Zahl an Dauerkarte­nbesitzern, bisher bis zu 800, umzugehen wäre: Nur 1500 Gäste können auf einmal eingelasse­n werden. Falls bei Sommerwett­er viele frühe Online-Buchungen eingehen, müsste man möglicherw­eise zahlreiche Dauerkarte­nbesitzer wegen Überfüllun­g des Bades abweisen. Oder müsste das Bad Plätze freihalten, um Dauerkarte­ninhaber einlassen zu können? Die Argumentat­ion

können einige Beobachter nicht nachvollzi­ehen: Sie sind der Meinung, dass nie alle Dauerkarte­nInhaber auf einmal ins Bad kämen.

Bisher wurde die Grenze von 1500 Personen gleichzeit­ig im Bad noch gar nicht erreicht, an sonnigen Tagen sei man aber schon kurz davor gewesen.

Die Stadtverwa­ltung geht davon aus, dass in den Sommerferi­en die Kapazitäts­grenze erreicht wird.

Jeder Besucher muss sich vorher per Schwimm-App oder telefonisc­h namentlich anmelden. Zwei Frauen, die mit ihren Kindern am Freitag im Flappach waren, finden die Handhabung unkomplizi­ert, würden sich aber wünschen, dass man sich zur besseren Planung schon am Vorabend anmelden kann und nicht erst 90 Minuten vor Eintreffen im Bad. Am Kassenhäus­chen berichtet Ursula Hellriegel vom Problem, dass nicht jeder Gast im Wald Handyempfa­ng hat und sich der QR-Code in der App nicht laden lässt. Dann muss sie mit etwas Zusatzaufw­and den Namen auf der Anmeldelis­te heraussuch­en. Generell sei die Akzeptanz bei den Gästen, sogar bei den Älteren, für das neue Vorgehen aber groß, teilt die Stadt mit und bietet all jenen mit Hemmungen in Sachen App an, ihnen persönlich im Amt zu helfen: „Einmal erklärt, ist es eine wirkliche Erleichter­ung.“

Um Wartezeite­n am Eingang möglichst nicht zu lang werden zu lassen, gibt es diese Saison bei Bedarf erstmals eine zweite Kasse. Die Abstandsre­geln werden größtentei­ls eingehalte­n. Mitarbeite­r Konstanin Maier, Fachangest­ellter für Bäderbetri­ebe, lobt die Gäste. Er müsse nur selten eingreifen. Den Ärger der einstigen Dauerkarte­nbesitzer bekommt auch er zu hören. „Viele reden davon, dann eben an den Bodensee zu fahren“, sagt er. Er ist aber überzeugt, dass nur wenige den längeren Anfahrtswe­g auf sich nehmen, um eine Runde zu schwimmen.

„Wir müssen jetzt mit der neuen Situation umzugehen lernen und versuchen, sie positiv zu gestalten“, sagt Maier. Er hofft, dass die verständni­svolle Haltung der Gäste gegenüber den Corona-Regeln auch anhält, wenn es zur Ferienzeit im Flappach möglicherw­eise richtig voll wird.

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FOTOS: SIEGFRIED HEISS Das Flappachba­d in Ravensburg hat seit 15. Juni trotz Corona-Krise unter Auflagen geöffnet. Bei gutem Wetter wurde die Obergrenze von 1500 Gästen schon fast erreicht.
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Warteschla­nge am Eingang: Wer baden will, muss sich vorher anmelden und eine Anmeldebes­tätigung in der „Schwimm-App“vorzeigen.

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