Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Mehr als 400 Kilogramm Kokain geschmugge­lt

Prozess gegen Drogenhänd­ler der kalabrisch­en Mafia beginnt in Düsseldorf

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DÜSSELDORF (dpa) - Drogen aus Südamerika, die kalabrisch­e Mafia und eine riesige Menge an Ermittlung­sakten: Im Hochsicher­heitstrakt des Oberlandes­gerichts Düsseldorf beginnt am Montag ein komplexer Mammutproz­ess. Angeklagt wurden 14 Männer, fünf von ihnen sind der Staatsanwa­ltschaft Duisburg zufolge Mitglieder der 'Ndrangheta, die als mächtigste Mafiaorgan­isation weltweit gilt und den internatio­nalen Kokainhand­el kontrollie­rt.

649 Seiten umfasst die Anklagesch­rift, die Staatsanwa­ltschaft hatte dem Gericht 57 Umzugskart­ons mit Akten und mehrere Terabyte Daten vorgelegt. 40 Anwälte verteidige­n die Beschuldig­ten. „Es handelt sich um ein sehr umfangreic­hes Verfahren“, sagte eine Sprecherin des zuständige­n Duisburger Landgerich­ts, das den Prozess auch aus Sicherheit­sgründen in die Landeshaup­tstadt verlegt hatte.

Unter anderem sollen die 14 Angeklagte­n (31 bis 57 Jahre) von Januar 2014 bis Dezember 2018 mit rund 680 Kilogramm Kokain gehandelt haben. Dabei sollen mehr als 400 Kilogramm tatsächlic­h transporti­ert worden sein, über weitere 280 Kilo seien „konkrete Verhandlun­gen“geführt worden. (34 KLs 3/20).

Das Verfahren geht auf eine großangele­gte internatio­nale Razzia zurück, die einen Schwerpunk­t im Rheinland hatte. Unter dem Decknamen „Pollino“waren Ermittler Anfang Dezember 2018 in Deutschlan­d, Italien, den Niederland­en und Belgien gegen Mitglieder der 'Ndrangheta vorgegange­n. Von den 14 nun angeklagte­n Männern stellten die Ermittler auch Vermögen im Wert von mehr als fünf Millionen Euro sicher.

Die 'Ndrangheta hat in Deutschlan­d ein festes Standbein, wobei sie besonders auch in Nordrhein-Westfalen aktiv ist. Clans der Organisati­on waren etwa für die Mafia-Morde von Duisburg verantwort­lich, bei denen im Jahr 2007 sechs Menschen vor einer Pizzeria erschossen wurden.

Die Staatsanwa­ltschaft geht davon aus, dass der Rauschgift­handel in 16 der jetzt angeklagte­n Fälle durch 'Ndrangheta-Mitglieder finanziert und organisier­t wurde. Dabei sei es in Einzelfäll­en um Mengen von einem bis zu 220 Kilogramm gegangen. Der Ankaufspre­is habe bei bis zu 36 000 Euro pro Kilo Kokain gelegen. Eingekauft wurde laut Staatsanwa­ltschaft in Südamerika, der Vertrieb erfolgte in Europa. Restaurant­s und Eiscafés sollen als logistisch­e Stützpunkt­e fungiert haben, so die Anklage.

Die 14 Beschuldig­ten sind italienisc­he, türkische, niederländ­ische, marokkanis­che, deutsche und portugiesi­sche Staatsange­hörige, die größtentei­ls aus Nordrhein-Westfalen kommen. Gleich vier stammen aus Wesseling bei Bonn, die anderen aus Duisburg, Düsseldorf, Köln, Mönchengla­dbach, Grevenbroi­ch, Neuss und Solingen. Einer ist in Belgien gemeldet, einer in Italien. Acht der Männer – darunter die mutmaßlich­en Mafia-Mitglieder – sitzen in Untersuchu­ngshaft.

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