Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Regionalverband hält an Gewerbegebiet Hirschlatt fest
30 Hektar Potenzialfläche sollen im Entwurf des Regionalplans bleiben – Ausschuss beriet am Freitag
FRIEDRICHSHAFEN - Der Regionalverband Bodensee-Oberschwaben hält gegen den Willen des Häfler Gemeinderates an der Ausweisung einer 30 Hektar großen Potenzialfläche für ein Gewerbegebiet in Hirschlatt fest. Das geht aus den VerwaltungsUnterlagen für den Planungsausschuss des Regionalverbandes am kommenden Freitag hervor. Vom Tisch sind demnach aber die Erweiterung des Gewerbegebietes Ried in Uhldingen-Mühlhofen sowie ein neues Gewerbegebiet in Kressbronn. Auch alternative Flächen in Owingen und Oberteuringen scheiden aus.
Im Zuge der Fortschreibung des Regionalplans werden gerade die Potenzialflächen für Gewerbegebiete für die nächsten 15 bis 20 Jahre festgelegt. Ausgangspunkt für die Berechnung der benötigten Flächen ist eine Studie des Büros Acocella. Mit drei verschiedenen Methoden seien die Bedarfe ermittelt worden, sagt Regionalverbandsdirektor Wilfried Franke. Herausgekommen sei bei der Kalkulation mit zwei Methoden ein Bedarf von rund 600 Hektar, bei der dritten Methode ein Bedarf von rund 1500 Hektar. Immer für das gesamte Verbandsgebiet gerechnet, also für die Landkreise Sigmaringen, Ravensburg und Bodensee. Im dritten, deutlich höheren Wert, sei die überproportional starke gewerbliche Entwicklung der letzten zehn Jahre abgebildet. Es gebe deshalb jetzt die „Range“von 600 bis 1500 Hektar für das gesamte Gebiet. Für die einzelnen Kreise wurde der Bedarf speziell heruntergebrochen. Es ergibt sich laut Acocella für den Bodenseekreis eine Spanne von 225 bis 700 Hektar. „Wenn es eine Entwicklung gibt wie in den letzten zehn Jahren, bräuchten wir 700 Hektar“, sagt Franke. „Wenn die Entwicklung wäre wie die Jahrzehnte davor, reichen rund 225.“
Auch im Wissen um die vielen Zielkonflikte im Bodenseekreis habe man im ersten Entwurf der Fortschreibung des Regionalplans nur 160 Hektar ausgewiesen. Dazu kommen 75 Hektar bereits genehmigte Baufläche für Gewerbe in den Flächennutzungsplänen. Der erste Entwurf der Fortschreibung wurde Ende 2019 offengelegt. Nach der Abarbeitung von insgesamt rund 5000 Stellungnahmen hat der zweite Entwurf des Regionalplans jetzt aber ein anderes Gesicht.
Nicht wie geplant ausgewiesen werden konnte das Gewerbegebiet Kapellenesch/Haslach in Kressbronn aufgrund von nachgewiesenen Artenschutzbelangen, wie Franke sagt. „Wir werden dort unter die Grenze eines regional bedeutsamen Standorts rutschen.“Im Regionalplan fehlen damit schon mal 26,2 Hektar.
Zwei Gewerbegebiete wurden in den Gremien der Kommunen abgeschmettert. Dabei geht es um 30,4 im ersten Entwurf veranschlagte Hektar in Hirschlatt, gegen die sich der Gemeinderat Friedrichshafen ausgesprochen hat. Außerdem hatte sich der Rat in Uhldingen-Mühlhofen gegen die Erweiterung des Gewerbegebiets „Im Ried“entschieden, es geht dabei um elf Hektar. Dieses Gebiet wurde jetzt aus dem neuen Entwurf gestrichen. Die Gemeinde ist laut der Stellungnahme vom Regierungspräsidium auf die Eigenentwicklung beschränkt. Nicht gestrichen wurde dagegen der Standort Hirschlatt, trotz der Ablehnung durch den Häfler Gemeinderat hält der Regionalverband daran fest. Erhebliche Naturschutzbelange stehen laut Franke auch alternativen Flächen in Oberteuringen und Owingen entgegen. Diese Standorte waren im Verfahren neu aufgekommen. „Wir werden sie den Gremien
nicht vorschlagen“, sagt Franke. Damit sind sie erst mal vom Tisch. Im Bodenseekreis bleiben im neuen Entwurf von 160 Hektar rund 123 Hektar übrig.
Auch im gesamten Gebiet des Regionalverbandes verringert sich die Potenzialfläche für Gewerbegebiete. Nachdem auch in Vogt (Landkreis Ravensburg) und in Hettingen (Landkreis Sigmaringen) Standorte wegfallen, reduziert sich die Fläche von bisher geplanten 935 Hektar auf rund 800. Dazu kommen rund 400 Hektar genehmigte Flächen. Somit kommt der neue Planentwurf auf rund 1200 Hektar insgesamt. In den Landkreisen Sigmaringen und Ravensburg wurden dabei deutlich größere Potenzialflächen eingeplant. Das entspricht laut Franke der Vorgabe vom Land, die gewerbliche Entwicklung vom Bodensee weg ins Hinterland zu verlegen. Großes Potenzial gebe es beispielsweise auf den Flächen der ehemaligen Bundeswehrstandorte Sigmaringen und Mengen.
Beim jetzigen Entwurf des Regionalplans handelt es sich um einen Vorschlag der Verwaltung des Regionalverbandes, der am Freitag vom Planungsausschuss vorberaten wurde.
Abgesegnet wird der Entwurf am 23. Oktober von der Verbandsversammlung in der Ludwig-Roos-Halle in Ettenkirch. Es folgt noch in diesem Jahr eine erneute Offenlegung der Pläne für einen Monat. Dann kann zum Beispiel die Stadt Friedrichshafen wieder Stellung beziehen zum Thema Hirschlatt. Der Regionalverband arbeitet die Eingaben dann wieder ab und macht einen erneuten Abwägungsvorschlag. „Wir machen das Gleiche nochmal“, sagt Franke dazu. Endgültig verabschiedet werden soll der Regionalplan von der Versammlung am 25. Juni 2021.
Die Verbandsversammlung des Regionalverbandes BodenseeOberschwaben besteht aus Delegierten aus den drei Kreistagen von Bodenseekreis, Landkreis Ravensburg und Landkreis Sigmaringen. Die 56 Abgeordneten werden nach der Größe der Landkreise und nach dem Parteiproporz bestimmt. In der Versammlung sitzen die Landräte Lothar Wölfle (Bodensee) und Stefanie Bürkle (Sigmaringen) sowie 30 Bürgermeister und Oberbürgermeister.