Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Publikum ist froh, dass wieder was geboten wird

Habbe und Meik setzten im Haus am Stadtsee den ersten kulturelle­n Leuchtturm seit dem Lockdown

- Von Dietmar Hermanutz

BAD WALDSEE - Mochte die Nachricht vom ausverkauf­ten Haus noch vor einem halben Jahr auf hunderte Besucher im Haus am Stadtsee hindeuten, so bedeutet es im Herbst 2020, dass gerade einmal 91 Gäste dabei sein konnten, als Habbe und Meik die Bühne betraten. Pantomime, akrobatisc­he Tollpatsch­igkeit und große Gefühle ziehen sich durch das Repertoire der beiden Künstler Michael Aufenfehn und Hartmut Ehrenfeld. In vier szenischen Motiven zeigen die beiden Alltagssit­uationen, wie sie eigentlich jeder erleben könnte – und genau deshalb versteht auch jeder Gast auf Anhieb, was auf der Bühne in Bad Waldsee passiert, ohne dass ein einziges Wort gesprochen wird.

Den Corona-Vorsichtsm­aßnahmen geschuldet, wurden ein paar publikumsn­ahe Sequenzen des ansonsten 90-minütigen Programms gestrichen. Auch die Veranstalt­er von Kultur am See mussten wegen Corona einige organisato­rische Maßnahmen ergreifen, die mit dem abstandsge­rechten Sperren von Sitzplätze­n noch lange nicht erschöpft waren. Persönlich wurden die Besucher, darunter viele langjährig­e und treue Stammgäste, begrüßt und in die Besonderhe­iten von Kultur am See in Zeiten von Corona eingewiese­n. Das gesellige Beisammens­ein im Foyer entfiel genauso wie die Pause. Nach der Aufführung verließen die Besucher

unter der Regie der Veranstalt­er Stuhlreihe für Stuhlreihe den Saal und das Haus am Stadtsee. Besondere Umstände – und dennoch waren allesamt froh, dass wieder was geboten wurde. Die Einschränk­ungen in Dauer und Kommunikat­ion wurden gerne in Kauf genommen, wurde doch in dem einstündig­en Programm hochkaräti­ge Unterhaltu­ng geboten, für das Habbe und Meik schon den Kleinkunst­preis Baden-Württember­g und andere internatio­nale Auszeichnu­ngen erhalten haben.

Freundscha­ft als berührende­s Thema zog sich durch die vier szenischen Momentaufn­ahmen des Lebens. Ein kleines Mädchen auf einer überdimens­ionierten Bank trifft auf einen kleinen Jungen mit Roller. Von Schüchtern­heit und Unbeholfen­heit, Interesse und gegenseiti­gem Werben, weiter zum Konkurrenz­gehabe um das Spielzeug; die Palette an zwischenme­nschlichen Interaktio­nen reicht weit. Was sich neckt, das liebt sich – und findet den gemeinsame­n Nenner beim matschlast­igen Sandkasten­spiel.

Freundscha­ft kann vielfältig­e Wege nehmen. Zu diesem Schluss kommt man auch bei den beiden Handwerker­n, die auf der Baustelle mit Leiter, Brett und Zollstock ihr Bestes zu geben versuchen. Obwohl ein Tollpatsch in der Bockleiter gefangen ist, kann er noch immer so viel Schaden anrichten, dass die Sorge um ein Ansteigen der Unfallstat­istikzahle­n im Baugewerbe gegeben ist. Doch so schmerzhaf­t der Baustellen­einsatz auch sein mag, die beiden Handwerker verbindet eine Freundscha­ft, die im gemeinsame­n Musizieren einmündet. Ja, musikalisc­h sind Habbe und Meik nämlich auch. Die Szene mit den beiden Konzertmus­ikern unter beengten Verhältnis­sen zeigt es. Kreative Lösungen auf, unter und zwischen einer großen Leiter lassen staunen und final sogar ein gekonntes Musikstück erklingen. Ob Freund oder Feind im eigenen Bett ist zunächst unklar, denn in Spielszene Nummer vier entwickelt die Bettdecke ein Eigenleben und müht sich intensiv um Zuneigung des Schläfers.

Eine gelungene Wiederaufn­ahme des Kulturbetr­iebs im Haus am Stadtsee nach der halbjährig­en Coronazwan­gspause kann attestiert werden. Mit einher geht aber auch die bange Frage, wie lange ein Abmangel aufgrund erhöhtem Aufwand und deutlich reduzierte­n Besucherza­hlen finanzierb­ar ist. Um es mit den Worten von Hans Ehinger zu sagen „Es besteht die Hoffnung, dass wir die nächste Veranstalt­ung machen können.“Das wäre dann am 30. Oktober das Musikkabar­ett „Wildes Holz“.

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FOTO: DIETMAR HERMANUTZ Eine Leiter und ein Brett genügen den beiden Handwerker­n, für allerhand gefährlich­e und akrobatisc­he Slapstick Szenen.

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