Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Das Lachen ist zurückgekehrt
Altusrieder Freilichtspieler wollten „Ronja Räubertochter“aufführen – Neuer Anlauf 2021
ALTUSRIED - Der Himmel ist blau, die Sonne scheint, und doch ist es irgendwie ein wenig gespenstisch auf der Allgäuer Freilichtbühne in Altusried: Die meisten der 2500 Sitzplätze sind mit blauen Plastikfolien abgedeckt, zwei Bauten erinnern an das letztjährige Ritter-Drama „Artus!“, das 56 000 Besucher erlebten. Heuer wollten die Freilichtspieler ein Familienstück zeigen: „Ronja Räubertochter“von Astrid Lindgren. Fast 10 000 Karten waren bis Ende März verkauft worden, die Freiluft-Proben sollten beginnen. Dann brachte die Corona-Pandemie alles zum Erliegen. An diesem Samstag wäre Premiere gewesen. Sie ist nun für Juni 2021 geplant.
„So trostlos – andererseits so grün wie nie“, sagt Sebastian Heerwart beim Blick auf das weitläufige Freilichtgelände und den dahinter liegenden Wald- und Wiesenhang. Dem 41-jährigen Geschäftsführer der Freilichtbühnen-Gesellschaft blutet das Herz. Gut 25 000 kleine und große Theaterfans aus nah und fern waren zu „Ronja“erwartet worden. Eine gute halbe Million Euro Umsatz war eingeplant. Die Absage habe die 155 Mitwirkenden – ein Drittel davon sind Kinder und Jugendliche – tief getroffen, sagt Heerwart, der als „Don Quijote“und „Robin Hood“auf der Freilichtbühne stand. Nun hofft er, dass im Herbst erste Proben stattfinden können. Die Stimmung sei positiv.
Die Geschichte des Altusrieder Freilichtspiels reicht ins Jahr 1879 zurück. Seit 1952 wird auf einem Areal am südlichen Ortsrand gespielt. 1999 wurde eine neue Tribüne mit einem freitragenden Holzdach eingeweiht (Kosten: 8,2 Millionen Euro). Noch heute hat die gemeindeeigene Freilichtspiel-GmbH über zwei Millionen Euro Schulden. Jährlich werde eine Viertelmillion getilgt, sagt Heerwart. Auch heuer. „Wir haben in den letzten vier, fünf Jahren gut gewirtschaftet.“5000 Besucher tauschten ihre Tickets für 2021 um, erzählt er. 1500 bevorzugten Gutscheine; der Rest ließ sich das Geld auszahlen. Über eine Million Gäste wurden seit 1999 bei 523 Aufführungen auf der Freilichtbühne gezählt. Erst seit 2000 gibt es alle zwei, drei Jahre eine Märchenproduktion, die kleiner ausfällt als die alle drei, vier Jahre angesetzten großen Spiele wie Artus (2019), Robin Hood (2016) und Don Quijote (2013). Dazwischen gibt es Musicals und Operetten.
Mit Leib und Seele und natürlich ehrenamtlich stehen die Altusrieder Spieler auf ihrer Freilichtbühne. Einer von ihnen ist Roland Wintergerst. In 18 Produktionen wirkte er seit 1991 mit. 2009 übernahm er die Altusrieder Traumrolle: 32 Mal gab er den Südtiroler Freiheitshelden Andreas Hofer. 2018 sorgte er in „Jim Knopf“– im Wechsel mit Elmar Luger – als „Lukas der Lokomotivführer“für große Kinderaugen. „Für die Kinder ist die Freilichtbühne ein einziger großer Abenteuerspielplatz“, sagt er und lobt: „Sie sind unglaublich diszipliniert, immer auf dem Posten.“
Durch Profis – Regisseure, Dramaturgen, Choreografen, Komponisten – sei das Spiel auf der Naturbühne anspruchsvoller geworden, sagt Wintergerst.
Der 53-Jährige arbeitet als Bereichsleiter für Holzbrennstoffe und steht in seiner Freizeit als Theaterspieler und Sänger auf der Bühne. Das Freilichtspiel ist für ihn etwas Besonderes: „Im Grunde geht es darum, den Sommer auf der Bühne und dahinter zu genießen“, sagt er und lacht.
Im neuen Spiel gibt Wintergerst den Vater von Ronjas Freund Birk. Als Räuberhauptmann Borka mag er es nicht, dass sein Sohn mit der Tochter seines Feindes Mattis (Elmar Luger) umherzieht. Wenn zwei alte Freilichtspiel-Haudegen wie Wintergerst und Luger aufeinandertreffen, geht es wohl nicht zimperlich zu. „Stimmt. Eine Beule am Kopf und ein dickes Schienbein habe ich mir schon abgeholt“, sagt Wintergerst. Auch das gehöre dazu – zum Leben eines Freilichtspielers.
Ronja Räubertochter wird vom 19. Juni bis 25. Juli 2021 insgesamt 16 Mal in Altusried gespielt. Weitere Infos im Internet unter www.allgaeuer-freilichtbuehne.de