Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Zusätzliche Schulbusse bis zum Ende der Pandemie
Verkehrsminister will Landesgeld auch im kommenden Jahr auszahlen – Kritik an zu vollen Bussen besteht weiter
STUTTGART/BIBERACH - Zusätzliche Busse sollen Schüler auf dem Schulweg vor einer Corona-Infektion schützen. Das Land hat am Mittwoch seine Unterstützung für solche Verstärkerfahrten bis Ende des Jahres verlängert – und zahlt dafür wohl auch über den Jahreswechsel hinaus, wie Verkehrsminister Winfried Hermann (Grüne) der „Schwäbischen Zeitung“erklärt. Wann aber ist ein Bus so voll, dass ein weiterer gerufen werden kann? Dazu schwelt der Streit weiter.
Zehn Millionen Euro stellt das Land den Kreisen zur Verfügung, damit diese zusätzliche Schulbusse bestellen können. Von den Kosten trägt das Land 80 Prozent, den Rest die Kreise. „Als wir das Programm aufgelegt haben, lag die Zahl der Neuinfektionen deutschlandweit noch unter 1000 pro Tag. Jetzt sind wir bald bei 5000 deutschlandweit und 600 in Baden-Württemberg“, sagt Verkehrsminister Hermann. Die Verlängerung des Programms habe der Corona-Lenkungskreis am Mittwochabend daher auch einstimmig bis Ende des Jahres verlängert. Er stellt in Aussicht, dass auch danach Geld vom Land fließen wird. „Wenn sich die Infektionszahlen so weiterentwickeln, können wir das Programm auch nicht einfach einstellen. Uns war von Anfang an klar: Wenn wir ein solches Programm für Verstärkerbusse auflegen, dann wird das eine Herausforderung sein, solange es Corona gibt.“
Bislang scheint das Programm aber nicht vor Ort anzukommen – zumindest nicht in dem Maße, wie es sich die Eltern wünschten. Beispiel Ochsenhausen im Landkreis Biberach: 85 Prozent der Schüler kommen mit dem Bus zum Gymnasium – dicht gedrängt bis zu 40 Minuten lang, beklagt Rektorin Elke Ray. „Wir achten in der Schule auf Abstand und Hygiene. Diese Maßnahmen werden dann an der Haltestelle und in den Bussen pervertiert.“Aus allen Teilen des Landes beklagen Eltern, dass die Busse nach wie vor so voll sind, dass Kinder zum Teil gar nicht mehr reinpassen und an der Haltestelle zurückbleiben. Platz und Abstand im Bus: Fehlanzeige.
Ob die Verstärkerfahrten, die das Biberacher Landratsamt nun angekündigt hat, die Gemüter beruhigen können, wird sich zeigen. Ein Knackpunkt: Ein zusätzlicher Bus kann erst dann eingesetzt werden, wenn im eigentlichen Bus alle Sitzplätze und 40 Prozent der Stehplätze belegt sind. Das ist der Schwellenwert, auf den sich Kreise und Land geeinigt haben. Der sei auch richtig, betont Landkreistagspräsident Joachim Walter am Donnerstag in einem Brief ans Verkehrsministerium. Er appelliert aber an Hermann, „der besorgten Elternschaft mehr noch als bisher zu erklären, dass und weshalb das Land Verstärkerbusse erst ab Erreichen bestimmter Auslastungsgrenzen fördert. Land und Kommunen müssen hier eine gemeinsame Sprache sprechen“, so Landkreistagspräsident Joachim Walter.
Hermann versteht diesen Appell als ungerechtfertigte Kritik. „Das war mir von Anfang an klar, dass sich an der Frage die Geister scheiden werden, was ein voller Bus ist“, sagt er. Den Schwellenwert habe die kommunale Seite vorgeschlagen. „Den haben wir akzeptiert“, so Hermann. „Wenn die kommunale Seite einen anderen Wert vorschlagen möchte, prüfen wir den.“Das Land habe schnell und freiwillig Fördergelder bereitgestellt. „Dafür muss man sich nicht kritisieren lassen. Wir hängen nicht an den bisherigen Werten.“
Hermann greift zudem eine Kritik auf, die unter anderem Landkreistag und Busunternehmer vorgebracht haben: Würden die Schulen ihre Zeiten staffeln, gäbe es weniger Probleme mit zusätzlichen Bussen. Dann nämlich müssten keine zusätzlichen Fahrer und Busse für eineinhalb Stunden am Tag aktiviert werden, sondern dieselben zweimal fahren.