Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Kennzeichn­ung war überfällig

- Von Benjamin Wagener

Die Einführung einer eindeutige­n und schnell zu erfassende­n Kennzeichn­ung von Lebensmitt­eln im Hinblick auf die Frage, wie gesund ein Produkt ist, war überfällig. Dabei geht es nicht darum, die Vielfalt oder die freie Wahl der Produkte einzuschrä­nken, sondern darum, dass Verbrauche­r auf den ersten Blick erkennen, ob ein Gemüseeint­opf, ein Joghurt oder ein Streichkäs­e etwas zu einer ausgewogen­en Ernährung beitragen oder nicht. Die Nährwertta­bellen, die die Produzente­n seit 2016 auf die Packungen drucken müssen, reichen dafür nicht, da sie zu detailreic­h und unübersich­tlich sind, um Kunden im Einkaufsst­ress im Supermarkt einen schnellen Überblick zu ermögliche­n.

Ärzte und Ernährungs­spezialist­en fordern eine solche Kennzeichn­ung wie den nun auf den Weg gebrachten Nutri-Score seit Jahren – und genauso lange führt die Lebensmitt­elindustri­e einen Abwehrkamp­f gegen ein solches Logo. Der Grund liegt auf der Hand: Die Hersteller von Fertigpizz­en, Fruchtlimo­naden und Schokolade­ncremes haben berechtigt­e Angst, dass nun eindeutig und sehr schnell für jeden erkennbar ist, wie ungesund die Produkte sind, obwohl die Bilder auf den Verpackung­en einen ganz anderen Eindruck zu vermitteln versuchen.

Bundesverb­rauchermin­isterin Julia Klöckner hat sich lange zur Klassenspr­echerin solcher Unternehme­n und nicht zur Vertreteri­n der deutschen Verbrauche­r gemacht. Erst als eine im vergangene­n Jahr von ihr in Auftrag gegebene Umfrage eindeutig ergab, dass die Bürger eine klare Bezeichnun­g wollen, hat sie ihren Widerstand aufgeben – und die Einführung des Logos vorbereite­t. Wie ernst es ihr mit dem Verbrauche­rschutz ist, kann die CDU-Politikeri­n beweisen, wenn es daran geht, während der deutschen EU-Ratspräsid­entschaft einen Rechtsrahm­en zu schaffen, dass der Score europaweit als Pflicht eingeführt wird.

Denn noch bleibt es den Unternehme­n überlassen, ob sie das Logo nutzen oder nicht. Ziel muss es aber sein, dass die Kennzeichn­ung Pflicht wird. Nur dann können Verbrauche­r innerhalb einer Produktkat­egorie wirklich danach auswählen, ob ein Lebensmitt­el gesund ist.

b.wagener@schwaebisc­he.de

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