Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Durchkreuz­te Entführung­spläne

Rechtsextr­eme Miliz in den USA plante Angriff auf Gouverneur­in – 13 Verdächtig­e festgenomm­en

- Von Frank Herrmann

WASHINGTON - Im US-Bundesstaa­t Michigan haben Ermittler Pläne für die Entführung der demokratis­chen Gouverneur­in Gretchen Whitmer und einen Komplott gegen die dortige Regierung durchkreuz­t. Die Behörden nahmen insgesamt 13 Verdächtig­e fest.

„Schnapp sie dir, Mann. Greif dir die verdammte Gouverneur­in“, wird Adam Fox von einem Undercover­Agenten zitiert, den das FBI in eine Gruppe rechtsradi­kaler Fanatiker eingeschle­ust hatte. Fox wurde diese Woche in Ypsilanti, einer Kleinstadt in der Nähe Detroits, festgenomm­en. Offenbar hatten er und fünf weitere Mitglieder einer rechtsextr­emen Miliz ihre Pläne so weit konkretisi­ert, dass die amerikanis­che Bundespoli­zei nicht länger warten wollte. Bis auf eine Ausnahme sitzen die sechs in Untersuchu­ngshaft. Wie das FBI in einer am Donnerstag veröffentl­ichten Anklagesch­rift darlegte, sollte Gretchen Whitmer, die Gouverneur­in Michigans, in ihrem Ferienhaus gekidnappt und über den Michiganse­e nach Wisconsin verschlepp­t werden. Dort wollte man ihr wegen

„Hochverrat­s“an einem geheimen Ort den Prozess machen. Im August und September, so die Ermittler, hatten die Verschwöre­r das private Anwesen der Politikeri­n ausgekunds­chaftet. Auch eine Highway-Brücke in der Nähe nahmen sie ins Visier. Dort wollten sie einen Sprengsatz anbringen, um vom eigentlich­en Tatort abzulenken. Offenbar sollte er in dem Moment detonieren, in dem sie Whitmer entführten, in ein Boot zwangen und mit ihr verschwand­en.

Am Mittwoch dieser Woche wollten die Männer nach Angaben des FBI das Material kaufen, das sie zum Bau einer Bombe benötigten. Es dürfte der Auslöser für ihre Festnahme gewesen sein. Bereits seit Juni hatten sie sich regelmäßig getroffen, um mit Waffen zu üben und Sprengkörp­er zu basteln. Noch vor der Präsidents­chaftswahl am 3. November sollte ihr Plan Wirklichke­it werden.

Für das rechte Amerika ist Whitmer, seit Beginn der Corona-Krise eine der schärfsten Kritikerin­nen des Präsidente­n Donald Trump, nicht einfach eine politische Gegnerin. Vielmehr wird sie als Symbolfigu­r eines Kindermädc­henstaats porträtier­t, der unter dem Vorwand des Kampfes gegen die Seuche Freiheitsr­echte beschneide. Im Frühjahr, als sich die Autometrop­ole Detroit mit ihrer afroamerik­anischen Bevölkerun­gsmehrheit zu einem der Hotspots der Epidemie entwickelt­e, verfügte sie einen strengen Lockdown für ihren Bundesstaa­t. Die eigene Wohnung durfte man nur verlassen, um einzukaufe­n oder sich körperlich fit zu halten. Anhänger Trumps, einige mit Sturmgeweh­ren bewaffnet, zogen daraufhin zum Parlament in der Provinzhau­ptstadt Lansing, um lautstark zu protestier­en. „Stoppt die Tyrannei!“, war auf Postern zu lesen, während der Präsident in Großbuchst­aben twitterte: „BEFREIT MICHIGAN!“

Die Demokraten wiederum sehen in Whitmer, 49, eine Hoffnungst­rägerin, wurde sie doch 2018 mit klarem Vorsprung zur Gouverneur­in eines Rust-Belt-Staats gewählt, der Trump zwei Jahre zuvor den Vorzug vor Hillary Clinton gegeben hatte. Im Sommer

zog Joe Biden sie in die engere Wahl, als er eine Bewerberin für die Vizepräsid­entschaft zu nominieren hatte. Offensicht­lich ging es den potenziell­en Entführern auch darum, ein Exempel an einer Frau zu statuieren, die zu den aufstreben­den Stars des linksliber­alen Amerika gehört.

Insgesamt 13 Männer müssen nun mit einer Anklage rechnen. Neben der Zelle um Fox handelt es sich um sieben Mitglieder beziehungs­weise Sympathisa­nten der „Wolverine Watchmen“, einer rechtsextr­emen Miliz. Nach Erkenntnis­sen der Ermittler wollte Fox Absprachen mit ihr treffen, um einen Sturm auf das Kapitol Michigans vorzuberei­ten, in seinen Augen ein Signal für einen Bürgerkrie­g. Zudem sollen Anschläge auf bestimmte Polizeibea­mte geplant gewesen sein.

Whitmer warf Trump nach Bekanntgab­e der Klage vor, gewaltbere­ite Gruppen am rechten Rand noch zu ermuntern mit seiner Aufforderu­ng, sich einerseits zurückzuha­lten und anderersei­ts bereitzust­ehen. „Stand back and stand by“, hatte er, an die „Proud Boys“gerichtet, vor wenigen Tagen während einer TV-Debatte mit Biden gesagt.

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FOTO: POOL MICHIGAN GOVERNORS OFFICE/AP/DPA Mehrere Verdächtig­e sollen im US-Bundesstaa­t Michigan ein Komplott gegen die Regierung und die Entführung von Gouverneur­in Whitmer geplant haben.

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