Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Zusätzlich­e Schulbusse bis zum Ende der Pandemie

Verkehrsmi­nister will Landesgeld auch im kommenden Jahr auszahlen – Kritik an zu vollen Bussen besteht weiter

- Von Kara Ballarin und Daniel Häfele

STUTTGART/BIBERACH - Zusätzlich­e Busse sollen Schüler auf dem Schulweg vor einer Corona-Infektion schützen. Das Land hat am Mittwoch seine Unterstütz­ung für solche Verstärker­fahrten bis Ende des Jahres verlängert – und zahlt dafür wohl auch über den Jahreswech­sel hinaus, wie Verkehrsmi­nister Winfried Hermann (Grüne) der „Schwäbisch­en Zeitung“erklärt. Wann aber ist ein Bus so voll, dass ein weiterer gerufen werden kann? Dazu schwelt der Streit weiter.

Zehn Millionen Euro stellt das Land den Kreisen zur Verfügung, damit diese zusätzlich­e Schulbusse bestellen können. Von den Kosten trägt das Land 80 Prozent, den Rest die Kreise. „Als wir das Programm aufgelegt haben, lag die Zahl der Neuinfekti­onen deutschlan­dweit noch unter 1000 pro Tag. Jetzt sind wir bald bei 5000 deutschlan­dweit und 600 in Baden-Württember­g“, sagt Verkehrsmi­nister Hermann. Die Verlängeru­ng des Programms habe der Corona-Lenkungskr­eis am Mittwochab­end daher auch einstimmig bis Ende des Jahres verlängert. Er stellt in Aussicht, dass auch danach Geld vom Land fließen wird. „Wenn sich die Infektions­zahlen so weiterentw­ickeln, können wir das Programm auch nicht einfach einstellen. Uns war von Anfang an klar: Wenn wir ein solches Programm für Verstärker­busse auflegen, dann wird das eine Herausford­erung sein, solange es Corona gibt.“

Bislang scheint das Programm aber nicht vor Ort anzukommen – zumindest nicht in dem Maße, wie es sich die Eltern wünschten. Beispiel Ochsenhaus­en im Landkreis Biberach: 85 Prozent der Schüler kommen mit dem Bus zum Gymnasium – dicht gedrängt bis zu 40 Minuten lang, beklagt Rektorin Elke Ray. „Wir achten in der Schule auf Abstand und Hygiene. Diese Maßnahmen werden dann an der Haltestell­e und in den Bussen pervertier­t.“Aus allen Teilen des Landes beklagen Eltern, dass die Busse nach wie vor so voll sind, dass Kinder zum Teil gar nicht mehr reinpassen und an der Haltestell­e zurückblei­ben. Platz und Abstand im Bus: Fehlanzeig­e.

Ob die Verstärker­fahrten, die das Biberacher Landratsam­t nun angekündig­t hat, die Gemüter beruhigen können, wird sich zeigen. Ein Knackpunkt: Ein zusätzlich­er Bus kann erst dann eingesetzt werden, wenn im eigentlich­en Bus alle Sitzplätze und 40 Prozent der Stehplätze belegt sind. Das ist der Schwellenw­ert, auf den sich Kreise und Land geeinigt haben. Der sei auch richtig, betont Landkreist­agspräside­nt Joachim Walter am Donnerstag in einem Brief ans Verkehrsmi­nisterium. Er appelliert aber an Hermann, „der besorgten Elternscha­ft mehr noch als bisher zu erklären, dass und weshalb das Land Verstärker­busse erst ab Erreichen bestimmter Auslastung­sgrenzen fördert. Land und Kommunen müssen hier eine gemeinsame Sprache sprechen“, so Landkreist­agspräside­nt Joachim Walter.

Hermann versteht diesen Appell als ungerechtf­ertigte Kritik. „Das war mir von Anfang an klar, dass sich an der Frage die Geister scheiden werden, was ein voller Bus ist“, sagt er. Den Schwellenw­ert habe die kommunale Seite vorgeschla­gen. „Den haben wir akzeptiert“, so Hermann. „Wenn die kommunale Seite einen anderen Wert vorschlage­n möchte, prüfen wir den.“Das Land habe schnell und freiwillig Fördergeld­er bereitgest­ellt. „Dafür muss man sich nicht kritisiere­n lassen. Wir hängen nicht an den bisherigen Werten.“

Hermann greift zudem eine Kritik auf, die unter anderem Landkreist­ag und Busunterne­hmer vorgebrach­t haben: Würden die Schulen ihre Zeiten staffeln, gäbe es weniger Probleme mit zusätzlich­en Bussen. Dann nämlich müssten keine zusätzlich­en Fahrer und Busse für eineinhalb Stunden am Tag aktiviert werden, sondern dieselben zweimal fahren.

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ARCHIVFOTO: FELIX KÄSTLE/DPA Wann ist ein Bus zu voll? Darüber gibt es in Zeiten von Corona unterschie­dliche Auffassung­en.

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