Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)
Von der Holzleiter zum modernen Einsatzfahrzeug
Seit 140 Jahren sorgt die Aulendorfer Feuerwehr für Sicherheit – Gefeiert wird coronabedingt frühestens 2021
AULENDORF - Grund zum Feiern gäbe es genug, sorgt doch die Aulendorfer Wehr seit 140 Jahren für die Sicherheit der Bürger in Aulendorf und Umgebung. Die Aufgabe der Feuerwehr bei Bränden, Unfällen, Überschwemmungen und ähnlichen Ereignissen Hilfe zu leisten, bedeutet Menschen, Tiere und Sachwerte zu retten, zu schützen und zu bergen.
Ursprünglich war die große Geburtstagsfeier für September vorgesehen. Coronabedingt haben die Verantwortlichen von Stadtverwaltung und Feuerwehr bereits im Frühjahr alle geplanten Jubiläumsaktionen abgesagt, was sich als weise Entscheidung herausstellte. „Die gesamte Situation war einfach zu unsicher“, sagt Pamela Franz, zuständige Sachbearbeiterin für Feuerwehrangelegenheiten bei der Stadt Aulendorf. Ein kleiner Rückblick auf die Geschichte:
Im Jahr 1870 wurde die erste Feuerwehr in Aulendorf als Freiwillige Feuerwehr gegründet und 1876 in eine Pflichtfeuerwehr umgewandelt. 1935 wurde die Wehr wieder zur Freiwilligen Feuerwehr. Bis 1938 erfolgte die Alarmierung durch Hornisten. Zudem wurde mit den Kirchenglocken Sturm geläutet; diese Maßnahmen wurden durch die Anschaffung der ersten Sirene auf der damaligen Sonderschule abgelöst. Mit dem Ausbruch des Zweiten Weltkrieges wandelte sich die Feuerwehr in eine dritte Rechtsform, eine Mischung aus Freiwilligen und Verpflichteten. Die Feuerwehrmänner wurden gegen Ende des Krieges vor harte Bewährungsproben gestellt, etwa beim ersten Fliegerangriff am 17. April 1945 auf den Bahnhof Aulendorf, wobei während der Löscharbeiten bereits der zweite Luftangriff erfolgte. In der Feuerwehrchronik ist zu lesen, dass es an ein Wunder grenzte, dass alle Feuerwehrleute diesen Einsatz überlebt haben.
Die Ausstattung mit Gerätschaften war anfangs äußerst bescheiden. Zur Verfügung stand eine handbetriebene Feuerlöschpumpe aus dem Jahr 1880, eine dreiteilige ausziehbare Holzleiter und acht Löschkarren. Erst 1935 wurde die Wehr mit einer Tragkraftspritze mit Benzinmotor ausgestattet. Diese Motorspritze wurde 1952 in das erste Löschfahrzeug der Marke Opel Blitz eingebaut, welches bis 1968 im Dienst war. Mit der Übergabe des Großfahrzeugs LF 16 TS mit Allradantrieb im Jahr 1967 war die Voraussetzung für das Ausscheiden aus dem Löschbezirk Bad Waldsee gegeben und die Feuerwehr Aulendorf wurde mit den Aufgaben einer Überlandwehr für den Bezirk der Gemeinden Blönried, Tannhausen und Zollenreute betraut. Kurz darauf erfolgte in Aulendorf die Installation einer der ersten Funkalarmierungen im Landkreis.
Nach wechselnden Unterbringungen in der Nähe des alten Rathauses und später im hinteren Teil des Reithofes ist Anfang der 1980erJahre mit viel Eigenleistung der Mannschaft das Feuerwehrhaus im Spitalweg erbaut worden. Auch beim Anbau 2013/2014 leisteten die Kameraden zusätzlich zu den Einsätzen und Übungen viele freiwillige Arbeitsstunden. „Nachdem wir finanziell durch enorm schwierige Zeiten gegangen sind und mit Bürgermeister Matthias Burth und dem Gemeinderat stets Befürworter unserer Anliegen hatten, war es selbstverständlich, mit anzupacken“, äußert Markus Huchler, von 1999 bis 2019 Gesamtkommandant der FFW. Bei seinem Amtsantritt sei er auch sehr stolz gewesen, dass mit Carmen Blumer seit 1998 „ein Mädle“zur Feuerwehr gehörte. Blumer, die als Oberfeuerwehrfrau 2012 aus dem Dienst ausgeschieden ist, hat gemeinsam mit Peter Sonntag die Jugendfeuerwehr aufgebaut.
Jörg Wiegand, seit Juni erster hauptamtlicher Gerätewart bei der Wehr führt aus, dass 13 Fahrzeuge und vier Anhänger, vom Mannschaftstransportwagen bis hin zur großen Drehleiter zur technischen Ausstattung gehören.
Belastende Großbrände des Jahrhunderts: Im Jahr 2000 brannte das ehemalige WLZ-Lagerhaus in der Poststraße, 2001 ein landwirtschaftliches Anwesen in Wallenreute, 2014 ein Haus Ecke Schillerstraße/GrafErwin Straße, 2018 das landwirtschaftliche Zentrum Baden-Württemberg
(LAZBW) auf dem Atzenberg und 2019 ein Einfamilienhaus im Weiler Blumenau.
Heute gehört die Freiwillige Feuerwehr Aulendorf zu den neun Stützpunktfeuerwehren im Landkreis Ravensburg und verfügt über etwa 100 aktive Mitglieder, davon 50 bei der Abteilung Stadt, 15 gehören zur Abteilung
Blönried, 20 zu Tannhausen und 15 zu Zollenreute. Im Jugendbereich werden derzeit 28 Mädchen und Jungs im Alter von 12 bis 17 Jahren an Feuerwehraufgaben herangeführt, freut sich Huchlers Nachfolger, Gesamtkommandant Markus Sonntag, der 2019 gewählt wurde. Die Sorge um die geringe Tagbereitschaftsstärke
der Einsatzkräfte, die er bei seinem Amtsantritt äußerte, träfe wie bei vielen Feuerwehren nach wie vor auch in Aulendorf weiterhin zu. „Wir brauchen dringend Feuerwehrleute, die in Aulendorf und nächster Umgebung arbeiten und bei Einsätzen tagsüber abkömmlich sind“, zieht Sonntag Bilanz.