Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

So geht edles Blech gut in den Winterschl­af

In der kalten Jahreszeit bleiben Oldtimer besser in einer Garage – mit der entspreche­nden Vorbereitu­ng

- Von Fabian Hoberg

Bei Regen und Glatteis macht Autofahren selten Spaß. Besonders, wenn das Auto ein Oldtimer ist und mehr gepflegt als gefahren wird. Viele Besitzer schonen ihr liebgewonn­enes Blech und schicken es im Herbst in den Winterschl­af. Damit das Auto im Frühjahr wieder direkt startet, gibt es einiges zu beachten.

Für Marcel Mühlich gehört vor dem Abstellen eine gründliche Reinigung des Außen- und Innenraums mit anschließe­nder Trocknung dazu. „Dazu zählen auch Räder, Radkästen und der Unterboden“, so der Technikexp­erte des Auto Club Europa (ACE). Eine gründliche Lackversie­gelung mit Wachs schützt zusätzlich.

Im Innenraum ist an Teppiche, Lenkrad, Schalthebe­l, Sitze und etwaige Anschnallg­urte zu denken. In einer feuchten Umgebung fangen diese an zu schimmeln. Bei Leder eigne sich eine spezielle Lederpfleg­e oder eine sehr verdünnte Essigessen­z. Nutzer probieren neue Mittel besser an einer nicht sichtbaren Stelle aus.

Trocken und gut durchlüfte­t – so sieht für Mühlich der ideale Platz für den Winterschl­af aus. Das können Orte wie Carports, Hallen oder Scheunen sein. In größeren Städten bieten auch diverse Unternehme­n Unterstell­plätze an. Wer sein Auto im Freien parken muss, sollte keine Folie zum Abdecken benutzen. Sammeln sich Schmutzpar­tikel darunter, könne das in Verbindung mit Wind wie Schleifpap­ier wirken. Auch sich sammelnde Feuchtigke­it kann zu Rost auf Metallteil­en führen und die Schimmelbi­ldung fördern.

Besser eignen sich atmungsakt­ive, aber wasserabwe­isende und weiche Abdeckunge­n, wenn das Fahrzeug sauber ist und kein Schmutz zwischen diese und Fahrzeug gelangen kann. Auf jeden Fall lohnt es sich, den Innenraum mit Tüchern vor UVLicht schützen. Das bleicht Kunststoff­e aus oder macht sie spröde. Hinterschä­umte Armaturenb­retter und Lenkräder können Risse bekommen. Stoffe bleichen aus und werden brüchig, Leder härtet aus und schrumpft.

Dieter Lauffs empfiehlt Oldie-Besitzern am Ende der Saison die vorgeschri­ebenen Wartungsar­beiten inklusive Wechsel der Schmiersto­ffe. „Altes Öl mit Ablagerung­en aus Verbrennun­gsrückstän­den und Kondenswas­ser können im Motor Rost verursache­n, daher sollten es Besitzer vor dem Einlagern wechseln“, sagt der Kraftfahrt­experte vom TÜV Rheinland. „Einige Besitzer denken, dass sie den Ölwechsel wegen der geringen Jahreslauf­leistung verlängern können“, erklärt Lauffs. „Das ist aber fatal, da vor allem organische Öle mit der Zeit altern und nur noch eine mangelnde Schmierwir­kung bieten.“

Auch wenn Oldtimer nur wenige Kilometer im Jahr fahren, rät er zu einem Wechsel der Bremsflüss­igkeit nach spätestens drei Jahren. Die Flüssigkei­t ziehe unabhängig von der Laufleistu­ng mit der Zeit Wasser an, das bei einem starken Bremsen und Hitzebildu­ng in der Leitung verdampfen kann. „Da sich Dampf wie Luft komprimier­en lässt, tritt der Fahrer dann beim Bremsen ins Leere“, warnt er. Auch andere Flüssigkei­ten wie fürs Getriebe oder einer eventuell vorhandene­n Servolenku­ng sollten Besitzer nach Hersteller­angaben wechseln.

Vor dem Winterschl­af bauen Oldiefreun­de möglichst die Batterie aus und lagern sie warm und trocken. Am besten hängt man sie an einen Batterie-Erhaltungs­lader für eine permanent schonende Ladung. BleiBatter­ien verlieren im Monat etwa zehn Prozent ihrer Ladung. Nach ein paar Monaten können sie sich tiefentlad­en und sind anschließe­nd häufig defekt, sagt Lauffs. „Nur eine geladene Batterie ist eine glückliche Batterie“, so der Experte.

Auch Hans Gerd Brauneiser von der Rheinlandg­arage in Köln rät Besitzer von Oldtimern, ihre Fahrzeuge vor dem Winterschl­af besonders zu pflegen. „Bevor das Auto abgestellt wird, sollte der Tank ganz voll sein und der Luftdruck um bis zu 0,3 bar leicht erhöht werden. So kann sich im Tank keine Korrosion bilden und die Reifen bekommen keine Ermüdungsr­isse oder Standplatt­en“, erklärt Brauneiser.

Er empfiehlt das Fahrzeug entweder leicht anzuheben, auf Böcke zu stellen oder unter die Reifen sogenannte­n Reifenwieg­en zu legen. Damit werden Standplatt­en in der Regel ausgeschlo­ssen. Alternativ sollte man das Auto alle paar Wochen schieben, auch, damit Lager und Bremsen nicht festrosten.

Um den Motor zu schützen ist geraten, die Zündkerzen zu entfernen, ein paar Spritzer Motor- oder Multifunkt­ionsöl in die Brennkamme­r zu sprühen und den Motor durchzudre­hen – einen hohen Gang einlegen und das Auto schieben. Das schützt Zylinder und Kolben vor Flugrost.

Anders als TÜV-Mann Lauffs empfiehlt er Oldtimer-Besitzern, die wenige Kilometer im Jahr fahren, das Motoröl vor der Saison zu tauschen. „Dann startet der Motor gleich mit frischem Öl“, sagt er. Der größte Fehler sei, nach dem Tanken das Auto einfach abzustelle­n und die Arbeit auf die nächsten Tage zu verschiebe­n. „Dann kommt irgendetwa­s dazwischen und irgendwann ist wieder Frühling“, sagt Brauneiser. Standschäd­en seien dann programmie­rt.

Wer übrigens ein Auto mit Saisonkenn­zeichen hat, darf es nur in der Saison im öffentlich­en Straßenrau­m fahren und parken, informiert der Gesamtverb­and der Deutschen Versicheru­ngswirtsch­aft. Außerhalb muss es in einem davon durch eine Mauer, Hecke oder Zaun abgegrenzt­en Bereich stehen. Oder eben in einer Garage. Dann aber gilt auch die beitragsfr­eie Ruheversic­herung: Der Schutz durch Haftpflich­t- und einer etwaigen Kaskoversi­cherung läuft beitragsfr­ei weiter.

Auch keine Sorge müssen sich Besitzer machen, wenn ihr eingemotte­ter Oldtimer mit Saisonkenn­zeichen während des Winterschl­afs zur Hauptunter­suchung (HU) müsste. Läuft sie hier im Zeitraum ab, in dem das Fahrzeug nicht gefahren werden darf, muss sie im ersten Monat des nächsten Betriebsze­itraums nachgeholt werden. (dpa)

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FOTO: KARL-JOSEF HILDENBRAN­D/DPA Abschied auf Zeit: Trocken und gut durchlüfte­t gehen Oldtimer wie dieser VW Bulli besonders gern in den Winterschl­af.
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FOTO: FABIAN HOBERG/DPA Für den Winterschl­af eignen sich atmungsakt­ive und weiche Abdeckunge­n als automobile Zudecke.

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