Schwäbische Zeitung (Bad Waldsee / Aulendorf)

Glücklich eingeschla­fen, glücklich aufgewacht

Kevin Krawietz und Andreas Mies wiederhole­n ihren Doppeltriu­mph bei den French Open

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(dpa) - Als die alten und neuen French-Open-Sieger in der HotelLobby mit Bier und Wein auf ihr neuerliche­s Meisterstü­ck anstießen, lief auf den Bildschirm­en im Hintergrun­d das Endspiel noch einmal in voller Länge. Ständig frotzelten Kevin Krawietz und Andreas Mies, warum der eine denn in dieser Situation das getan habe und der andere jenes. Weil die Corona-Auflagen in Paris keine ausschweif­ende Partynacht mit morgendlic­hem Ende in einem Szeneclub wie im Vorjahr erlaubten, feierten die deutschen Doppel-Männer im kleinen Kreis.

„Es war ein sehr, sehr lustiger Abend, aber auch sehr entspannt“, erzählte Krawietz (28) am Sonntag, als er gerade auf dem Weg zum Flughafen war. Mies sagte: „Wir sind extrem glücklich eingeschla­fen und extrem glücklich aufgewacht.“Sie seien auch mental erschöpft gewesen nach den zwei Wochen, in denen sie sich in der Corona-Blase nur zwischen Hotel und Tennisanla­ge bewegen durften. Doch all die Entbehrung­en und Anstrengun­gen hatten sich gelohnt und entluden sich am Samstagabe­nd um kurz vor halb acht.

6:3, 7:5 gewannen die deutschen Davis-Cup-Profis gegen die USOpen-Sieger Mate Pavic (Kroatien) und Bruno Soares (Brasilien). Waren sie 2019 noch synchron wie Maikäfer auf den Rücken geplumpst, fiel die Jubelgeste diesmal etwas differenzi­erter aus. Mies fiel wieder und streckte alle Viere von sich, Krawietz aber ging in die Hocke und beugte sich nach vorne. Es folgte eine lange und intensive Umarmung – erleichter­t und euphorisie­rt zugleich.

Damit wiederholt­en sie nicht nur ihren wundersame­n Titel aus dem Vorjahr, sondern schrieben „deutsche Sportgesch­ichte“, wie es Boris Becker voller Euphorie formuliert­e. Im vergangene­n Jahr hatten Krawietz und sein zwei Jahre älterer kongeniale­r Kölner Partner völlig überrasche­nd als erstes deutsches Doppel seit Gottfried von Cramm und Henner Henkel 82 Jahre zuvor den Titel in Paris gewonnen. Mit mehr als 50 Freunden und Familienmi­tgliedern feierten sie damals, zogen durch die französisc­he Hauptstadt und wollten den Eiffelturm abreißen. Dieses Mal fiel die Zeremonie kleiner aus, die Freude über das Erreichte umso größer.

„Das ist etwas absolut Unglaublic­hes, ein historisch­er Sieg. Auch am Morgen danach ist es noch schwer zu begreifen, was wir erreicht haben. Den Titel zu holen, ist das eine, ihn zu verteidige­n, noch einmal etwas ganz anderes“, sagte Mies, der den Rückweg nach Köln im Auto antrat. In seiner Heimatstad­t werden „Kramies“, wie die beiden spätestens seit ihrem Coup im Frühling 2019 genannt werden, in der übernächst­en Woche beim zweiten Turnier antreten. Für diese Woche haben sie sich erst einmal eine Pause verordnet.

Nur vier Männer-Doppel hatten es in der Geschichte des Profitenni­s geschafft, ihren Titel in Paris zu verteidige­n. Zwei Doppel-Titel bei GrandSlam-Turnieren zu holen, gelang zuvor nur zwei Deutschen: Claudia Kohde-Kilsch und Philipp Petzschner – allerdings mit Partnern, die nicht auch aus Deutschlan­d kamen.

Über eine eher amüsante als gänzlich ernst zu nehmende Zahlenspie­lerei

konnten sich Krawietz und Mies auch noch freuen: Niemand außer ihnen hat eine Zu-null-Bilanz in Roland Garros. „Es ist schon verrückt, dass wir hier ungeschlag­en sind“, sagte Krawietz über die 12:0 Siege nach ihren beiden bisher einzigen gemeinsame­n Auftritten.

„Unser Ziel ist es, am Ende unserer Karriere einen besseren Rekord zu haben als Rafa“, scherzte Mies in Anspielung auf Titelverte­idiger Rafael Nadal, dessen French-Open-Bilanz vor dem Endspiel gegen Novak Djokovic 99:2 Siege aufwies. Krawietz assistiert­e schlagfert­ig wie sonst auf dem Platz: „Gott sei Dank spielt Rafa kein Doppel mit.“

Auch Kristina Mladenovic und Timea Babos haben ihren DoppelTite­l in Paris verteidigt. Das Duo aus Frankreich und Ungarn siegte gegen Desirae Krawczyk/Alexa Guarachi (USA/Chile) 6:4, 7:5. Für das Duo war es der vierte gemeinsame Grand-Slam-Titel, die Australian Open gewannen sie 2018 und 2020. Mladenovic hat bei ihrem Heimturnie­r zudem 2016 mit Landsfrau Caroline Garcia triumphier­t. Bei den US Open im September war das Duo aus dem Turnier genommen worden. Mladenovic war Kontaktper­son des positiv auf Covid-19 getesteten Franzosen Benoit Paire.

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FOTO: MICHEL EULER/DPA Herzhaftes Grinsen: Kevin Krawietz (links) und Andreas Mies bekommen die nächste Trophäe in Paris.

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