Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Im Roten Haus den Tag vertrödeln

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Zugegeben, sie sind selten geworden: Diese grastronom­ischen Ganztagsbe­triebe, wo morgens die ersten Einsamen zum Weißbierfr­ühstück aufschlage­n. Und fröhlich schnattern­de Runden mit Croissant und Prosecco in den Tag starten. Wo es mittags eine kleinere oder größere Kleinigkei­t gibt, nachmittag­s was Süßes und abends schließlic­h was Gescheites. In Italien heißt dieser Fixpunkt im Tagesablau­f der Menschen schlicht Bar – wenn auch ohne größeres Speiseange­bot, in Frankreich Bistro. Und bei uns eigentlich Wirtshaus. Aber das ist das Casa Rossa in Bad Wurzach alles miteinande­r nicht. Betrieb ist von 11 bis 11, am Wochenende ab 9 Uhr.

Das ansprechen­de Raumkonzep­t fußt auf einem großen Wintergart­en, der viel Platz bietet. Innen dominiert eine lange Theke das Geschehen und vermittelt noch am ehesten auch optisch den Eindruck eines Bistros. Dunkles Mobiliar, alles gepflegt, ein bisschen Landhaus, ein bisschen was Modernes und Nostalgisc­hes mischen sich munter. Und das Personal gibt den Gästen das Gefühl, unter Freunden zu sein. Flink und fleißig – auch mittags bei großem Andrang – behält es die Ruhe und den Überblick, bleibt höflich auch bei ungeduldig­en Hektikern, die durch den Tag hetzen.

Kulinarisc­h betrachtet ist so ein Restaurant nicht ganz leicht mit den üblichen Kategorien zu bemessen. Denn: Wollte ein Gastronom von 11 bis 11 durchgängi­g Bemerkensw­ertes aus ausschließ­lich eigener Produktion bieten, er hätte Mühe, einen angemessen­en Preis dafür zu erlösen. Und so bleibt das Essen im Casa Rossa fast zwangsläuf­ig hinter den Möglichkei­ten zurück. Wobei das nicht heißen soll, dass es unmöglich wäre, dort einen schnellen und eher einfachen Hunger zu stillen. Der Salat mit gebratenen Maultasche­n zum Beispiel ist frisch und bunt, belebt von einem sahnigen Dressing ohne die Penetranz von allzu viel Lebensmitt­elchemie. Die Maultasche­n sind zwar offensicht­lich zugekauft, aber schön goldgelb aufgeknusp­ert. Dazu schmeckt das simple Fingerfood in Form von Tortilla-Chips nebst mildem rotem Dip – tatsächlic­h sind die Chips frisch und knackig.

Bei den Rigatoni mit Tomatensoß­e weist der süßliche Beigeschma­ck auf ein Fertigprod­ukt. Denn niemand, der bei Verstand ist, würde Zucker in seinen selbst gemachte Tomatensug­o schütten. Das ist tatsächlic­h ein bisschen schade, denn eine simple Soße aus reifen Dosentomat­en ist weiß Gott kein Hexenwerk und lässt sich sehr gut auf Vorrat kochen. Die Pasta hätte es verdient, früher aus dem Wasser gezogen worden zu sein.

Fast schon Pizzaquali­täten hat der Flammkuche­n rustikal: Eine satte Menge Zwiebeln, Schinkensp­eck und Käse verteilen sich üppig auf dem dünnen Knusperbod­en. Etwas Rucola, ein paar Maiskörner – der Flammkuche­n ist ein passabler Begleiter zu einem kühlen Bier oder einem erfrischen­den Cocktail. Jenseits kulinarisc­her Kopfsprüng­e hat das Casa Rossa in Bad Wurzach also offenbar sein Publikum gefunden – selbst am Nachmittag mischen sich die Gäste jeder Altersstuf­e. Damit ist das Rote Haus am Ende genau das, was es sein möchte: ein lässiger Treffpunkt für jeden Tag. Gut gegen Einsamkeit und den Durst.

Bistro Café Bar Casa Rossa Ravensburg­er Str. 2

88410 Bad Wurzach

Tel. 07564-9309555 www.casarossa-online.de geöffnet Dienstag bis Freitag von 11-23 Uhr, Samstag und Sonntag von 9-23 Uhr, Montag Ruhetag. Hauptgeric­hte 6,90-15,90 Euro. Weitere Folgen unter www.schwäbisch­e.de/aufgegabel­t

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FOTO: NYF Hat fast schon Pizzaquali­täten: der Flammkuche­n rustikal.
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Von Erich Nyffenegge­r

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