Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Glückliche­re Sauen gegen höhere Preise

Bauernverb­and fordert Klarheit beim Umbau der Tierhaltun­g und finanziell­e Hilfen

- Von Sascha Meyer

BERLIN (dpa) - Es geht um mehr Tierschutz in den Ställen – und am Ende auch höhere Preise im Supermarkt: Der Bauernverb­and dringt auf zügige Klärungen für einen Umbau der Tierhaltun­g mit sicherer Finanzieru­ng für die Landwirte. „Mehr Tierwohl kann es nicht umsonst geben“, sagte Präsident Joachim Rukwied. „Wir haben uns offensiv zu einer Weiterentw­icklung der Tierhaltun­g bekannt. Das kann aber nur funktionie­ren, wenn es gesellscha­ftlich begleitet wird – bis zur klaren Entscheidu­ng an der Einkaufsth­eke, für höherwerti­ge heimische Produkte auch mehr zu bezahlen.“

In die Debatte ist nach jahrelange­m Streit Bewegung gekommen. Eine Expertenko­mmission um den früheren Agrarminis­ter Jochen Borchert hat ein Konzept für weitreiche­nde Tierschutz­verbesseru­ngen vorgelegt, das aber auch eine milliarden­schwere Förderung vorsieht. Zur Finanzieru­ng wird auch eine Tierwohlab­gabe als Instrument empfohlen. Denkbar wären etwa 40 Cent je Kilogramm Fleisch und Wurst. Der Bundestag hatte das Gesamtkonz­ept mit breiter Mehrheit unterstütz­t. Agrarminis­terin Julia Klöckner (CDU) will vor der Bundestags­wahl 2021 Weichenste­llungen für einen über Parteigren­zen hinweg getragenen „Systemwech­sel“erreichen.

Rukwied sagte, die Vorschläge sollten nun konkretisi­ert werden. „Wir brauchen den Startschus­s noch in dieser Legislatur. Wir als Bauern wollen den Weg weitergehe­n und keine Zeit verlieren.“Es wäre wenig sinnvoll, in einem Jahr mit anderen Vorschläge­n zu kommen. „Wir hoffen, dass jetzt eine Chance für einen gesellscha­ftlichen Konsens besteht. Es kann nur gemeinsam funktionie­ren.“

„Nach höheren Standards erzeugte Lebensmitt­el haben einen höheren Wert auch im Preis“, sagte Rukwied. „Bis dato hat es über den Markt nicht wirklich funktionie­rt.“Daher sei nun über die Finanzieru­ng des Umbaus zu sprechen, und die Tierwohlab­gabe sei ein mögliches Instrument.

Wichtig sei auch, dass der Staat Betrieben beim Umbau von Ställen mit Förderung unter die Arme greift. „Behinderun­gen beim Baurecht müssen beseitigt werden, wenn es etwa um Vergrößeru­ngen für mehr Platz im Stall geht“, forderte der Bauernpräs­ident, der sich am Freitag bei einer Versammlun­g in Erfurt zur Wiederwahl stellt. Rukwied (59) steht seit 2012 an der Spitze des Deutschen Bauernverb­ands.

Im Alltagsges­chäft ist die Lage vieler Schweineha­lter angespannt – auch vier Wochen nach dem Auftauchen der Afrikanisc­hen Schweinepe­st in Deutschlan­d. Rukwied sprach von einer „äußerst kritischen Phase“. Die Preise hätten sich weder für Schweinefl­eisch noch für Ferkel erholt. Derzeit seien es 1,27 Euro pro Kilogramm Schlachtge­wicht nach 1,47 Euro vor Auftreten der Schweinepe­st. „Dieser plötzliche Rutsch war voreilig und nicht notwendig.“So könne man nicht kostendeck­end arbeiten, warnte Rukwied. „Sowohl Mäster als auch Ferkelerze­uger schreiben momentan rote Zahlen.“

Mit Blick auf Handelssto­pps einiger asiatische­r Länder sagte der Bauernpräs­ident, dies sorge natürlich für Marktdruck. „Wir hoffen, dass Mitbewerbe­r aus Spanien, den Niederland­en oder Dänemark unsere Märkte außerhalb Europas beliefern, damit wir dann in Europa bessere Marktchanc­en haben – also dass sich der Markt neu zurechtrüc­kt.“In der EU, in die 70 Prozent der Exporte gehen, sind Stopps nur auf Betriebe aus betroffene­n deutschen Regionen beschränkt. „Dieser Ansatz sollte auch für außereurop­äische Märkte gelten.“

Hinzu komme ein „Schlachtst­au“, der schnellste­ns aufgehoben werden müsse, sagte Rukwied. Hintergrun­d sind Engpässe in Schlachthö­fen wegen Corona-Fällen. „Man muss die Möglichkei­t schaffen, auch am Wochenende und an Feiertagen zu schlachten. Denn die Tiere stehen in den Ställen und wachsen.“Die großen Agrarlände­r Nordrhein-Westfalen und Niedersach­sen kündigten schon an, Wochenenda­rbeit zu erleichter­n.

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FOTO: DPA Ferkel in Schweinezu­chtanlage: Wer soll für ein besseres Leben von Schweinen bezahlen? Der Verbrauche­r, meint der Bauernverb­and.

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